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168 - Das fremde Leben

168 - Das fremde Leben

Titel: 168 - Das fremde Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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beschreiben«, sagte die erste Forscherin. »Wir haben uns hier auf ein Forschungsgebiet begeben, das selbst für uns Ikairydree Neuland bedeutet.«
    »Versuche es dennoch«, bat Gilam'eshs Dienerin Manil'bud.
    Sie teilte sich mit ihrem Lehrmeister eine Wohnkuppel auf der Reiseplattform. Die beiden waren sich näher gekommen – zu Matthew Drax' Schrecken: Es war ihm schrecklich peinlich, unfreiwillig Zeuge ihrer Liebesspiele sein zu müssen.
    »Das Tunnelfeld ist kein Raum, es ist weder Energie noch Materie«, fuhr Wanil'ama fort. »Man könnte es einen Zustand nennen. Oder vielleicht besser eine Bewegung: Das Flimmern, das ihr gesehen habt, kommt durch eine lichtschnelle Bewegung zustande – das Universum oszilliert gewissermaßen in Lichtgeschwindigkeit zwischen Normal- und Überraum, zwischen jetzt und irgendwann, zwischen hier und irgendwo. Könnt ihr das verstehen?«
    Gilam'esh und Manil'bud nickten schweigend. Drax spürte, wie es arbeitete im Hirn seines Wirtes, wie Gilam'esh dachte und fühlte und grübelte. Seine Fantasie produzierte Bilder im Sekundentakt. Frag sie, ob sie diese Bewegung steuern können, drängte er ihn.
    »Ihr habt also gelernt, eine Brücke zu errichten zwischen den Zeiten und Räumen«, sagte Gilam'esh heiser. »Könnt ihr sie kontrollieren?«
    »Bis zu einem gewissen Punkt schon«, antwortete Wanil'ama. »Ihr habt die Wirkung und das Erscheinungsbild der ›Brücken‹ ja gesehen – wir können die Oszillation auf einen bestimmten kontrollierten Raum begrenzen, auf mehrere sogar, wenn wir wollen. Diese Räume oder Felder erschienen euch als flimmernde Säulen. Wir können diese Felder auch auf bestimmte Ziele richten und sie auf diese Weise als Waffe verwenden. Die furchtbare Wirkung habt ihr selbst gesehen. Das Tunnelfeld kann Organismen und Gegenstände dystempkalisieren. Doch ihr habt auch gesehen, wie unausgereift das System noch ist: In seiner unmittelbaren Umgebung wird ein beschleunigter Alterungsprozess ausgelöst. Ähnliche Unfälle haben wir während der Entwicklung in unserem wissenschaftlichen Stab erlebt. Deswegen hatten wir die Forschungen eingestellt. Bis wir hörten, dass die Patrydree uns ausrotten wollen…«
    Du musst diese Anlage studieren, raunte Drax. Du musst sie weiter entwickeln! Bitte die Silberschuppen darum! Er spürte, wie Gilam'esh die Grenzen seines Bewusstseins zu verschließen drohte.
    »Ihr könnt nicht kontrollieren, wohin die Gegenstände und Körper versetzt werden, die im Tunnelfeld verschwinden?«, fragte Gilam'esh.
    »Nein.« Wanil'ama schüttelte ihren schmalen Kopf. »Weder können wir das kontrollieren, noch wissen wir es.«
    »Hat denn je einer von euch versucht, das Tunnelfeld zu betreten?« Gilam'eshs Forschergeist hatte Feuer gefangen. »Ich meine, habt ihr herauszufinden versucht, ob es einen Weg zurück gibt, wenn man einmal im Oszillationsfeld verschwunden ist?«
    »Natürlich nicht«, sagte die Erste Forscherin. »Das heißt…« Sie brach mitten ihm Satz ab und sah Leg'wanot an.
    Eine Zeitlang schwiegen alle. Obwohl der Hochrat von Quirb'an'mazut die erwartungsvollen Blicke der anderen bemerkte, reagierte er nicht. Mit einer müden Geste winkte er ab, als wollte er sagen: Habt Geduld…
    ***
    Sechs Lichter und fünf Finsternisse später erreichten sie die Küste des Westkontinents. Drei Schwärme ließen sie unter dem Kommando Ramyd'sams an einer Strommündung zurück; als Kundschafter und Rückendeckung gegen marodierende Patrydreerotten.
    Eine halbe Finsternis lang schwammen sie danach stromaufwärts. An einer Flussmündung errichteten sie ein Lager am Ufer, halb im Wasser, halb auf Trockenrotgrund. Als Geleitschutz für ihn, Manil'bud und die neun Ikairydree wählte Gilam'esh die Krieger seines dritten Schwarms aus. Bei Lichtbeginn stiegen sie aus dem Fluss. Jeder trug einen Tornister auf dem Rücken, in dem Schutzkleidung, Proviant, Kombacter und andere Instrumente steckten.
    In etwa siebentausend Längen Entfernung erhob sich eine hügelige Vorgebirgslandschaft. Dahinter entdeckte Gilam'esh die Schneegipfel, die er vor vierzig Umläufen zum ersten Mal gesehen hatte und die nie wieder aus seinen Träumen gewichen waren. Bis zu den Hügeln breitete sich eine Graslandschaft aus.
    Das Gras reichte ihnen teilweise bis über den Scheitelkamm.
    Sie brachen auf.
    Bald erreichten sie die ersten Hügelhänge und bei Hochlicht ein Plateau, auf dem das Gras nicht mehr ganz so hoch stand.
    Weißhölzer wuchsen hier in kleinen Gruppen,

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