1682 - Söldner ohne Auftrag
Tarnung des Feindes blieb auch in diesem Teil des Spektrums perfekt, sogar noch vollkommener als im sichtbaren Licht, da die Ergebnisse der Infrarotortung für die Augen der Crypers aufgearbeitet werden musste. Bei dieser Umwandlung der Infrarot„farben" in Normalfarben gingen etliche Feinheiten verloren.
Energietaster lieferten nur in zwei Fällen Ergebnisse: dann, wenn der Gegner erkannt werden wollte, und in jenen Augenblicken, in denen er selbst Energiewaffen einsetzte. Im ersten Fall handelte es sich um eine Falle, in der sich der Feind selbst als lockender Köder darbot. Im zweiten Fall lief jede Ortung auf eigene Verluste hinaus. Massetaster, auch andere Mittel, nichts hatte geholfen. Selbst die empfindlichsten Mikrophone waren nicht imstande, den Gegner zu finden; wenn er ein Geräusch machte, dann verlor es sich und verschwamm mit den unvermeidlichen Hintergrundgeräuschen. Nur einmal war der Feind wirklich geortet worden - das Hohngelächter, das er in diesem Augenblick ausgestoßen hatte, hatte dem Horchpeiler den Schädel gesprengt; seither hatte es niemand mehr gewagt, den Feind auf diese Weise aufspüren zu wollen.
Aber welcher Tricks sich der Feind auch bediente - eines konnte er nicht ändern: Er besaß eine Ausdehnung in Zeit und Raum. Er war lang und breit und hoch, und daran konnte das beste Schirmfeld nichts ändern. Wenn er jetzt in diesen Raum eindrang, dann musste er sich durch den immer dichter werdenden Dunst bewegen und' dabei sichtbare Spuren hinterlassen, gewissermaßen einen positiven Schatten, einen Hohlraum im Dunst, der durch die Verdrängung seines Körpers hervorgerufen wurde.
Und selbst wenn dieser Hohlraum nicht so einfach zu erkennen sein würde - in jedem Fall mussten die Bewegungen des Unheimlichen in diesem sanft glimmenden Nebel Wirbel hinterlassen, Strömungen, die man erkennen würde. Und dann... „Ruhe!" Earin-Dils Herzschlag verlangsamte sich.
Der Cryper bediente sich einer autosuggestiven Technik, die seine Vorfahren vor vielen Jahrzehntausenden entwickelt hatten, als man sie noch nicht als intelligente Lebewesen bezeichnen konnte. Sie senkte den Puls und den Blutdruck und führte eine Erstarrung herbei, in der alle Sinneswahrnehmungen geschärft wurden...
Earin-Dil ahnte, dass seine Gefährten ähnlich handelten. Zweiunddreißig Cryper hielten sich in der riesigen Halle auf. Hier waren Maschinenteile und andere Waren gestapelt, welche die Cryper noch nicht hatten abtransportieren können; so war ein Gewirr von Gängen und Pfaden entstanden, in dem man sich sehr gut verstecken konnte. In diesen Gängen hatte Earin-Dil vierzig Kampfroboter an strategisch markanten Punkten aufgestellt; auf den Kistenstapeln hatten sich seine Leute verteilt. Wo immer sich der Feind...
Ein leises Fauchen war zu hören. Earin-Dil wirbelte herum. Da war der Grässliche... Es war eine mächtige Gestalt, die sich als dunkler Schatten im Nebel abzeichnete. Fast eineinhalb mal so groß wie ein Cryper, mit sehr breiten Schultern und einem kräftigen Brustkorb, der sich zur Leibesmitte her verjüngte. Earin-Dil konnte zwei Arme sehen, als die Gestalt sich bewegte, zwei Beine, dann den Kopf, der groß und klobig wirkte. Aber der Cryper hatte nur wenige Sekundenbruchteile Zeit, sich seiner Sinneseindrücke bewusst zu werden. Dann nämlich begann sich der Feind zu bewegen.
In seiner rechten Pranke ruhte etwas, das wohl eine Waffe sein musste, etwas, das matt schimmerte und dann plötzlich einen glänzenden Reflex aufstrahlen ließ, als der Feind die Waffe betätigte. Etwas schoss raketengleich nach vorn ohne ein Geräusch zu machen. Ein 'Laut war erst zu hören, als dieses Etwas einen Cryper traf, der ein paar Schritte entfernt auf einem Aggregat Stellung bezogen hatte. Das Geschoss traf den Cryper in der Leibesmitte und drang in seinen Körper ein; der Getroffene stieß einen er stickten Laut hervor. Es klang mehr nach Erstaunen und Verblüffung als nach Angst und Schmerz. Dann aber, als der Feind sein Geschoss mit unerhörter Wucht zurückzog, ließ der Cryper einen furchtbaren Schrei hören.
Earin-Dil wusste, dass dieser Cryper ein hartgesottener Kämpfer war. Alle Untergebenen Phana-Corgs waren erprobte Krieger, zäh, willensstark, hartnäckig, verbissen. Aber in dieser endlos langen Sekunde gab der Cryper sich nicht die geringste Mühe, tapfer oder beherrscht zu sein. Stattdessen legte er alle Lebensenergie, die er besaß, in diesen letzten Schrei, der Entsetzen, Schmerz und tobende Angst
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