1684 - So grausam ist die Angst
Weg?
Jedenfalls sah sie links und rechts davon die alten Gräber. Im Laufe der Zeit waren die alten Steine verwittert, hinzu kam die Natur, die das Gestein mit ihrem grünen Schleier überwuchert hatte. Die Feuchtigkeit hatte hier noch zugenommen. An manchen Stellen sah sie einen schwachen Dunstschleier über dem Boden und zwischen den Gewächsen.
Warum sie weiterging, wusste sie selbst nicht. Vielleicht deshalb, weil es weiter vor ihr heller wurde. Dort würde der Weg auf das normale Gräberfeld treffen.
Rosy schaute nicht nur nach vorn. Sie richtete ihre Blicke auch nach rechts und links. Abgesehen von den alten Gräbern gab es dort nichts zu sehen, bis auf eine Lücke im Gebüsch, die so gar nicht dorthin passte.
Leicht irritiert blieb Rosy stehen. Sie war nicht unbedingt ein neugieriger Mensch, in diesem Fall allerdings war das so. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, warum die Büsche hier geknickt waren. Sogar Fußabdrücke waren zu sehen. Auf und neben den beiden Gräbern rechts und links.
Plötzlich konnte sie dem inneren Antrieb nicht widerstehen. Jemand musste sich in der Nähe der Gräber zu schaffen gemacht haben, über den Grund wusste sie nichts, nur verstärkte sich ihre Neugierde immer mehr, und so schlich sie weiter.
Warum war jemand diesen Weg gegangen? Warum hatte er ihn sich gebahnt? Sie wollte es herausfinden und musste nicht mehr weit gehen, denn plötzlich sah sie etwas, das ihr für einen Moment den Atem verschlug.
Jemand hatte zwischen den Sträuchern ein Loch geschaufelt. Es war nicht mal klein, und als Rosy sich dem Loch näherte, da wurden ihre Augen immer größer.
»Das gibt es doch nicht!«, flüsterte sie, als sie am Rand des Lochs stoppte.
Tief war es nicht. Gerade mal so tief, um eine Kiste aufzunehmen, die vielleicht achtzig Zentimeter breit war und fünfzig tief. Sie hatte einen glatten Holzdeckel.
Rosy überlegte, was sie tun sollte. Sie hatte keine Ahnung, aber sie wollte wissen, wer hier etwas zu verbergen hatte, und vor allen Dingen interessierte es sie, was sich in der Kiste befand.
Ihre eigentliche Aufgabe hatte sie vergessen. Die lief auch nicht weg. Jetzt war die Kiste wichtig, besonders der Inhalt. Ob der Deckel wirklich fest auf der Oberfläche lag, das musste sie noch herausfinden.
Sie bückte sich. Dann sank sie auf die Knie. Der Boden war weich und gab etwas nach.
In der Umgebung veränderte sich nichts. Es war niemand in der Nähe, der sie beobachtete, und so packte sie mit beiden Händen zu, um den Deckel anzuheben.
Es klappte besser, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie zog einen Nagel mit aus dem Holz, der krumm geworden war, dann konnte sie den Deckel zur Seite legen.
Der Blick war frei!
Im ersten Moment war sie enttäuscht, denn sie sah eigentlich nichts, abgesehen von einem gelblichen Ölpapier. Es lag obenauf und verdeckte den Inhalt, der Rosy immer stärker interessierte. Einen Verdacht, was den Inhalt anging, hatte sie noch nicht. Mit schnellen Handbewegungen schaufelte sie das Fettpapier zur Seite – und hatte freie Sicht.
Sie zuckte zurück. Ein leiser Schrei drang über ihre Lippen, denn was sie sah, war kaum zu fassen.
In der Kiste befanden sich Waffen!
Sekundenlang war sie unfähig, sich zu bewegen. Dann schoss ihr durch den Kopf, dass sie ein Waffenlager entdeckt hatte. Es spielte für sie keine Rolle, wem es gehörte, es war keine Einbildung und auch kein Witz. Vor ihren Augen lagen einige Pistolen und Revolver. Und das war nicht alles. Sie entdeckte in einem Seitenfach einige Handgranaten. Genau fünf waren es. Sie schimmerten dunkel, ebenso wie die Ringe, die man ziehen musste, um sie scharf zu machen.
Rosy Mason war völlig durcheinander. Mir diesem Fund hätte sie nie gerechnet, und sie musste erst mal durchatmen, um mit dem Fund klarzukommen.
Sie dachte auch nicht darüber nach, warum die Kiste hier in der offenen Grube stand, sodass man sie schnell finden konnte. Ihr Blick glitt nur über die Waffen hinweg, und dabei zuckten die Arme automatisch nach vorn. Die Finger krümmten sich, und als sie mit den Kuppen über das Metall strich, zuckte sie noch mal zusammen.
Die Pistolen interessierten sie nicht. Für sie waren die Handgranaten wichtig. Die ersten hob sie an, ließ sie auf ihrem Handteller liegen und wunderte sich darüber, dass sie sich dabei nicht mal unwohl fühlte. Sie steckte die Granate in ihre rechte Manteltasche und ließ eine zweite in der linken verschwinden. So hatte sie für ein gewisses
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