1684 - So grausam ist die Angst
seinem Gesicht bewegte sich nichts. Die Augen blickten starr und Rosy hatte den Eindruck, als wäre er bleicher als sonst.
»Da bist du ja!«
Sie nickte nur. Das Gewicht der beiden Handgranaten spürte sie überdeutlich in ihren Taschen. Ihr Herz klopfte schneller. Wieder schoss das Gefühl der Angst in ihr hoch und schnürte ihr beinahe die Kehle zu.
Was sollte sie tun?
Sie konnte nichts tun. Sie musste warten und starrte auf die Trommel, die vor Uvaldes Bauch hing. Er hatte auch sein Äußeres verändert. Auf dem Kopf trug er so etwas wie eine Mütze. An der Stirnseite standen Federn hoch. In seinem Gürtel hing zudem noch eine Schelle. Er war bereit, die Beschwörung durchzuführen.
Rosy sagte kein Wort. Sie hätte es auch nicht gekonnt. Ihr Herz schlug schwer und schnell und auch das Atmen fiel ihr nicht mehr leicht.
»Du wirst deine Tamara bald sehen. Das weiß ich, das spüre ich genau. Sie wartet auf dich …«
Rosy schüttelte den Kopf. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Ihr Gesicht hatte eine totenähnliche Starre angenommen und sie sah, wie der Schamane wieder seine Trommelstöcke anhob. Gleichzeitig begann er sich zu bewegen, sodass die Schellen anfingen zu klingeln.
In der Ferne grollte der Donner, erste Blitze waren zu sehen, als Darco Uvalde mit seiner Beschwörungszeremonie begann …
***
Wir waren unterwegs, und nicht nur einmal hatten wir einen Blick zum Himmel geworfen, der uns immer fremder vorkam und einem ängstlichen Menschen schon eine gewisse Furcht einjagen konnte.
Drohend und drückend sah er aus. Zwischen dem Grau waren die fahlgelben Felder zu sehen. Blitze zuckten in der Ferne, aber es war mehr ein Wetterleuchten.
Suko fuhr. Beide schwiegen wir und hatten den Eindruck, durch eine ganz andere Atmosphäre zu rollen. Die große Stadt schien den Atem anzuhalten.
Wir rechneten beide damit, dass Rosy Mason das Ziel vor uns erreichte. Sie hatte es nicht so weit wie wir, und es war nur zu hoffen, dass man sie in Ruhe ließ. Niemand konnte davon ausgehen, dass Uvalde ihr Freund war. Wir nahmen an, dass er die junge Frau nur für seine Ziele benutzte.
Dann hatten wir die erste Etappe erreicht. Es war der Parkplatz, auf dem schon mal unser Wagen gestanden hatte. Jetzt hielten wir erneut hier an.
»Sie ist schon da«, sagte ich und deutete beim Aussteigen auf den kleinen VW Polo.
Suko nickte nur. Auch er war – ebenso wie ich – sehr konzentriert. Jeder von uns wusste, dass dieser Uvalde ein starker Gegner war, der möglicherweise von einer anderen Welt Unterstützung erhielt.
Wir mussten nur ein paar Schritte gehen, um das Tor zu erreichen, das nicht geschlossen war.
Problemlos betraten wir das Gelände und blieben schon wenig später stehen, als wir ein ungewöhnliches Geräusch hörten. Zuerst dachten wir an einen Donner, aber es waren Laute, die bestehen blieben.
Suko wusste Bescheid.
»Er trommelt, John.«
»Okay. Dann sind wir genau richtig. Lass uns gehen …«
***
Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem Rosy Mason es bereute, an das Grab ihrer Freundin gegangen zu sein. Alles Handeln war ihr aus den Händen genommen worden, hier bestimmte nur der Schamane, was passierte. Er hatte sich bereit gemacht, und jetzt entdeckte Rosy auf seinem Gesicht ebenfalls die Veränderung. An den Wangen zogen sich gelbbraune Streifen hin. Eine Schminke, die wohl die Verbundenheit zur Erde anzeigen sollte.
Die normale Atmosphäre war ins Irreale abgesackt. Die Wolken, die Schwüle, hin und wieder ein Windstoß, die Einsamkeit des Geländes, da kam so einiges zusammen, und Rosy musste sich anstrengen, um zu erfassen, dass sie sich noch in der Wirklichkeit befand.
Darco Uvalde starrte sie an und bewegte zuerst nur seinen Körper. Er drehte sich in den Hüften. Dadurch fingen die Schellen an zu klingen. Es war eine Musik, die Rosy nicht harmonisch vorkam, und bald hörte sie auch die leichten Trommelgeräusche. Mit den Stöcken hieb er nur schwach auf das straff gespannte Fell. Jedes Anklingen hinterließ ein leichtes Echo.
Es verstärkte sich wenige Sekunden später, als der Schamane sich heftiger bewegte. Er hob seine Arme an, stampfte mit den Füßen auf, und aus seinem offenen Mund drangen leise Rufe, die sich bald in Schreie verwandelten. Spitz und schrill. Dabei zuckte der Kopf vor und zurück.
Je mehr Zeit verging, umso wilder wurde der Tanz. Aber er führte Uvalde nicht vom Grab weg. Er blieb daneben und schaute immer wieder auf die hügelige Oberfläche.
Rosy Mason tat
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