1686 - Kugelfest und brandgefährlich
nicht«, sagte Wladimir. »Es ist durchaus möglich, dass hinter dieser Mörderin eine Organisation steht, die Macht an sich reißen will.«
»Habt ihr denn einen Verdacht?«
»Nur eine Ahnung«, gab Karina zu. »Da ist aber nichts bewiesen. Ich denke da an die Erben Rasputins. Du erinnerst dich, dass wir damit schon mal konfrontiert wurden?«
»Genau.«
»Das würde passen. Diese Erben sind eine geheime Gesellschaft. Ihre Mitglieder streben an die Macht. Selbst bleiben sie im Hintergrund, und nun haben sie jemanden gefunden, der ihnen praktisch den Weg freischießt. Nimm es nicht als Fakt hin, es ist nur eine Theorie, über die wir offiziell noch nicht gesprochen haben. Allerdings können wir uns keine andere Möglichkeit vorstellen. Also müssen wir uns mit dieser Theorie auseinandersetzen und einen Weg finden, um sie zu untermauern. Aber das wird nicht einfach sein.«
»Du hast doch sicherlich schon damit angefangen – oder?«
Karina nickte mir zu. »Ja, das habe ich. Ich habe versucht, meine Beziehungen spielen zu lassen. Ich kenne einige Leute, die mir verpflichtet sind. Das sind Menschen, die auch die Ermordeten kannten.«
»Was haben sie gesagt?«
Karina sah mich an und schüttelte den Kopf. »So gut wie nichts. Es ist ungemein schwer, an sie heranzukommen. Aber ich habe nicht aufgegeben. Bevor du gelandet bist, konnte ich einen ersten Erfolg erzielen. Ich werde mich heute Abend mit einem Mann treffen, der mir hoffentlich etwas über die Hintergründe sagen kann.«
Aus dem Bett meldete sich Wladimir. »He, davon hast du mir nichts gesagt.«
»Entschuldigung, aber die Nachricht war zu neu.«
»Und wer ist es?«
»Oleg Blochin«, sagte sie leise.
Wladimirs Augen wurden für einen winzigen Moment starr. »Der Baulöwe und Makler?«
»Genau der.«
Wladimir atmete laut ein. »Ho, das ist eine verdammt große Nummer im Geschäft.«
»Ich weiß.«
»Wie groß?«, fragte ich.
Golenkow gab mir die Antwort. »Er hat es geschafft, hier der große Sanierer zu sein. Er reißt Häuser ab, baut neue hin und ist ein knochenharter Typ. In der Baubranche wird nicht eben mit Watte geworfen. Da fliegen oft die Fetzen. Aber Blochin hat es geschafft, nach oben zu kommen. Über die Methoden kann man sich streiten, das ist klar. Aber dass er mit uns zusammenarbeiten will, wundert mich. Da muss er schon, wie man so schön sagt, Muffensausen haben.«
»Das weiß ich nicht. Jedenfalls scheint er mir etwas sagen zu wollen. Und ich muss jede Chance nutzen«, sagte Karina.
»Das versteht sich.«
»Und wo trefft ihr euch?«, fragte ich.
Karina verzog die Lippen. »In einem seiner Bauten. Es ist ein Hochhaus, das sich noch im Rohbau befindet. Er hat das Treffen dort vorgeschlagen, und ich musste zustimmen. Ich muss eben jede Chance nutzen, um weiterzukommen.«
»Hat er denn angedeutet, wie er dir helfen kann?«, fragte Wladimir.
»Nein.«
»Das ist schlecht.«
»Ich weiß, muss ihm aber trotzdem vertrauen. Der kleinste Strohhalm ist wichtig. Wir müssen dieses Phantom stellen, bevor es noch mehr Tote gibt. Es hat schon gereicht. Gewisse Leute sind nervös geworden.« Sie wandte sich an mich. »Und ich möchte, dass du dabei bist, John, und mir den Rücken frei hältst.«
»Sicher.«
»Glaubst du, dass dieses Weib dich auf die Liste gesetzt hat?«, fragte Wladimir.
»Davon gehe ich aus. Dich hat sie ausgeschaltet, ich bin noch aktiv. Und ebenso eine Zeugin, wie du ein Zeuge bist. Die muss sich den Weg frei killen.«
Das war nicht schlecht gedacht, auch ich gab das zu und entdeckte zugleich die Sorge in Wladimirs Blick.
»Gebt nur auf eure Köpfe acht, ihr seht ja, was mit mir passiert ist. Das darf sich nicht wiederholen.«
»Wir sind jetzt gewarnt«, sagte ich.
»Das hoffe ich.«
Unser Besuch dauerte bereits eine Weile an. Es war Wladimir anzusehen, dass er ihn angestrengt hatte. Er lächelte zwar, schloss zugleich die Augen, und uns war klar, dass er seine Ruhe brauchte.
»Wir werden dich über alles informieren!«, versprach Karina, beugte sich über ihn und küsste ihn.
Es war der Moment des Abschieds. Leicht vorstellbar, wie schwer es Wladimir Golenkow fiel. Er presste die Lippen hart zusammen, um nicht reden zu müssen.
Meine Hand drückte er fest und schaffte noch einen Abschiedssatz.
»Pass mir auf Karina auf, John. Sie ist manchmal etwas sehr stürmisch.«
»Versprochen.«
»Und achte du auch auf deinen Hals.«
»Das versteht sich.«
Kurze Zeit später hatten wir das Krankenzimmer verlassen.
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