1697 - An Bord der STYX
Sie spürten es bereits seit der Landung auf Achtzehn, daß die Stunde der Entscheidung gekommen war. Lediglich die Aktivitäten der Spindelwesen stellten noch ein Hindernis dar. Sie mußten abwarten. Der Weg in die Freiheit war blockiert, doch es konnte nicht lange dauern, bis sich eine Entscheidung anbahnte. Achtzehn stellte die einzige Möglichkeit für sie dar, sich aus der fürsorglichen Umklammerung der Söldnerin zu befreien. „Ich hab‘ Angst", kam es gepreßt über Milas Lippen. Nadja versuchte ein aufmunterndes Lächeln. „Solange wir zusammen sind, gibt es dafür keinen Grund." Sie hob die Schultern an. „Außerdem stehen wir nicht unter Zeitdruck, wir nicht. Und wir werden schaffen, was wir vorhaben." Mila versuchte auch ein Lächeln. Es war verkrampft, sie wollte sich selbst Mut machen. „Du hast ja recht, Nadja", sagte sie.
Die Zwillinge wußten, daß sie von Moira wahrscheinlich rund um die Uhr beobachtet wurden; also mußten sie ihre Worte mit Bedacht wählen. Wenn sie fliehen wollten, brauchten sie ihre SERUNS, das war beiden klar. Und Moira würde sofort mißtrauisch werden, wenn sie ihre Anzüge anlegten.
Aus diesem Grund warteten sie einen Zeitpunkt ab, an dem sie davon ausgehen konnten, daß die Söldnerin ihr Augenmerk ganz auf die Spindelwesen richtete. Als sie Moira schließlich den Zugang zum Tal der Farben abrangen, war der Moment da. Es genügte ein kurzer Blick, mit dem sie sich verständigten. Sie schlüpften in die SERUNS und verließen den Kabinentrakt. Vor der Tür zu Alaskas Behausung blieb Mila kurz stehen, aber Nadja schob sie weiter und schüttelte den Kopf.
Es ist besser, wenn er nichts weiß. Sein Verhalten würde sich ändern, und Moira wäre gewarnt. Sie verließen das Schiff. Kein Automat hinderte sie. Die Schiffscomputer zeichneten den Vorgang auf, mehr nicht. Es war ungewöhnlich, aber es paßte zur derzeitigen Situation auf Achtzehn. Die beiden Frauen flogen davon. Sie hielten sich, bezogen auf die Rotation und die Achsneigung des Planeten, nach Westen, also weg von der STYX und dem Tal der Farben, das von ih nen aus gesehen im Nordosten lag. Sie drangen bis zu der unsichtbaren Grenze vor, die vom Dunkelfeld der STYX gebildet wurde. Ein Signal, das sie vom Schiff über ihre Pikosyns erreichte, zeigte ihnen an, daß knapp zweihundert Meter weiter das Schutzfeld endete. Sie änderten den Kurs, flogen nach Norden und am Rand des Feldes entlang. Daß sie sich dabei ihrem eigentlichen Ziel näherten, ließ sich nicht vermeiden. Irgendwo jenseits einer fruchtbaren Ebene landeten sie und setzten sich ins Gras. Sie öffneten die Helme. „Wir wagen es", sagte Nadja, nachdem sie alle Übertragungssysteme der beiden Schutzanzüge ausgeschaltet hatte. „Bis zum Tal der Farben ist es nicht weit. Wir werden uns verbergen. Die Spindelwesen werden unsere Anwesenheit nicht bemerken. Wie ich Moira kenne, versucht sie gerade, die Wesen vom Eingang in das Höhlensystem fernzuhalten. Wir besitzen einen unschätzbaren Vorteil - wir wissen genau, wo der Eingang ist."
„So genau habe ich mir das nicht gemerkt. Vergiß es."
„Aber ich. Es ist kein Problem für mich, die Stelle wiederzufinden und den Weg zum Höhleneingang zurückzugehen."
„Gut. Wir versuchen es.
Im Innern des Höhlensystems sind wir vorerst sicher. Zumindest so lange, wie uns die Spindelwesen nicht suchen."
„Sie haben nur ein Ziel: den Schacht mit dem Übergang. Um den Rest des Labyrinths werden sie sich nicht kümmern.
Komm jetzt." Nadja sprang auf und gab dem Pikosyn einen Befehl. Der miniaturisierte Syntron schwieg und ließ sich durch nichts aktivieren. Nadja fluchte verhalten. „Sie hat es gemerkt. Sie hat uns von Anfang an durchschaut. Was jetzt?" Mila zuckte mit den Achseln. Sie blickte sich um und deutete dann nach Osten. Keine zwanzig Meter von ihnen entfernt standen zwei Frauen. Eine winkte ihnen gebieterisch. „Spindelwesen", murrte die Spiegelseherin. „Sie befinden sich innerhalb des Tarnschirmes, den Moira um die STYX errichtet hat. Das bedeutet nichts Gutes. Sieht so aus, als hätten die beiden auf uns gewartet."
„Kommt her zu uns", vernahmen sie eine ungeduldige Stimme. „Die Systeme eurer Anzüge sind lahmgelegt. Gegenwehr ist sinnlos. Wenn ihr was versucht, wenden wir Gewalt an." Die Zwillingsschwestern blickten sich stumm an. Ihre Schultern sanken herab. Langsam setzten sie sich in Bewegung.
Die Kabinen waren leer, der Automat desaktiviert. „Wo sind die Zwillinge?" Das Schiff und
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