1696 - Blutbeute
Schmerzen!
***
Meinem Gegner war alles egal. Er wollte mich am Boden haben. Er wollte, dass ich blutete, um sich an meinem Lebenssaft laben zu können. Eine Waffe besaß er nicht. Er versuchte es mit bloßen Händen.
Ich hätte schießen und ihn tödlich treffen können. Das allerdings tat ich nicht, denn irgendwie war er für mich noch ein Mensch. Als er auf mich zusprang, schaffte ich es, meinen rechten Arm sinken zu lassen. Die Waffe hielt ich fest, und die rammte ich ihm in den Unterleib.
Sie wühlte sich in die weiche Masse. Tief drückte sie hinein. Ich hörte das würgend klingende Geräusch. Er riss den Mund sperrangelweit auf, und ich riss den linken Arm hoch, den ich angewinkelt hatte.
Mein Ellbogen traf das Kinn des Halbvampirs.
Der zuckte hoch, als wollte er abheben. Aber er torkelte nach hinten, stieß gegen einen Sessel und fiel über ihn, wobei er das Möbelstück noch umriss.
Auf dem Rücken blieb er liegen. Aus seinem Mund drang ein Jaulen, dann rollte er sich zur Seite und schließlich auf den Bauch, sodass ich auf seinen Rücken schaute.
Er kam wieder hoch.
Schneller, als ich erwartet hatte. Und er hielt plötzlich etwas in der Hand, das ich zuerst nicht erkannte, dann aber im Licht der Wohnzimmerbeleuchtung in seiner Faust aufblitzte.
Es war ein Messer!
Sofort griff er an. Die Distanz zwischen uns war nur gering. Ausweichen konnte ich schlecht, denn er holte halbkreisförmig aus, um mich mit der Klinge zu treffen.
Ich schoss.
Die Beretta hatte ich dabei gesenkt, denn ich wollte ihn nicht tödlich treffen.
Die Kugel jagte in seinen rechten Oberschenkel. Sein Angriff wurde schlagartig gestoppt. Plötzlich riss er die Augen weit auf. Auch sein Mund blieb nicht mehr geschlossen. Das Messer fiel ihm aus der Hand, dann brach er langsam in die Knie. Er setzte sich auf den Boden, als hätte ihm jemand den Stuhl unter dem Hintern weggezogen.
So blieb er hocken. Beide Hände um seinen rechten Oberschenkel geklammert.
Aus dem Flur hörte ich Sukos Stimme.
»Alles okay, John?«
»Nicht ganz. Und bei dir?«
»Ebenfalls. Aber eine Gefahr besteht nicht mehr.«
»Bei mir auch nicht.«
»Ich denke, du solltest dir die Sache trotzdem mal ansehen, John, sie ist es wert.«
Wenn Suko so redete, war es besser, seinem Wunsch Folge zu leisten. Das Messer nahm ich mit, und als ich einen Blick in den Flur warf, da weiteten sich meine Augen, denn mit einem Anblick wie diesem hatte ich ganz und gar nicht gerechnet …
***
Ich blickte auf eine offene Badezimmertür. Auf der Schwelle stand eine leichenblasse Judy Simmons und hielt sich am Türpfosten fest. Ihre Augen waren weit geöffnet.
Sie starrte auf den Halbvampir, der auf dem Rücken lag und dessen Hände über seinem Gesicht schwebten. Sie waren dabei, sich zu verändern.
Normalerweise war seine Haut wie bei jedem normalen Menschen. Das war nun nicht mehr gegeben. Der Halbvampir stierte auf zwei Hände, die ihre gesunde Farbe verloren, grau wurden und sich offensichtlich im Zustand der Verwesung befanden.
Immer mehr verlor die Haut an Straffheit. Die Hände sahen aus, als wären sie mit Asche gepudert worden, und diese Asche fraß sich immer tiefer, wobei sie sich ausbreitete und schon die Handgelenke erreicht hatte.
»Wie kam es dazu?«, flüsterte ich.
Suko lachte kurz auf und erwiderte: »Das ist ganz einfach. Er hat etwas Falsches angefasst.«
Ich sah die Dämonenpeitsche in seiner Hand. »Etwa sie?«
»Genau.«
»Na denn«, flüsterte ich und drehte mich um. »Bitte, Suko, sieh dir an, was mit dem zweiten Halbvampir geschehen ist. Ich weiß es auch noch nicht, befürchte aber das Schlimmste.«
Suko warf einen letzten Blick auf den Mann. Judy Simmons war auch noch da. Sie hatte ihren Platz verlassen und schob sich an dem Halbvampir vorbei. Sie folgte uns nicht, und so betraten wir nur zu zweit das Wohnzimmer.
Zunächst sah alles normal aus. Abgesehen davon, dass ein Mann auf dem Boden lag.
»Ich hörte einen Schuss«, sagte Suko.
»Ja. Ich schoss ihm ins Bein.«
Er nickte nur. Nach dem nächsten Schritt blieben wir beide stehen und blickten auf den am Boden liegenden Mann, der sein rechtes Bein hielt. Am Oberschenkel war der Hosenstoff beschädigt. Er zeigte ein Loch, aber die Hände umklammerten es nicht mehr. Sie waren weiter nach unten gerutscht.
Da sich der Mann nicht bewegte, fragte Suko: »Ist er tot?«
»Er hat nur den Beinschuss.« Ich konnte Sukos Frage nachvollziehen, denn am Halbvampir war kein Lebenszeichen zu
Weitere Kostenlose Bücher