1670 - Der Psychonauten-Gott
es niemanden, der ihm ein Glas gereicht hätte.
Harry war noch ziemlich groggy. Aber er gab nicht auf. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen, auch wenn es ihm nicht leichtfiel.
Seine Augen waren nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Da ein schwaches Licht im Zimmer brannte, wusste er auch, wo er sich befand, und die Erinnerung an das, was vor dem Niederschlag geschehen war, kehrte zurück.
Sein erster Gedanke galt seiner Partnerin Dagmar. Er hätte gern nach ihr gerufen. Das ließ er bleiben, denn ihm war klar, dass sie ihn allein gelassen hatte. Sie hatte auch nicht verhindert, dass er niedergeschlagen worden war und er erinnerte sich daran, dass Dagmar die letzte Person gewesen war, die er vor dem heimtückischen Niederschlag gesehen hatte.
Aber sie war nicht mehr normal gewesen. Auf ihrer Stirn hatte sich das dritte Auge befunden. Harry erinnerte sich deutlich an dieses kalte Leuchten. Noch immer lag er auf dem Boden. Die weiche Unterlage wurde ihm allmählich zu hart. Er wollte nicht mehr länger liegen bleiben. So fertig war er nicht. Es musste etwas geschehen, und Harry kroch von seinem Platz fort. Er hielt erst dicht vor einem Sessel an und brauchte nur die Hand auszustrecken, um ihn zu erreichen. Die Bewegungen hatten seinem Kopf nicht gut getan. Immer wieder zuckten die Stiche auf, die schlimm waren und ihm die Tränen in die Augen trieben. Er machte trotzdem weiter. Das war er sich und seiner Partnerin schuldig. Er hatte von Dagmar weder etwas gehört noch gesehen. Für ihn war es der Beweis, dass sie die Wohnung verlassen hatte. Wäre es nicht so gewesen, sie hätte sich längst gemeldet.
Der Sessel sollte ihm als Stütze dienen. Harry lag auf dem Bauch. Er hob mühsam den rechten Arm und stemmte dabei auch seinen Oberkörper in die Höhe. So bekam er das Polster zu fassen, rutschte wieder ab, fluchte und startete einen erneuten Versuch. Diesmal nahm er ein Stuhlbein zu Hilfe, das klappte besser. Wie Harry schließlich auf die Sitzfläche gelangte, wusste er nicht. Er hatte einen Blackout, fand sich aber am Tisch sitzend wieder und war erst mal froh. Harry Stahl blieb sitzen. Er musste das tun und sich erholen. Die Wohnung kam ihm so still vor wie ein Grab. Es war auch aus den Nachbarwohnungen nichts zu hören und gerade die Stille störte ihn sehr. Wie gern hätte er eine Stimme gehört. Am besten die seiner Partnerin, aber damit war nicht zu rechnen.
Harry schaffte es nach einer gewissen Zeit, in die Küche zu gehen, wo noch das Licht brannte und alles so aussah wie vor einer Stunde. Hier fand er auch die Tabletten, die er gegen seine heftigen Kopfschmerzen einnahm. Er schluckte sie mit Wasser hinunter, saß auf dem Stuhl und streckte seine Beine aus.
Er fühlte sich matt, ausgelaugt, und er wusste, dass er nicht mehr viel reißen konnte. Nicht in seinem Zustand.
Wo konnte Dagmar sein? Harry wusste es nicht. Sie war einer fremden Macht gefolgt, weil sich ihr Erbe wieder gemeldet hatte. Der Psychonauten-Gott hatte gerufen, und sie hatte seinem Befehl Folge geleistet.
Es war eine Tatsache, die Harry nicht nachvollziehen konnte. Er begriff nicht, weshalb sich Dagmar nicht dagegen gestemmt hatte. Wahrscheinlich war die andere Seite so stark, dass ein normaler Mensch keine Chance hatte.
Ich muss etwas tun!
Dieser Satz grub sich in seinen Kopf ein. Aber was kann ich tun? Die Antwort auf die Frage fiel ihm nicht leicht. Harry wusste überhaupt nicht, wo er anfangen sollte. Möglicherweise glich die Suche der berühmten Nadel im Heuhaufen. Wäre Harry normal gewesen, er hätte sicherlich seine Gedanken ordnen können, so aber kämpfte er gegen die Schmerzen an, denn viel hatten die Tabletten nicht geholfen. Irgendwann sank auch sein Kopf nach vorn, und Harry Stahl schlief tatsächlich ein. Er träumte nichts, er hörte nichts, nur als er irgendwann die verklebten Augen aufschlug und feststellte, dass ihm sein Rücken wehtat und der Kopf nur noch ein dumpf es Etwas war, da war ihm klar, dass er verloren hatte.
Der Morgen graute. Allmählich schob die Helligkeit die Finsternis der Nacht zurück. Trost brachte der neue Tag Harry Stahl nicht. Die Schmerzen waren zwar verschwunden, aber sein Kopf kam ihm vor, als wäre er um das Doppelte angeschwollen.
Im Mund lag ein dicker Pelz. Harry war leicht übel, der Gedanke an seine verschwundene Partnerin blieb bestehen, doch er wusste auch, dass er sich jetzt erst mal um sich kümmern musste.
Nach längerer Zeit setzte er zum ersten Mal wieder ein Bein vor
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