1672 - Die Insel
still stehen und trat von einem Fuß auf den anderen.
»Stromausfall, Lucy.«
»Ja, ich weiß.«
Rick McMillan betrat das Zimmer. »Kannst du dir auch einen Grund dafür denken?«
»Sag du ihn.«
Er kam näher und stellte das Glasgefäß mit der Kerze ab. »Sie sind nicht nur da, sie haben auch gezeigt, wozu sie fähig sind. Sie haben uns unsere Grenzen aufgezeigt.«
Lucy gab keine Antwort. Sie wusste ja, wie recht ihr Vater hatte. Dieser Stromausfall konnte durchaus von einer anderen Macht verursacht worden sein.
»Ich habe nachgeschaut, Lucy. Es ist überall im Ort dunkel. Kein elektrisches Licht mehr. Wenn es etwas hell ist, dann durch das Kerzenlicht, wie bei uns.«
Lucy drehte sich ihrem Vater zu. Ihr Gesicht lag im Schatten. Sie fragte mit leiser Stimme: »Wir haben immer von ihnen gesprochen. Von den Feinden. Ich frage dich jetzt, wer sie sind. Wer steckt dahinter?«
Rick McMillan musste über die Antwort erst nachdenken. »Schau zur Insel hin. Im unteren Teil, der eigentlich nicht zu ihr gehört, leuchtet sie.«
»Ich weiß. Aber das ist keine Antwort. Wer ist diese Macht? Wie sieht sie aus? Hat sie ein Gesicht?«
»Ich weiß es nicht.«
»Gut, ich auch nicht. Aber ich frage mich, warum sich die Insel so verändert hat. Es geschieht nichts ohne Grund. Was ist da los? Wer existiert dort?«
»Frag mich nicht. Ich habe keine Ahnung. Ich war nur für den Leuchtturm verantwortlich. Für mich ist die Insel immer völlig normal gewesen. Ich habe nie etwas von einer anderen Macht gespürt.«
Lucy ging zum Fenster. Auch dabei war sie nicht still und sagte mit leiser Stimme: »Für mich muss die Insel eine Vergangenheit haben.«
»Das mag sein, Lucy, aber davon weiß ich nichts. Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, ob die Insel eine dunkle Vergangenheit hat.«
Genau das Thema nahm Lucy auf. »Möglicherweise schon, Dad.«
»Wieso?«
Sie sprach jetzt schneller, als wollte sie einen Gedanken loswerden. »Es kann doch sein, dass jemand dort mal gelebt hat. Eine Gruppe von Menschen, die - die…«, sie hob die Schultern, »… die wer weiß was getan hat. Die allein sein wollte und sich die Insel als Zufluchtsort ausgesucht hat. So etwas gibt es ja. Menschen, die Sekten bilden, die unter sich bleiben wollen. Hast du dir darüber nie Gedanken gemacht?«
»Nein, das habe ich nicht.« Er hob die Schultern. »Ich weiß auch nicht, warum ich das hätte tun sollen. Und Spuren, dass dort Menschen gelebt haben, habe ich nie entdeckt. Deshalb glaube ich auch nicht, dass du recht hast.«
»Verstehe«, erwiderte Lucy, bevor sie dicht an das Fenster herantrat - und nach draußen schaute. Über den dunkel gewordenen Ort hinweg und auch über die Wasserfläche, die ebenfalls dunkel geworden war. Nur ab und zu entdeckte sie die Schaumstreifen von Wellen, aber es zählte einzig und allein die Insel, wobei sie glaubte, dort eine Veränderung gesehen zu haben. Sie wollte sicher sein und winkte ihren Vater heran. »Schau dir das mal an!«
»Was denn?«
»Bitte, komm näher.« Sie machte ihm Platz, und McMillan drängte sich neben sie.
»Was siehst du?«, fragte sie.
»Die Insel!«
»Klar, Dad. Aber schau mal genauer hin. Fällt dir da wirklich nichts auf?«
»Gib mir etwas Zeit.«
Lucy trat zurück. Sie ließ ihren Vater in Ruhe, der gleich darauf etwas entdeckte und sich auch mit schwacher Stimme meldete.
»Ist sie nicht wieder höher gestiegen?«
»Genau das meine ich.«
McMillan stöhnte leise; Er fuhr mit seinen Händen durch das Haar und flüsterte: »Kann es sein; dass ich den oberen Teil von einem riesigen Totenkopf sehe?«
»Genau das habe ich auch gedacht, Dad.«
Rick McMillan trat zurück. Er sah aus, als wäre ihm leicht schwindlig geworden. Mit der rechten Hand umklammerte er die Schulter seiner Tochter:
»Und was bedeutet das?«, flüsterte er.
»Nichts Gutes«, flüsterte sie, »nichts Gutes…«
***
Wir hatten natürlich den Wagen genommen. In ein Flugzeug zu steigen war nicht drin gewesen. Der Luftraum über England war ebenso gesperrt wie fast über ganz Europa, denn ein in Island ausgebrochener Vulkan hatte uns Menschen gezeigt, dass die Natur doch stärker war. Vielleicht war es gar nicht mal schlecht, einen Schuss vor den Bug zu bekommen, um zu erfahren, dass man nicht als Herren der Welt durchgehen konnte. Wir hatten übernachtet und waren recht früh am anderen Tag weitergefahren. Es war kein Problem, den Rest der Strecke zu schaffen, und Suko zeigte sich happy, mal wieder in
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