1696 - Blutbeute
Blutsaugerin, aber sie besaß auch menschliche Eigenschaften. Dazu gehörte die Neugierde.
Jane ließ sich nicht nieder. Sie erwartete Justine stehend und mit in die Seiten gestützten Fäusten.
»Sie sind wieder da!«
»Und wer?«
»Unsere Freunde, die Halbvampire.«
Bisher hatte die Vampirin nicht reagiert. Jetzt aber horchte sie auf und in ihrem glatten Gesicht zeichnete sich ein erstaunter Ausdruck ab.
»Waren sie hier?«
»Ich denke schon.«
»Und was wollten sie?«
Jane musste lachen. »So genau kann ich dir das nicht sagen, aber wenn ich recht darüber nachdenke, kam es mir wie ein Friedensangebot für dich vor.«
Die Cavallo winkte ab. »Friede mit mir? Das glaubst du doch selbst nicht. Nicht mit Mallmanns Erben. Man hat dich reinlegen wollen oder mich auch, das schwöre ich dir.«
»Ich denke nicht.«
Justine schaute Jane an. Sie sah ihr an, dass sie keinen Spaß machte. Sie nickte. »Okay, wenn du so überzeugt bist, dann höre ich dir gern zu.«
»Das solltest du auch.« Jane ließ sich auf einer Sesselkante nieder. Dann begann sie mit ihrem Bericht, der die Blutsaugerin in Erstaunen versetzte. Justine unterbrach Jane nicht, sie lachte nur einige Male auf und fragte dann: »War das alles?«
»Reicht das nicht?«
»Schon.« Die Cavallo warf ihren Kopf nach hinten und schüttelte das blonde Haar. »Man hat mir also ein Geschenk machen wollen. Eine junge Frau, die von den Halbvampiren angegriffen wurde, deren Blut man getrunken hat und die vor deiner Tür lag?«
»So war es.«
»Man weiß also, wo ich wohne. Da die andere Seite mir Nahrung bringen wollte, muss also noch genügend Blut in den Adern dieser Judy Simmons fließen, um mich ebenfalls zu sättigen. Ist es das, was du mir sagen wolltest?«
»Ja. So sehe ich es jedenfalls.«
»Sehr freundlich von den Halbvampiren. Wie besorgt sie um mich sind! Sie werden dafür alles daransetzen, dass ich immer genug Nahrung bekomme, damit ich die Feindschaft zwischen uns begrabe.«
»Das ist wohl der Fall.«
Wieder legte Justine den Kopf zurück. Sie schickte der Decke ein meckerndes Lachen entgegen. »Das ist verrückt. Das ist völlig abgefahren …«
»Für sie offenbar nicht.«
»Stimmt, Jane. Aber wer ist sie? Kannst du mir sagen, wer dahintersteckt?«
Jane zuckte mit den Schultern. »Abgesehen davon, dass es Halbvampire sind, wurde Judy Simmons von einer Frau angegriffen.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Judy wusste keinen Namen. Die Frau hatte ein Messer, fügte ihr eine Wunde zu und trank das Blut, das aus ihr hervorquoll. Danach legte man sie mir vor die Tür. Von dem Anruf habe ich dir ja erzählt. Allerdings konnte Judy Simmons die Frau beschreiben, die ihr das angetan hat. Es ist möglich, dass du etwas damit anfangen kannst. Vielleicht ist sie dir schon mal über den Weg gelaufen.«
»Lass hören.«
Viel konnte Jane ihr nicht sagen, und die Beschreibung löste in Justine keine Erinnerung aus. Sie schüttelte den Kopf und erklärte, dass sie diese Frau nicht kannte.
»Das ist schlecht.«
»Aber es geht doch weiter.«
Jane nickte. »Sicher. John Sinclair hat sich anschließend um Judy gekümmert, das sagte ich dir schon. Er spielt ihren Leibwächter. Beide wollten zu Judys Wohnung.«
»Wie lautet die Adresse?«
»Willst du hin?«
Die Cavallo grinste scharf, bevor sie sagte: »Ja, du hast mich scharf gemacht. Erstens muss ich die Kreaturen Mallmanns in ihre Schranken weisen, und dann bin ich auf eine Person gespannt, die dieser Judy Simmons Blut ausgesaugt hat.«
»Wo sie sich aufhält, weiß ich nicht. Aber John – nun ja, du kannst ihn ja anrufen.«
»Danke, darauf verzichte ich. Viel besser finde ich es, wenn ich als große Überraschung auftauche.« Sie wies auf Jane. »Wie ich dich kenne, wirst du ihn warnen, wenn ich unterwegs bin.«
»Daran denke ich tatsächlich.«
»Es ist mir egal. Wo genau ist das noch mal?«
Sie erhielt von Jane die Auskunft.
»Gut, dann bin ich unterwegs.«
Schnell war die Cavallo aus dem Zimmer verschwunden.
Sie und Jane waren nicht eben Freundinnen, aber es gab Situationen, da mussten sie zusammenhalten – besonders dann, wenn es um die Halbvampire ging, denn sie waren Justines Todfeinde …
***
Er sah mich, ich sah ihn!
Und er sah die Waffe in meiner Hand, die auf seinen Kopf zielte. Er war zwar kein normaler Vampir, doch der Keim steckte in ihm. Und es gab Waffen, die ihn töten konnten. Ich hatte es schon erlebt. Auch mein Kreuz war für diese Wesen tödlich, und im
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