167 - Tor in die Vergangenheit
und größer. Sie hatten Brüste. Gilam'esh hätte sie vermutlich
»Gebärer« genannt. Eine küsste Gilam'eshs Bauch, die andere rieb ihre unglaublich großen Brüste gegen seine Wangen.
»Willkommen im Traumkraken, Maddrax!« Gilam'esh sah ein wenig aus wie ein Ochsenmaulfrosch, wenn er grinste. »Ich bin jetzt erwachsen und darf ihn in Anspruch nehmen.« Er zuckte mit den schuppigen Schultern. »Was blieb mir anderes übrig, als dich mitzunehmen?«
»Traumkraken?« Drax glaubte zu spüren, wie alles hinter seinem Brustbein sich in kalten Stein verwandelte.
»Ja, Traumkraken. Wir benutzen sie zur Entspannung, wie du siehst.« Er küsste die über ihn gebeugte Hydreefrau mit den Megabrüsten an der Kehle. »Unsere Baumeister und Ingenieure benutzen sie darüber hinaus, um die Formen von Städten, Werkzeugen und Nutztieren zu entwerfen und zu gestalten. Ich hoffe, du genießt ebenfalls einen schönen Traum, Maddrax…!«
Wie ein alter Schmerz tauchte die Erinnerung aus den Tiefen seiner Hirnwindungen auf. Die Insel im Eismeer, der Khan, das geheimnisvolle Wesen, das ihnen eine falsche Realität vorgegaukelt hatte – grün hatte es geleuchtet und Tentakel besessen. [4]
Der Mann aus der Vergangenheit schloss die Augen. Mit Aiko und Aruula war er dort gewesen. So lange war das her…
vier Jahre und länger. Nun endlich offenbarte sich die Herkunft der Kreatur: Die Hydree mussten diese Spezies mit auf die Erde gebracht haben, vor Urzeiten.
Er drehte sich um und wankte zurück in den Traum, den er drei glückliche Minuten lang für den Archivraum gehalten hatte. Sternsang und Chandra waren nur noch schemenhafte Phantome. Wie Nebel in der Sonne lösten sie sich auf…
Er wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war. Irgendwann glitten Gilam'eshs Arme durch sein Blickfeld. Der junge Hydree löste ein Geflecht von grün leuchtenden Tentakeln von seinem Körper. Durch fleischige Röhren und Höhlen tauchte er aus dem Traumkraken. Dort band er das Netz um seinen Oberkörper, steckte seinen Dreizack auf den Rücken und bestieg den schildkrötenartigen Fisch.
Später, als die vertrauten Umrisse einer Unterwasserstadt sich allmählich aus dem Dämmerlicht schälten, kam Matthew Drax zum ersten Mal der Gedanke, dass er Gilam'esh vielleicht würde töten müssen, um in seine Zeit zurückkehren zu können…
***
Zu Lichtbeginn vor dem offiziellen Ende der Reifeprüfung holten ihn sein Erzeuger, der Hochrat und sein Lehrer in seiner Wohnkuppel ab.
Mit Jubel und Gesang war er am Südtor von Tarb'lhasot empfangen worden. Die Nachricht von seiner Rückkehr hatte sich wie ein Seebeben durch die ganze Ozeanstadt verbreitet.
Anschließend hatte Gilam'esh nur gegessen und geschlafen, zwei Finsternisse und ein Licht hindurch.
Mit dem neuen Licht begann nun sein Leben als Erwachsener – dass er bereits den Traumkraken aufgesucht hatte, brauchte niemand zu wissen –, und mit dem neuen Licht endete nun auch sein Schweigen. In der Zentralkuppel warteten sämtliche Bewohner von Tarb'lhasot, um von ihm zu erfahren, was er erlebt hatte.
»Folge uns nun in die Zentralkuppel, Gilam'esh«, sagte Ardi'bud feierlich. »Alle Ditrydree der Stadt haben sich dort mit allen Meistern und Ältesten versammelt. Wir sind gespannt, deine Erlebnisse während der Schrecken auf dem Trockenrotgrund zu erfahren.«
Gilam'esh verharrte auf der Stelle. »Zuvor muss ich eine Botschaft an dich ausrichten.«
»Eine Botschaft?« Der Hochrat runzelte die Schuppen über den Augenhöhlenmembranen.
»Während der Schrecken auf dem Trockenrotgrund traf ich eine Gruppe Ikairydree aus Quirb'an'mazut. Ihr Hochrat Leg'wanot bat mich, meinen Ältesten eine wichtige Botschaft auszurichten.«
Ardi'bud sah erst Barton'esh, dann Kazar'bal an. Alle drei machten ratlose Gesichter. »Sprich, Gilam'esh«, sagte Ardi'bud schließlich.
»Der Lebensraum der Hydreevölker und aller Tiere auf dem Rotgrund sei dem Untergang geweiht, sagen die Ikairydree von Quirb'an'mazut, der Wasserrotgrund genauso wie der Trockenrotgrund. Alle Hydree sollen erfahren, dass die Atmosphäre des Rotgrunds immer dünner wird, seit vielen Umläufen schon. Vielleicht noch hundert, vielleicht noch tausend Umläufe, dann…«
»Schweig!«, herrschte der Hochrat ihn an. Auch in den Mienen seines Erzeugers und seines Lehrers las Gilam'esh Unwillen. »Kein Wort davon! Niemals, und zu niemandem! Hast du das verstanden, Gilam'esh?«
»Ich habe verstanden«, sagte der junge Hydree kleinlaut. In der
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