169 - Die Drachenmenschen
Waldes waren ohnehin zu vielfältig, als daß man sie auseinanderhalten konnte. Eine Affenherde schien sich in der Nähe niedergelassen zu haben. Die Tiere schimpften und zeterten ohne Unterlaß.
Dorian saß auf der Motorhaube des Suzuki 413 long und hatte sich eine Players angesteckt. Der Rauch hielt die blutsaugenden Insekten fern, die er über dem Wasser, im silbernen Schein des Mondes, schwärmen sah.
Trotz der Anspannung, die von ihm Besitz ergriff, tat die Einsamkeit gut; er hatte Zeit, über vieles nachzudenken. Vielleicht täuschten Coco und er sich sogar, und Feodoras Versuche, mit Hilfe ihrer parapsychischen Kräfte Lucio aufzuspüren, konnten ihnen nicht schaden. Andererseits gab ihr Verhalten von vorhin zu denken. Daß Feo Cocos ausdrückliche Bitte, vorsichtig zu sein, in den Wind geschlagen hatte, stand fest. Nur - was hatte sie derart in Schrecken versetzt? Im Augenblick schien sie fest und friedlich zu schlafen.
Mit dem letzten Rest der Zigarette steckte Dorian den nächsten Glimmstengel an. An die Windschutzscheibe gelehnt, richtete er sich nur hin und wieder auf, um sich nach allen Seiten umzublicken. Zu sehen war ohnehin herzlich wenig.
Erbarmungslos langsam rückte der Minutenzeiger vor. Nichts geschah, nur die Kippen im Sand häuften sich.
Hätte der Dämon nicht längst angegriffen, wenn er wirklich aufmerksam geworden wäre? Es gab keine zuverlässige Antwort. Vielleicht lauerte der Gegner auch nur auf einen günstigen Augenblick, um zuzuschlagen.
Es war still geworden. Zumindest in der Nähe schwiegen die Tiere. Alle weiter entfernten Geräusche drangen lediglich als verhaltenes Raunen heran.
Dorian konnte sich eines leichten Schauders nicht erwehren. Etwas Unheimliches lauerte am Waldrand. Anders war die plötzliche Stille nicht zu erklären.
Das Gewehr im Anschlag, schwang der Dämonenkiller sich von der Motorhaube. Vergeblich versuchte er, in der Schattenwand des Waldes eine Veränderung auszumachen. Düsteren, schweigenden Gestalten gleich ragten die Baumriesen in den Himmel.
Jeder seiner Schritte knirschte überlaut in Dorians Ohren. Er öffnete den Geländewagen. Gleichmäßige Atemzüge verrieten ihm, daß die beiden Frauen schliefen.
„Coco", raunte er, und dann noch einmal. Seine Gefährtin war sofort hellwach.
„Rian, was ist los?"
„Komm raus!"
Sie schwang sich über die Kante des Laderaums und stutzte. Ihr Innehalten war gar nicht mißzuverstehen.
„Richtig", sagte Dorian. „Kannst du dir darauf einen Reim machen? Die Stille ist höchstens ein bis zwei Minuten alt."
Coco griff hinter sich, nach einem Dämonenbanner. Mit dem Ringfinger der rechten Hand zeichnete sie magische Zeichen auf das fein ziselierte Jadestück und warf es schwungvoll von sich.
Dorian sah zu, wie der Dämonenbanner leicht zu glühen begann - ein irisierender Punkt inmitten der Schwärze, der sich zielstrebig dem Waldsaum näherte.
Langsam hob Coco die Hände, beeinflußte mit ihren magischen Kräften den Flug des Dämonenbanners, der unvermittelt in die Höhe stieg und dann pfeilschnell auf etwas herabstieß, was Dorian nicht erkennen konnte.
Coco ließ einen überraschten Ausruf vernehmen. Das Jadestück begann sich aufzulösen. Es haftete an einem durchscheinenden kugelförmigen Gebilde von gut zwei Metern Durchmesser, das aus dem Unterholz hervorschwebte.
„Eine magische Kugel. Jemand sucht nach uns."
Es hatte wenig Sinn, das Gewehr hochzureißen und auf das kaum wahrnehmbare Fluoreszieren zu schießen.
„Unser Freund wird sich wundern."
Coco griff nach dem erbsengroßen, farblosen Kügelchen, das sie stets bei sich trug. Indem sie es sanft zwischen Daumen und Zeigefinger drehte, brachte sie es schnell auf die erforderliche Körpertemperatur.
Sie konzentrierte sich.
Dorian wußte, daß nun eine magische Brücke zwischen ihr und der fremden Kugel wuchs.
Ruckartig schloß Coco die Augen.
Ein verhaltenes Stöhnen drang über ihre Lippen. Irritiert öffnete sie die Lider wieder.
Die große Kugel schwenkte auf die Sandbank ein. Gleichmäßig schwebte sie gut einen Meter über dem Boden dahin. In Kürze würde sie wieder gänzlich unsichtbar sein, denn das Fluoreszieren des Dämonenbanners verblaßte merklich.
Coco stieß eine Verwünschung aus. Noch einmal konzentrierte sie sich, verkrampfte sich regelrecht, als sie erneut die Augen schloß.
Diesmal war der Erfolg sichtbar. Die fremde magische Kugel verfärbte sich gedankenschnell, wurde dunkel und verschwand.
„Wer immer
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