17 - Das Konzil der Verdammten
Totenstille breitete sich
aus, der Staub ringsum begann sich zu legen.
Fidelma löste sich von dem Pfeiler, der ihr vor dem stürzenden Steingebilde Schutz geboten hatte, und tastete sich durch Staub und Schutt.
»Eadulf!«, schrie sie angsterfüllt. Sie hörte ihn husten, beugte sich zu ihm hinunter und wischte ihm den Schmutz von Augen und Mund. »Bist du verletzt, wie fühlst du dich?«
Er brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Richtig gut nicht.«
Sie atmete erleichtert auf, während er sich mühsam aufrichtete.
»Wo tut’s weh?«, fragte sie besorgt, als er plötzlich zusammenzuckte.
»Hinten am Bein, an der Wade. Da hat mich offenbar ein Stein getroffen.«
Fidelma schaute sich um. Unmittelbar neben ihm lag ein großer Marmorbrocken.
»Ein Wunder, dass das Ding dich nicht erwischt hat«, sagte sie und zeigte darauf.
Eadulf blinzelte, um den Staub von den Augenlidern zu bekommen, und sah genau hin. »Das ist der Kopf von einer der Statuen da oben«, erklärte er verwundert.
Fidelma blickte hoch zu der Nische unter dem Bogen, die direkt über ihnen war. »Nicht nur der Kopf, eine ganze Statue war das«, berichtigte sie ihn. »Sie hätte dich fast erschlagen. Sieh, da ist der Sockel, auf dem sie gestanden hat.«
Eadulf schüttelte sich. »Ganz schon gefährlich«, murmelte er. »Wir sollten machen, dass wir von hier fortkommen, ehe noch mehr herunterfällt. Die Statuen da oben haben etliche hundert Jahre auf dem Buckel.«
Inzwischen hatte sich Fidelma sein verletztes Bein näher betrachtet. »Du hast da eine grässliche Platzwunde und musst sofort zu Bruder Gebicca. Kannst du aufstehen?«
»Ich versuch’s. Gebrochen ist wahrscheinlich nichts.« Er griff nach Fidelmas Arm, stützte sich mit einer Hand gegen die Mauer und schob sich langsam hoch. Sowie er das Bein belastete, hatte er heftige Schmerzen.
Unvermutet erschien Bruder Benevolentia in der Tür, durch die sie die Galerie betreten hatten. Er blieb stehen und starrte sie überrascht an. »Ich habe es krachen gehört«, begann er.
»Und ich brauche deine Hilfe, Bruder«, erwiderte Fidelma. »Komm her und stütz Eadulf.«
Doch Bruder Benevolentia stierte immer noch auf Eadulf und schien sie nicht gehört zu haben. »Was ist denn hier passiert?« Er verstummte, als er die Trümmer des Standbildes sah. Seine Augen wanderten zu dem Fleck, auf dem es gestanden hatte, und erst dann fragte er Eadulf: »Bist du verletzt, Bruder?«
»Die Wunde muss gereinigt und verbunden werden«, erklärte ihm Fidelma. »Was Ernsthaftes wird es wohl nicht sein.«
»Ich werde ihn stützen, Schwester. Überlass mir das. Er nahm Eadulfs Arm und half ihm, blickte aber immer wieder auf den Schutthaufen. »Sieht aus wie eines der antiken Denkmäler. Die stehen hier mindestens seit sechshundert Jahren, sind noch von den Römern. Kannst von Glück sagen, dass das Ding dich verfehlt hat.«
In Eadulfs Wade pochte es schmerzhaft. »Verfehlt … klingt ganz schön untertrieben. Eine Handbreit weiter, und ich wäre nicht mehr auf dieser Welt.«
Er bemerkte, dass Fidelma wie gebannt auf die Trümmer und nach oben schaute. »Geh schon los, Bruder Benevolentia, und bringe Eadulf zu Bruder Gebicca. Ich komme gleich hinterher.«
Bruder Benevolentia zögerte. »Lass das lieber, Schwester. Hier allein zu bleiben ist wirklich gefährlich. Wir befinden uns im ältesten Teil des Gebäudes, und diese antiken Statuen stehen keineswegs mehr fest.«
»Eadulf blutet und braucht umgehend einen Arzt; je länger wir zögern, um so schlimmer wird es mit der Wunde. Ich habe doch gesagt, ich komme gleich nach«, fuhr sie ihn an.
Bruder Benevolentia kam ihre Aufforderung wenig gelegen, doch Eadulf war klar, dass sie etwas im Gang genauer in Augenschein nehmen wollte, machte die ersten Schritte und zwang so seinen Begleiter, ihm zu folgen.
Fidelma schaute noch einmal auf die Bruchstücke, die bis vor kurzem eine Marmorstatue gewesen waren. Dann schätzte sie die leere Nische ab, die sich dreißig Fuß über ihr in der langen überwölbten Galerie befand. An jeder Seite des Ganges hatten je fünf Statuen gestanden, jetzt fehlte eine.
Sie vernahm ein Geräusch aus der Werkstatt der Steinmetze hinter ihr. Rasch drehte sie sich um und stellte fest, dass ein anderer, ein jüngerer Mönch den Schauplatz betreten hatte. Der sah sich um und schien entsetzt.
»Was ist denn hier los, Schwester?«, sprach er sie an.
»Eine der Statuen ist von ihrem Sockel dort oben gestürzt.«
»Eine der antiken Statuen?«, wiederholte er
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