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17 - Das Konzil der Verdammten

17 - Das Konzil der Verdammten

Titel: 17 - Das Konzil der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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kurzem begegnet.«
»Er ist einer unserer Steinmetze. Ein begnadeter Handwerker.«
»Stammt er aus dieser Gegend?«
»Ob er Burgunde ist? Ja, ist er. Warum?«
»Ich denke mir, ein Steinmetz könnte in einer Stadt wie dieser eine gute Entlohnung verlangen und würde nie ohne Arbeit sein. Vermutlich aber wollte er in religiösem Eifer unserem Glauben dienen.«
»Ganz so ist das nicht. Fromm und ergeben ist er eigentlich nicht. Er ist stolz auf seine Stadt und sein Volk. Ich fürchte, dieser Stolz wird ihm eines Tages noch Ungelegenheiten bringen.«
Eadulf hob fragend eine Braue, und der Verwalter wurde vertraulich. »Unser Bischof ist Franke, wie ich dir erzählt habe, und pflegt gute Beziehungen zum Herrscherhaus. Bruder Andica fällt es mitunter schwer, seinen Stolz zu bändigen. Einoder zweimal hat der Bischof ihm schon Vorhaltungen machen müssen wegen respektloser Äußerungen über unsere fränkischen Herrscher.«
»Es gibt Leute, denen geht ihre Herkunft über alles.«
»Ein jeder von uns kann auf sein Volk stolz sein, aber wenn wir in einer religiösen Gemeinschaft dienen, dann dienen wir doch allen Menschen, dann ist die Christenheit gewissermaßen unsere Nation.«
»Und doch fällt es vielen schwer, den Stolz auf ihr eigenes Volk zu überwinden; wir brauchen nur an Cadfan und Ordgar zu denken.«
Der Verwalter überlegte ein wenig. »Jetzt, da ihnen erlaubt wurde, sich auch außerhalb ihrer Gemächer zu bewegen, schreiten sie in der Abtei auf und ab wie ruhelose Bestien. Ich war einmal in Rom und habe da Löwen im Käfig gesehen, Großkatzen, die man aus irgendeinem Winkel der Erde dorthingebracht hatte. So kommen mir jedenfalls der Abt und der
Bischof vor. Bislang haben sie einander gemieden. Ich hoffe
inständig, dass ihr bald die Entscheidung trefft, wer der Schuldige ist, bevor noch ein Mord geschieht.«
»Noch ein Mord?«
»Ich bin sicher, wenn die aufeinander treffen, bringt einer
den anderen um.«
»Ganz so einfach lässt sich eine Entscheidung nicht erzwingen. Es geht darum, die Wahrheit herauszufinden.« »Seid ihr der Wahrheit wenigstens nähergekommen?« »Es braucht seine Zeit.«
»Ah ja, tempus omnia revelat «, intonierte Bruder Chilperic
frommen Sinnes. »Die Zeit enthüllt alles. Das ist eine gesunde
Einstellung Bruder Eadulf, doch mitunter können Ergebnisse
und erst recht Menschen nicht länger warten. Ich meine das
ernst, Bruder. Es könnte der Augenblick kommen, da der Bischof euch erklärt, ›Folgt dem Rat, den Horaz uns in seinen
Epistulae gab.‹«
Eadulf kramte in seinem Gedächtnis. »Ich fürchte, ich weiß
damit nichts anzufangen.«
»Ihr habt genug gespielt, habt genug gegessen und getrunken«, zitierte Bruder Chilperic spöttisch.
»Willst du mich warnen? Beabsichtigt er, unseren Nachforschungen ein Ende zu setzen?«
»Verbum sat sapienti« , erwiderte der Verwalter selbstgefällig. Dem Weisen genügt ein Wort.
»Will er nicht wissen, wer der Schuldige ist?«
»Es ist ihm wichtiger, dass dieses Konzil zusammentritt und
die von Rom erwarteten Beschlüsse fasst. Nur weil ihr dem
Nuntius Peregrinus bekannt seid, bezähmt der Bischof seine
Ungeduld … gegenwärtig jedenfalls. Aber er meint, wir können nicht ewig warten.«
»Ewig wird es auch nicht mehr dauern«, erwiderte Eadulf gereizt. »Sobald wir die Wahrheit kennen, halten wir nicht mit ihr zurück.« Er drehte sich um und verließ das scriptorium ohne ein weiteres Wort.
Draußen stieß er auf Bruder Sigeric, der gerade hineingehen wollte. Doch Eadulf zog die Tür entschlossen zu und erklärte dem verdutzt dreinschauenden Schreiber: »Da drin arbeitet Bruder Chilperic.«
»Dann gehen wir lieber woanders hin, wo wir ungestört miteinander reden können«, schlug Bruder Sigeric sofort vor.
Sie begaben sich auf den Innenhof der Abtei und blieben beim Brunnen mit dem Wasserspiel stehen. »Du hast noch einmal mit der Äbtissin gesprochen. Hat sie dir den Brief gezeigt, den Valretrade hinterlassen hat?«
»Die Buchstaben trugen nicht die Merkmale, wie du sie uns beschrieben hast.« Eadulf nahm das Täfelchen aus Birkenrinde aus seinem marsupium und reichte es Bruder Sigeric. »Sämtliche Abschiedszeilen der verheirateten Frauen, die die Gemeinschaft verlassen haben, stammen von ein und derselben Hand.«
»Hab ich es doch gewusst! Valretrade hat das nicht geschrieben«, sagte der junge Mann nach einem flüchtigen Blick auf die Birkenrinde. »Das kann ich beschwören.« Besorgt fragte er: »Was können sie mit ihr angestellt haben? Du

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