1686 - Kugelfest und brandgefährlich
Strickmütze verschwunden, aber das würde sich ändern. Wladimir wollte dem Killer ins Gesicht blicken, und dafür musste er es freilegen.
Er bückte sich und war bereit, die Mütze vom Kopf der Killerin zu entfernen. Seine Hand näherte sich dem Gesicht, und er sah bereits durch die Schlitze in die Augen, als er in der Bewegung erstarrte.
Die Augen lebten!
Bis ihm klar wurde, dass diese Person nicht tot war, verging kaum mehr als eine Sekunde. In dieser Zeitspanne aber reagierte das Phantom. Der waffenlose Arm der Killerin zuckte angewinkelt in die Höhe. Der Ellbogen erwischte Golenkow. Der Aufprall schleuderte seinen Kopf nach hinten, der Körper geriet auch ins Wanken, und in diesem Augenblick sprang das Phantom in die Höhe, lachte auf und fing an, zu schießen.
Karina Grischin hatte alles gesehen. Auch sie war es gewohnt, innerhalb kurzer Zeit zu reagieren, in diesem Fall jedoch war sie zu sehr überrascht worden. Die Tote war plötzlich lebendig geworden. Trotz ihres unguten Gefühls hatte sie damit nicht gerechnet. Jetzt musste sie den Preis dafür bezahlen.
Den hellen Frauenschrei registrierte sie wie nebenbei. Viel schlimmer waren die Schüsse, die dem Schrei folgten.
Die Maskierte war einen Schritt zurückgegangen, um eine bessere Schussposition zu bekommen. Sie feuerte, vor der Waffe tanzten die kleinen Mündungsflämmchen, und Karina war selten in ihrem Leben so schnell zu Boden getaucht wie in diesem Fall.
Im Liegen schoss sie zurück. Die tödlichen Melodien beider Waffen vermischten sich. Karina hörte das Pfeifen der Kugeln, denn die Killerin hielt zu hoch. Den Fehler beging sie nicht. Trotz der wahnsinnigen Anspannung behielt sie die Ruhe wie auf dem Schießstand, sie schoss, sie traf, sie schoss noch mal, sie traf wieder und wartete darauf, dass das Phantom zusammenbrach.
Es geschah nicht.
Erneut hörte sie das Lachen. Es war gewissermaßen der Startschuss zur Flucht. Plötzlich rannte die Killerin im Zickzack davon, und Karina schossen bestimmte Gedanken durch den Kopf. Sie hatte getroffen, das wusste sie, und eigentlich hätte diese Person auf dem Boden liegen müssen, auch wenn sie mit einer schusssicheren Weste ausgerüstet gewesen wäre. Die hielten die Kugeln zwar auf, aber die Einschläge waren doch so hart, dass die getroffene Person zu Boden geschleudert wurde.
Hier nicht.
Sie rannte weg.
Sie lief im Zickzack. Sie lachte auf, und erneut bekam Karina bestätigt, dass es sich um eine Frau handelte.
So schnell gab eine Top-Agentin wie Karina Grischin nicht auf. Der Vorsprung war zwar angewachsen, aber auch sie war in Hochform und würde alles versuchen, um die Mörderin zu stellen.
Dann hörte sie das Stöhnen.
Karina hatte sich schon mitten im Sprung befunden, als dieses Geräusch von der rechten Seite her an ihr Ohr klang. Und genau dort lag Wladimir Golenkow.
Plötzlich raste ihr Herz. Einen Moment später war die flüchtende Killerin vergessen. Jetzt zählte nur noch Wladimir, der am Boden lag und sich nicht mehr bewegte.
Ihre Knie zitterten, als sie auf ihren Partner zuging. Er lag auf dem Rücken, und es hatte ihn schwer erwischt. Zum Glück konnte er noch etwas von sich geben und war nicht tot. Doch als sie in sein Gesicht schaute, da bekam sie einen Schreck. Es war schmerzverzerrt. Kalter Schweiß bedeckte die Haut. Der Mund war geöffnet, und Wladimir versuchte, etwas zu sagen.
»Bitte, tu jetzt nichts. Bleib nur liegen …«
»Erwischt. Ich bin erwischt worden. Verdammt, es brennt so in meiner Brust und im Rücken.«
Karina hörte gar nicht mehr hin. Sie hielt bereits ihr Handy in der Hand und tippte den Notruf ein. Wladimir brauchte unbedingt ärztliche Hilfe, und das so schnell wie möglich.
Man versprach ihr, so schnell wie möglich da zu sein. Sie wusste auch, dass Zeit verrann, und dass diese Zeit ihr mehr als doppelt so lang vorkommen würde.
Neben Wladimir blieb sie knien. Er hielt jetzt die Augen halb geschlossen. Die Einschusslöcher waren nicht zu sehen, und das wollte Karina auch nicht. Wladimir durfte auf keinen Fall bewegt werden. Es war einfach schlimm, denn es bestand die Möglichkeit, dass er ihr unter den Händen starb.
An das Phantom dachte sie nicht mehr. Es war im Moment uninteressant für sie geworden, aber sie wusste jetzt wenigstens absolut sicher, dass es sich um eine Frau handelte.
Im Moment zählte nur Wladimir Golenkow für sie. Sie beugte sich über ihn und sprach ihn flüsternd an, wobei sie nicht wusste, ob er sie hörte.
»Du
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