1696 - Blutbeute
Nähe.
Nicht mal drei Sekunden später betrat er das Wohnzimmer. Er sah mich nicht, schob sich an mir vorbei.
Noch einen Schritt, dann blieb er stehen.
Ich befand mich in seinem Rücken, hob den rechten Arm mit der Waffe und wollte ihn ansprechen, als ich aus dem Flur einen wütenden Schrei hörte.
Der Typ vor mir fuhr herum.
Im nächsten Augenblick war alles anders …
***
Suko hatte das Glück auf seiner Seite. Er schien es in dieser Nacht gepachtet zu haben, denn den Eindringlingen war nicht aufgefallen, dass die Tür nicht hinter ihnen ins Schloss gefallen war. Sie waren zu sehr von sich überzeugt.
Suko wartete ab. Er hatte den rechten Fuß vorgestellt, so konnte er die Tür offen halten.
Er sah nichts. Er hörte nur etwas, wenn auch sehr leise. Zunächst tat sich nichts, und Suko zog die Tür etwas weiter auf, um in die Wohnung zu schauen.
Er sah die beiden Männer noch im Flur stehen. Sie unterhielten sich dort und schmiedeten wahrscheinlich erste Pläne. Möglicherweise waren sie auch darüber irritiert, dass aus der Wohnung keine Geräusche an ihre Ohren drangen.
Dann trennten sie sich.
Der eine ging vor, der andere Typ wandte sich einer zweiten Tür zu. Er tat es in dem Moment, als Suko die Wohnungstür ganz öffnete.
Beide waren gleich überrascht. Der Eindringling mehr als Suko, denn er konnte einen Schrei nicht unterdrücken.
Das war der Augenblick, in dem Suko die Tür nach innen rammte und die Wohnung betrat …
***
Jane Collins war alles andere als glücklich darüber, in ihrem Haus bleiben zu müssen. Letztendlich war es die beste Möglichkeit gewesen, das gab sie selbst zu. Und irgendwie spielte auch Justine Cavallo eine Rolle, wenn auch bisher nur indirekt.
Jane wartete auf die blonde Vampirin. Sie ging davon aus, dass Justine noch in dieser Nacht erscheinen würde. Die Blutsaugerin war in der dunklen Zeit oft unterwegs, doch die Tage verbrachte sie meist im Haus, in dem sie sich sicher fühlte.
Sie war allein. Sie war nervös. Ging hin und her. Sie dachte mehrmals daran, John Sinclair anzurufen, verwarf den Gedanken allerdings wieder, denn sie befürchtete, etwas Falsches zu tun. So blieb ihr nur das Warten.
Die Tür zu Justines Zimmer ließ sie offen, wobei der Begriff Zimmer nicht so recht passte. Durch den dunklen Anstrich an den Wänden glich der Raum mehr einer Höhle. Er enthielt als Möblierung nur einen Schrank und ein Bett. Justine reichte das.
Jane Collins erfuhr nur höchst selten, wo sich diese Person in der Nacht herumtrieb. Auf Fragen erhielt sie so gut wie keine Antworten und deshalb hatte sie es sich auch abgewöhnt, Justine damit zu löchern. Es war ihr zudem egal, wann sie kam oder ob sie die Nächte über wegblieb. In diesem speziellen Fall allerdings wünschte sie sich, die Blutsaugerin in ihrer Nähe zu haben.
Herbeizaubern konnte sie Justine nicht. Es blieb allein das Warten, und Jane hoffte, die Stunden der Nacht nicht in Justines Zimmer verbringen zu müssen.
Sie hatte Glück. Da die Türen nicht geschlossen waren, vernahm sie von unten her die Geräusche. Sie waren normal. Jane brauchte sich nicht auf eine Gefahr einzustellen. Sie stand nur auf, ging aus dem Zimmer und baute sich an der Tür auf, wo sie nicht übersehen werden konnte. Zudem brannte das Flurlicht.
Viel war von Justine Cavallo nicht zu hören. Sie bewegte sich fast lautlos, kam dann auf die Treppe zu, hatte den Blick erhoben und wollte die erste Stufe nehmen, als sie wie angewurzelt stehen blieb und einfach nur hoch starrte.
Jane Collins bewegte sich nicht. Beide Frauen starrten sich an.
Die Vampirin sah aus wie immer. Für eine Reihe von Männern war sie der zu Fleisch gewordene Sextraum. Sehr blond, sehr gut bestückt. Zudem trug sie stets eine dünne Kleidung aus Leder, dessen Oberteil tief ausgeschnitten war.
Jane konnte nicht sagen, wie lange sie nur geschaut hatte. Irgendwann war Schluss, da sagte sie: »Da bist du ja endlich.«
»Und?«
»Komm hoch!«
»Das wäre ich sowieso. Aber warum stehst du hier wie eine Mutter, die ihr Kind ausschimpfen will, weil es zu spät gekommen ist?«
»Komm einfach nur hoch.«
»Mach ich sowieso.« Die Cavallo brachte die Stufen mit federnden Schritten hinter sich und schob sich dann an Jane vorbei.
»Ich habe mit dir zu reden«, sagte Jane.
»Dachte ich mir. Und worum geht es?«
»Warte auf mich.« Jane ging in ihre kleine Wohnung. Sie schaute sich nicht um, weil sie wusste, dass die Cavallo ihr folgen würde. Sie war zwar eine
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