1686 - Kugelfest und brandgefährlich
beiden blieben dicht an den hohen Containern, die einen feuchten Metallgeruch abgaben.
Zu hören war nichts. Auch weiterhin blieb die Stille ihr Begleiter. Aber sie trauten sich nicht, ihre Lampen einzuschalten. Das Licht wäre zu verräterisch gewesen.
Keiner von ihnen fühlte sich wohl. Das Phantom war für jede Überraschung gut. Es tauchte auf, wenn niemand damit rechnete, und es führte seine Jobs brutal durch.
Karina und Wladimir wussten beide, dass das Phantom zwar allein agierte, aber nicht nur aus reiner Lust am Töten. Dahinter steckte mehr, und dass es ein Auftraggeber sein könnte, lag auf der Hand. Nur wer die tödlichen Jobs an den Killer vergab, dahinter waren selbst die mächtigen Geheimdienste noch nicht gekommen.
Die Augen der beiden hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Sie sahen den schwarzen Boden vor sich und bewegten sich durch ein sehr finsteres Grau.
Und dann entdeckten sie die Unebenheit auf der Erde. Beide brauchten nichts zu sagen. Sie verständigten sich durch Gesten. Karina blieb stehen und deckte ihrem Partner den Rücken. Sie drehte sich dabei auf der Stelle und sorgte dafür, dass ihre Waffe die Bewegungen mitmachte.
Golenkow brauchte kein Licht, um zu erkennen, was da auf dem Boden lag. Er war ein Mensch, und er war tot. Auch in der Dunkelheit schimmerte die Oberfläche der Blutlache. Sie hatte sich um den Hals der Gestalt ausgebreitet.
Deren Kopf war zerschossen worden.
Der Russe schüttelte den Kopf. Wieder einmal bekam er bestätigt, wie grausam die Killerin vorging.
Er glaubte erkennen zu können, dass sich auf der Oberfläche der Blutlache bereits eine dünne Haut gebildet hatte. Demnach war der Mann schon länger tot, und das Phantom hatte Zeit genug gehabt, zu verschwinden. Er dachte daran, dass sie hier einen Job taten, der möglicherweise nichts brachte, weil die andere Seite es vorgezogen hatte, sich zurückzuziehen.
Hier lief alles anders. Für Wladimir war es nicht mehr mit den normalen Maßstäben zu messen. Die Jagd nach dem Phantom war nicht öffentlich gemacht worden. Möglicherweise ein Fehler. Vielleicht wäre es dann anders gelaufen. Auf der anderen Seite wollte man keine Panik erzeugen oder auch Menschen nur beunruhigen. Das Land hatte genug andere Probleme.
»Niemand zu sehen!«, meldete Karina Grischin.
»Bis auf den ersten Toten.«
»Wie kam er um?«
»Durch Kopfschüsse!« Ein leises und hart klingendes Lachen folgte.
»So etwas sieht der Killerin ähnlich. Ich frage mich nur, was sie hier gewollt hat. Container ausladen?«
»Man muss mit allem rechnen.« Wladimir Golenkow erhob sich wieder. Für einen Augenblick zeigte seine Haltung eine gewisse Niedergeschlagenheit. Als stünde er dicht davor, die Brocken hinzuschmeißen. Aber er wusste auch, dass er und Karina weitermachen mussten. Das waren sie der Gesellschaft schuldig.
»Bei mir ist alles normal«, meldete Karina.
»Dann suchen wir weiter.«
Sie ging auf ihren Partner zu. »Und? Was sagt dir dein Gefühl?«
»Frag lieber nicht. Vorhin habe ich daran gedacht, den Job einfach aufzugeben.«
»Kann ich verstehen.«
Sie hatten das Ende des Gangs noch nicht erreicht. Vor ihnen lag der Hafen. Das Wasser war zu riechen. Die Aufbauten der Kräne ragten wie Fremdkörper in den Himmel. Starre Monsterarme, die darauf warteten, bewegt zu werden.
»Okay, ziehen wir es durch.« Wladimir nahm sofort wieder seine alte Position ein. Das tat auch Karina, und wenn sie in sich hineinlauschte, hatte sie den Eindruck, dass noch längst nicht alles hinter ihnen lag.
Der große Hammer stand ihnen noch bevor. Das Phantom war eiskalt genug, sie in eine Falle laufen zu lassen.
Wer verbarg sich dahinter?
Diese Frage hatte sich auch Karina oft genug gestellt, nur eine Antwort hatte sie nicht bekommen. In ihrem Leben hatte sie schon einiges durchgemacht. Sie hatte sich mit Menschen und menschenähnlichen Wesen herumgeschlagen, aber auch mit Vampiren oder Werwölfen und anderen Monstern. So war es beinahe eine Folge davon, dass Karina auch daran dachte, das Phantom in diese Kategorie einzustufen. Einen Beweis hatte sie dafür nicht, aber die Schläue und Raffinesse dieser Person ließ diese Gedanken schon aufkommen.
Weiterhin ragten neben ihnen die Wände aus Metall hoch. An ihren Geruch hatten sie sich gewöhnt, und wenn sie nach vorn schauten, war das Ende der Containerreihen zu sehen. Dahinter war es weniger dunkel. Es war noch eine freie Ladefläche vorhanden, erst dahinter schimmerte das Wasser des
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