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167 - Tor in die Vergangenheit

167 - Tor in die Vergangenheit

Titel: 167 - Tor in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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ernährten sich ausschließlich von Fleisch –, kannten sie weder die Bluttaufe, noch den Bluttrank.
    Der See. Gilam'esh stieg ins Wasser, bis es ihm an die Hüfte reichte. Es war ungewöhnlich warm, wärmer noch als die Euso'lot-Strömung im Nordmeer. In Ufernähe watete er durch das hier noch seichte Wasser und spähte nach Öffnungen in den Felshängen. Vielleicht gehörte das Neue in seinem Kopf – die Lichtexplosion während der Bluttaufe, die Stimme danach und das Kauderwelsch seitdem – zu den Schrecken dieser Reifeprüfungs-Phase. Vielleicht sollte er es einfach als ganz normalen Teil der Prüfung betrachten. Als etwas, das ihm widerfuhr, weil er erwachsen wurde. Etwas, das er zwar jetzt noch nicht verstand, das sich irgendwann jedoch als bedeutsam für sein Leben herausstellen würde.
    Die Finsternis war schon so weit fortgeschritten, dass ihm die Felshänge, die den größten Teil des Seeufers bildeten, wie schwarze glatte Wände vorkamen. Nirgends entdeckte er, was er suchte: eine Grottenöffnung. Nach allem, was er von seinem Lehrer und anderen Kandidaten wusste, gab es an den Felsufern der meisten Bergseen auch Seegrotten.
    Gilam'esh ging in die Knie, tauchte das Gesicht ins Wasser und begann Knacklaute auszustoßen. Zugleich konzentrierte er seine Willenskräfte auf den Seegrund. Das gelang ihm nur mühsam, denn die Furcht vor dem Neuen in seinem Kopf verkrampfte seinen Geist. So musste er sich eine Zeitlang gedulden, doch endlich strichen glitschige kalte Körper um seine Knie. Kleine Wasserschlangen, so lang wie sein Arm, mindestens acht. Die Ditrydree nannten diese kleine Art Lurilien; sie kamen auch im offenen Meer vor.
    Gilam'esh glitt ins Wasser. Hinter den Lurilien her tauchte er quer durch den See und am Felsufer der anderen Seite durch die Öffnung einer flachen Höhle. Durch sie gelangte er in eine höher gelegene Grotte.
    Ein ganzes System von Unterwasserhöhlen durchzog den Fels. Alle schienen sie durch labyrinthische Schächte miteinander verbunden zu sein. In einer hatte sich ein sehr warmer Höhlensee über einer heißen Quelle gesammelt. In seiner Nähe fand Gilam'esh eine seichte Bucht, in der das Wasser nicht allzu heiß war. Dort streckte er sich am Ufer aus.
    Seinen Kopf legte er auf das Netz, das er auf dem Fels zu einem Kissen zusammengelegt hatte. Unter Wasser hörte man schlechter. Und sehr warmes Wasser enthielt weniger Sauerstoff, als ihm zum Schlafen angenehm war.
    Er schloss die Augen und versuchte sich zu entspannen. Die Angst vor dem, was da seit der Bluttaufe in ihm lebte, begleitete ihn durch die Nacht. Hin und wieder döste er ein, doch diese Angst riss ihn sofort wieder aus dem Schlaf. So lag er die meiste Zeit wach und lauschte in sich hinein.
    ***
    Er lag also im Wasser. Mal hatte er die Augen geschlossen, mal hielt er sie offen. Meistens blieben sie offen. Wenn er dann mit seiner Willenskraft versuchte, sie zu schließen, misslang das.
    Matt überlegte. Die Dumpfheit, die Angst und die Starre der letzten Tage – oder waren es nur Stunden gewesen? – fielen allmählich von ihm ab. Die Nebel lichteten sich. So langsam konnte er wieder klar denken.
    Er war also im Körper eines anderen gelandet, schien aber keinen Einfluss auf diesen Körper zu haben.
    Zunächst einmal musste er mehr über diesen Jemand erfahren. Wie hieß er, woher kam er, wohin wollte er?
    Noch einmal ging Matt in Gedanken zu jenem Augenblick zurück, als er nach dem schier endlosen Fall und dem schmerzhaften Aufschlag wieder zu Bewusstsein gekommen war. Was war davor geschehen? Chandra, Sternsang, die Kammer, der rote Kristall… die Stimme!
    Willkommen! Ich bin Gilam'esh. Höre meine Geschichte –
    die Geschichte deines Volkes. Erfahre vom Aufbruch der Hydree…
    War es am Ende dieser Gilam'esh, in dessen Kopf er gestürzt war? Die Stimme hat doch noch etwas anderes gesagt, kurz bevor der Sturz begann! Jetzt dämmerte die Erinnerung herauf.
    Dein Leben sei mein Leben. Erfahre die Vergangenheit.
    Denn der Geist ist zeitlos…
    Hielt er sich also in einer anderen Zeit auf? In einer virtuellen Zeit, wie er annahm. Diese Höhle befand sich irgendwo auf dem früheren Mars! Und die geöffnete Datenbank war ein geöffnetes Leben!
    Ein geniales Konzept! Hier wurde nicht gelesen, nicht erklärt, nicht in Bildern gezeigt – hier wurde erlebt! Konfuzius hätte seine helle Freude daran gehabt!
    All das erinnerte Matthew ein wenig an seine Zeit als Seelengefäß für den Hydriten Quart'ol – der hatte

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