1686 - Kugelfest und brandgefährlich
Eindruck, dass der Rest meines Körpers gar nicht mehr vorhanden ist.«
»Das wird schon wieder, mach dir mal keinen Kopf.«
»Danke, dass du gekommen bist.«
»Das werde ich auch noch öfter«, drohte sie ihm an und lächelte dabei.
»Nein, nein, ich will lieber so schnell wie möglich wieder im Büro sitzen.«
»Kannst du sicher.« Sie hauchte ihm zwei Küsse auf die Wangen. »So, ich werde dich jetzt wieder allein lassen.«
»Kümmerst du dich um den Fall?«
»Darauf kannst du dich verlassen. Dieses Phantom wird mir kein zweites Mal entwischen.«
»Bitte, sei vorsichtig. Du weißt, wie grausam diese Person ist. Und sie ist mit allen Wassern gewaschen. Die kennt jeden Trick. Von der könnten wir noch lernen.«
»Lieber nicht.« Karina streichelte noch die Wangen ihres Partners, dann drehte sie sich um und verließ das Krankenzimmer. Es ging ihr jetzt besser, sie konnte wieder lächeln, und das blieb auch auf ihrem Gesicht, als sie den Arzt anschaute, der ihr gefolgt war und leise die Tür schloss.
»Ich habe schon damit gerechnet, dass mein Partner es nicht überstehen würde.«
Dr. Borodin nickte, bevor er zugab: »Es war auch knapp. Wir haben die beiden Geschosse entfernen können, und jetzt kommt es darauf an, wie stark die Konstitution des Patienten ist.«
»Da machen Sie sich mal keine Gedanken. Wladimir ist einer der ganz harten.«
»Ja, das ist gut.«
Karina schüttelte leicht den Kopf. »Wie meinen Sie das?«
Der Arzt senkte den Blick. Er rückte noch nicht mit einer Antwort heraus, räusperte sich und hörte Karinas Frage.
»Was haben Sie, Doktor?«
Borodin holte ein Tuch hervor und wischte Schweiß von seiner Oberlippe.
Karina beobachtete ihn dabei genau. Ihr gefiel das Verhalten des Mannes nicht, und so etwas wie ein ungutes Gefühl stieg allmählich in ihr hoch.
»Wollen Sie mir noch etwas sagen?«
»Das muss ich in der Tat.«
»Dann bitte.«
Dr. Borodin riss sich zusammen. Er sah Karina auch wieder in die Augen und begann, mit leiser Stimme zu sprechen.
»Wir haben Ihrem Partner zwar das Leben retten können, aber er wird wohl einen bleibenden Schaden zurück behalten.«
»Bitte, werden Sie konkret.«
»Eine der beiden Kugeln hat seinen Rücken getroffen. Da wurde ein Wirbel verletzt, und ich fürchte, dass Ihr Partner den Rest seines Lebens in einem Rollstuhl verbringen muss.«
Nein! Nein! Karina hörte sich schreien, in Wirklichkeit schrie sie nicht, denn es waren nur die stummen Schreie, die in ihr hoch gellten.
Sie hatte das Gefühl, im Boden zu versinken, aber sie blieb dennoch stehen. Nur das Schwanken konnte sie nicht vermeiden. Der Arzt fügte noch etwas hinzu, aber Karina hatte das Gefühl, dass er nicht mehr in ihrer Nähe stand, sondern meilenweit entfernt war.
Dann hörte sie sich sprechen. Dabei kam ihr die eigene Stimme selbst fremd vor.
»In einem Rollstuhl?«
»Ja.«
Karina ging zurück. Sie lehnte sich gegen die Wand. Mit einer Hand strich sie durch ihr dunkelbraunes Haar. Sie zitterte am gesamten Leib und auch die Lippen bebten.
»Kann man da denn nichts machen?«, hauchte sie.
Dr. Borodin hob die Schultern. »Ich fürchte nein. Es war ein verfluchter Zufall, dass die Kugel ihn ausgerechnet dort erwischt hat. Der Rollstuhl wird ihm nicht erspart bleiben.«
Karina schüttelte den Kopf.
»Aber Wladimir weiß noch nichts davon – oder?«
»Nein. Es könnte nur sein, dass er etwas ahnt. Gefragt hat er nicht konkret und wir haben ihn auch nicht darauf angesprochen. Es wird wohl noch eine Zeit dauern, bis wir ihm die Wahrheit sagen.«
»Ja, das glaube ich Ihnen.« Sie schüttelte den Kopf. »Es wird einfach grauenhaft für ihn sein, wenn er die Wahrheit erfährt. Das – um Himmels willen – er ist ein Mann der Tat. Er ist einer, der sich seinen Gegnern an der Front stellt. Dass ihm jetzt so etwas widerfahren musste, das ist furchtbar.«
Dr. Borodin schaute Karina an. »Aber er lebt, das sollten Sie nicht vergessen. Es hätte auch anders für ihn kommen können. So haben Sie ihn noch. Ansonsten hätte der Tod ihn Ihnen entrissen.«
»Ja, ich weiß. Ich bin nicht nur privat mit ihm liiert, sondern auch beruflich. Dass er da jetzt aus dem Rennen ist, das muss er erst mal verkraften.«
»Ich denke, dass er es schaffen wird.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.«
»Auf jeden Fall werden wir ihn behutsam darauf vorbereiten. Nicht heute und auch nicht morgen.«
»Danke.«
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
Karina schüttelte den Kopf. »Nein,
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