1671 - Chaos-Kämpfer
das.« Sie hob den Kopf leicht an. »Danke, John, dass du gekommen bist.«
Jane hauchte mir einen Kuss auf die Lippen und ließ sich wieder zurücksinken. Auf ihren Lippen sah ich, ein Lächeln. Ich wusste jetzt, dass sie zufrieden einschlafen würde.
So leise, wie ich das Zimmer betreten hatte, verließ ich es wieder. Die Tür war kaum offen und der Blick in den Flur frei, da sah ich die Cavallo. Sie nickte mir zu. »Ich wollte gerade nachschauen, ob du bei ihr bist.«
»Ist das so wichtig?«
»Kann schon sein.«
»Wieso?«
»Du hättest ja auch verschwinden können.«
»Den Gefallen habe ich dir nicht getan.«
»Moment, was heißt Gefallen? Schließlich müssen wir den Fall gemeinsam durchstehen.«
»Okay. Und weiter?«
Sie deutete auf ihre offen stehende Zimmertür. »Komm ruhig mit in mein kleines Refugium, auch wenn es dir nicht gefällt.«
Ich gab keinen Kommentar ab und folgte ihr in ein Zimmer, das man auch als Gruft hätte bezeichnen können. Justine liebte die Dunkelheit. Sie hatte dafür gesorgt, dass auch die Tage kaum anders aussahen, und so waren die Wände im Raum mit schwarzer Farbe gestrichen.
Es gab ein Bett, einen Schrank, einen Tisch, der sich zusammenklappen ließ, und ein Fenster, das sie weit geöffnet hatte, sodass die kühle Nachtluft in den Raum dringen konnte.
»Ja und? Was soll ich hier?«
»Dich wieder einkriegen. Denk nicht mehr an die Frau, die dort unten liegt. Sie ist nur die Vorhut gewesen.«
»Ach ja? Für wen?«
»Man ist uns auf der Spur, John Sinclair. Man kann uns nicht leiden. Man hasst uns.«
»Und woher weißt du das so genau?«
Die Cavallo drehte sich um und deutete auf das Fenster. »Wenn du lange genau hinausschaust, und das habe ich getan, wirst du erleben, dass diese Gespenster in der Nähe sind, die wir beide bereits aus dem Restaurant kennen.« Sie lachte kichernd. »Ich denke, dass wir die andere Seite schon sehr geärgert haben, dass sie so reagiert.«
Sollte ich ihr glauben?
Ja, das musste ich, denn reinlegen wollte sie mich bestimmt nicht. Ich schlich an ihr vorbei und trat dicht an das Fenster heran. Zunächst bewegte ich mich nicht und lehnte mich auch nicht nach vorn, erst als fast eine Minute vergangen war, drückte ich meinen Oberkörper vor.
Mein Blick glitt über die Straße hinweg zu den inzwischen belaubten Kronen der Bäume. Ich schaute auch auf die anderen Hausfassaden und über die Schrägen der Dächer.
Justine stand hinter mir. Ich glaubte sogar, einen leichten Blutgeruch wahrzunehmen, befreite mich aber von diesem Gedanken und hörte ihre Frage.
»Na, was siehst du?«
»Nichts, was unnormal wäre.«
»Sie sind trotzdem da.«
»Dann zeig sie mir.« Ich drehte mich wieder um und versuchte an ihrem Gesichtsausdruck zu erkennen, ob sie ehrlich geantwortet hatte. Doch ihre Züge zeigten die übliche, schon nicht mehr normale Glätte.
»Dann haben sie gespürt, dass du hier bist, und verhalten sich entsprechend vorsichtiger.«
»Und wieso sollten sie mich gespürt haben?«
»Durch das Ding vor deiner Brust.« Den Begriff selbst sprach sie nicht aus. Für sie verständlich.
Ich trat zurück. »Kann sein, dass du dich geirrt hast. Du kannst mir ja Bescheid geben, wenn du sie erneut spürst.«
Sie sagte nichts. Wahrscheinlich war sie sauer. Ich hatte mich bewusst so verhalten, weil ich sie provozieren wollte. Es war durchaus möglich, dass die Chaos-Kämpfer es geschafft hatten, die Vergangenheit zu verlassen, und uns auf der Spur waren. Es musste dort eine Macht oder Kraft geben, die ihnen so etwas ermöglichte.
»Sie kommen!«, flüsterte die Cavallo.
»Und?«
»Ich spüre sie…«
Ich ging wieder vor, blickte an ihr vorbei nach draußen und sah dort tatsächlicheine Bewegung. Dann ging ich näher, sodass ich schließlich neben der Cavallo stand.
»Sieh nach oben!«
Das hätte sie mir nicht zu sagen brauchen, denn ich hatte meinen Blick automatisch gehoben.
Am Himmel und über den Häusern zeichnete sich etwas ab. Es war von den Umrissen her eine riesige Gestalt und eigentlich nur als Schatten erkennbar. Aber es vergingen nur wenige Sekunden, bis dieser Schatten deutlicher hervortrat. Und was wir da zu sehen bekamen, damit hatte auch die Cavallo nicht gerechnet. Ein Monster in der Dunkelheit. Überdimensional groß. Ein zottiger Körper und ein Gesicht, das nichts Menschliches an sich hatte und irgendwie an einen Gorilla erinnerte. Nur dass der keine spitzen Zähne hatte, wenn er sein Maul aufriss.
»Nun, John, habe
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