1671 - Fluchtpunkt Mars
verhalten. Wenn Myneon diese Sache ausschlachtet, wird es nicht ausbleiben, daß ich als derzeit einziger Aktivatorträger im Solsystem und Kenner der damaligen Ereignisse vor Gericht aussage und die Dinge richtigstelle. Und das ist offensichtlich die Absicht des ertrusischen Advokaten. Er will mich als Zeugen und als Angeklagten vor Gericht zerren und hofft, daß ich mich in Widersprüche verwickle. Oder er will es lediglich für seine Medienkampagne verwenden. In einem solchen Fall muß ich ihm zuvorkommen."
Er ließ sich eine Verbindung mit Terra Holovision geben und hatte Augenblicke später den diensthabenden Redakteur auf dem winzigen Holoschirm des Gleiters. Dieser erkannte ihn sofort. „Homer G. Adams, ich grüße dich. Was kann ich für dich tun?" fragte der Mann, dessen Name mit Oliver Greysard eingeblendet wurde. „Ich habe ein paar Informationen für deine Nachrichten. Kannst du eine Aufzeichnung machen?"
„Sie läuft bereits. Sprich, Homer!"
In knappen Worten legte der Hanse-Chef seine Gedanken zur Arbeit Kylk Myneons und der seiner Mitarbeiter dar. Er wies wie schon seit Wochen und Monaten auf die Sicherheitsaspekte hin und darauf, daß die Behörden des Solsystems sich bei ihren Entscheidungen bezüglich der zwölf Ertruser an die gängigen Sicherheitsvorschriften hielten. Das Verhalten Lyndaras und ihrer Begleiter im Solsystem und anderswo bis hinein in die Galaxis Hangay hatte dazu geführt, daß sie nicht nur bei den Terranern als Sicherheitsrisiko erster Ordnung gehandelt wurden. Kylk Myneon wußte das genau, und seine Taktik diente der Ablenkung und Verlagerung von Schwerpunkten dieses Themas in der Öffentlichkeit, was sich natürlich auch auf die Richter und alle anderen Prozeßbeteiligten auswirken mußte. „So gesehen bewegt sich Myneon ebenso wie alle seine Mitarbeiter ständig am Rand der Legalität und setzt sich dem Verdacht der Volksverhetzung aus", schloß Adams. „Alles, was er und seine Kollegen tun, sollte aufmerksam durchleuchtet und in größerem Zusammenhang gesehen werden, als er das glauben machen will."
„Danke für deine ausführliche Stellungnahme, Homer", sagte Greysard. „Sie wird als Kommentar in der Mitternachtssendung und zur Sieben-Uhr-Frühstücks-Tableround erscheinen. Bist du mit einer Zweitverwertung über andere Sender und Agenturen einverstanden?"
„Natürlich, Oliver. Ich bestehe sogar darauf."
Die Verbindung erlosch, und Adams lehnte sich zufrieden zurück. Mit diesem Interview zwang er Myneon und Konsorten zu einer Reaktion. Im umgekehrten Fall hätte er dem Ertruser hinterherargumentieren müssen, und das war immer ein taktischer Nachteil. „Was macht Myneon gerade?" fragte er den Syntron.
Als Chef der Kosmischen Hanse gehörte er zum Personenkreis der Informationsstufe eins. Es bedeutete, daß der Syntron ihm solche Fragen über das Tun anderer Menschen beantwortete. Jedem gewöhnlichen Bürger hätte er die Antwort verweigert. „Er wälzt in alten Folianten, Homer. Willst du ihm zusehen?"
„Nein, danke."
Adams konnte warten, bis er dem Ertruser gegenüberstand. Vielleicht erfuhr Myneon in diesen Augenblicken bereits, daß gerade ein Interview über die Sender lief, in denen der Chef der Kosmischen Hanse kein Blatt vor den Mund nahm.
Der Gleiter durcheilte den Lichterdschungel der irdischen Hauptstadt und näherte sich seinem Ziel. Amber meldete sich erneut. „Es hat sich etwas ereignet, was unseren Plan über den Haufen werfen wird", berichtete er. „Gerade bin ich von einem meiner Leute verständigt worden, daß Kylk Myneon das City Garden Hotel gegenüber dem Crest-Standbild betreten hat. Du weißt, wo das ist."
„Ja, Orionallee. Aber das kann nicht sein."
„Doch. Myneon kam mit einem Gleiter aus dem Himalaja. Er zeigt sich ganz offen."
„Danke, Owo. Bis gleich. Syntron, gib mir ein Bild aus dem Archiv."
Ein Holo baute sich auf und verdeckte einen Teil der Kontrollen des mit Automatik fliegenden Gleiters. „Wo steckt Kylk Myneon?" fragte Adams. „Tut mir leid, Homer", lautete die Antwort. „Irgend etwas stimmt nicht. Kylk Myneon hat das Gebäude und die Abteilung betreten. Seine Fingerabdrücke wurden zu Prüfzwecken mit einer Teleoptik aufgenommen und entziffert. Sie stimmen nicht mit denen des Ertrusers überein, der sich jetzt an dem Platz befindet, an dem Myneon bis vor wenigen Augenblicken gearbeitet hat. Die Personenzahl im Gebäude hat sich nicht verändert. Es ist niemand gekommen und niemand gegangen. Der Ertruser,
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