1675 - Der Kopfjäger
Vom Gang her konnte der Typ durch die offene Tür noch immer in die Zelle schießen, in der es keine Deckung gab.
Das tat er nicht. Suko sah, wie er sich umdrehte und verschwand, Suko hätte die Verfolgung aufnehmen können, was er aber nicht tat. Es war ihm zu riskant. Hätte er die Zelle verlassen, er hätte ein gutes Ziel abgegeben, und deshalb blieb er zurück. Zudem gab es hier noch einiges zu richten.
Der Neue war noch da. Er schien durcheinander zu sein, denn er lief von einer Seite zur anderen und wirkte dabei wie ein aufgezogenes Spielzeug. Im Moment bedeutete er keine Gefahr für ihn. Das konnte er von dem anderen nicht sagen. Der Mann mit der verletzten Schulter war auf die Wand zu gekrochen. Er hatte auf dem Boden eine Blutspur hinterlassen und sich in eine sitzende Haltung gequält. Seinen rechten Arm konnte er nicht mehr gebrauchen. Die Wunde in seiner Schulter war recht tief, noch immer floss Blut, und der Mann war bleich wie eine Leiche. Trotzdem gab er nicht auf. Er versuchte, mit seiner Hand die Waffe zu heben und auf Suko zu richten. Er wollte nicht aufgeben und schießen.
Suko war schneller.
Diesmal schlug er nicht mit der Machete zu. Er sprang vor und schaffte es, mit einem Tritt die Waffe zu treffen. Nicht nur der Arm des Killers flog hoch. Die Pistole machte sich selbstständig und landete nicht weit entfernt auf dem Boden. Blitzschnell tauchte Suko ab und riss sie an sich. Es war eine Luger, und Suko fuhr herum, weil er noch einen zweiten Gegner in seiner Nähe wusste. Der Kopfjäger hatte den Raum tatsächlich nicht verlassen. Er stand da und starrte Suko an, besonders die Machete, die er so schmerzlich vermisste.
»Sie gehört jetzt mir!«, erklärte Suko. »Ich verspreche dir, dass du keine Köpfe mehr damit abschlagen wirst.«
»Ich will nur deinen.«
»Da hast du Pech gehabt.«
Der Neue wusste nicht, was er tun sollte. Diesmal sah Suko keine Bewegung in seinem dritten Auge, er schien keine Befehle mehr zu erhalten und war auf sich allein gestellt. Vor Suko ging er auf und ab. Manchmal keuchte er ihn an, dann drückte er seine Lippen wieder zusammen.
Suko dachte an seine Gegner. Es waren vier insgesamt, die ihn hergeschafft hatten. Einen hatte er ausgeschaltet. Drei waren noch übrig. Und Suko glaubte nicht daran, dass sie die Flucht ergriffen hatten.
Sie würden noch im Haus sein. Sie würden auf ihn warten, denn ewig konnte er nicht in dieser Zelle bleiben.
Aus dem Raum verschwinden wollte er schon, aber nicht allein. Er wollte den Kopfjäger mitnehmen. Der wich zurück, als Suko auf ihn zuging. Von ihm war nichts zu hören, im Gegenteil zu dem Verletzten. Dessen Stöhnen wollte einfach nicht aufhören.
Suko ging auf den Neuen zu. Er bedrohte ihn mit zwei Waffen und machte ihm klar, was er von ihm erwartete.
»Du gehst mit!«
»Nein! Nein…«
»Willst du deinen Kopf verlieren?«
»Warum sollte ich?«
»Weil du auch mich hast köpfen wollen.«
»Das ist was anderes. Ich wollte deinen Kopf haben, um tauschen zu können.«
»Das ist Unsinn. Du hättest das nie geschafft.«
»Nicht ich. Andere.«
»Und wer?«
»Ich kenne sie nicht. Aber sie sind mächtig. Sie experimentieren. Sie sind gut. Das siehst du an mir, was man aus einem Menschen machen kann, wenn man ihn verändert.«
»Wie hat man dich verändert?«
»Das weiß ich nicht genau…«
Suko nickte. »Schon gut, ich habe alles verstanden. Und deshalb werde ich dich mitnehmen. Deine Freunde sind bestimmt noch hier im Haus und warten auf dich.«
Er sagte nichts und schaute nur böse. Seine Augen sahen aus, als wären sie mit einer hellen Flüssigkeit gefüllt, und Suko fragte sich, ob das noch normale und menschliche Augen waren oder auch fremde wie das dritte über der Stirn. Suko zielte mit der Luger auf den Kopf des Neuen. »Du gehst vor, mein Freund.«
»Nein.«
»Bist du kugelfest?«
Der Kopfjäger gab keine Antwort.
Suko senkte die Waffe. Er zielte auf das linke Bein. »Soll ich es probieren?«
»Hau ab!«
Suko ließ sich nicht beirren. »Oder soll ich dich mit der Machete anritzen? Gleiches mit Gleichem vergelten?«
Jetzt reagierte der Kopfjäger und gab sich dabei normaler, denn er fragte: »Wo willst du hin?«
»Nach draußen.«
Der Neue kicherte. »Schön, dann musst du dich vorsehen, denn ich habe Freunde.«
»Das weiß ich. Aber sie werden mich nicht stören.«
»Schon gut.« Der Kopfjäger war bereit, einen Kompromiss einzugehen. Bestimmt rechnete er damit, dass die andere Seite, seine
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