17 - Das Konzil der Verdammten
erklärt, da sie der Regula zuwiderlaufen.«
»Aber einige hatten doch Kinder.«
»Die Kinder wurden in Obhut genommen.«
»Wie viele dieser Frauen und Kinder befinden sich gegenwärtig in der Obhut der Abtei?«
Die Äbtissin warf ihrer Verwalterin einen Blick zu.
»Während der vergangenen Tage haben auch die letzten von denen das domus feminarum verlassen«, erklärte Schwester Radegund mit sicherer Stimme. »Die meisten Abgänge hatten wir in den beiden zurückliegenden Wochen.«
Eadulf konnte seine Verwunderung nicht länger verbergen. »In den beiden zurückliegenden Wochen, sagst du?«
»Ja.«
»Wohin sind sie alle gegangen?«
»Mit dem Verlassen der Abtei endet unsere Verantwortung für sie, und wir müssen nicht wissen, wohin sie sich wenden. Ich nehme an, sie haben einander ermutigt, diesen Schritt zu tun, sind wie Schafe dem Herdentrieb gefolgt – waren nur darauf aus, von hier wegzukommen und sich einem Leben des Müßiggangs hinzugeben.«
Eadulf sah sie mit großen Augen an. »Haben ihre Ehemänner … haben ihre früheren Ehemänner«, berichtigte er sich, als er merkte, wie sie die Stirn runzelte, »davon gewusst, dass sie von hier weggehen? Hat man ihnen gesagt, dass ihre Frauen und Kinder die Abtei verlassen?«
»Es ist nicht unsere Aufgabe, sie davon in Kenntnis zu setzen oder dafür Sorge zu tragen, dass diese Frauen, die sich dem Klosterleben entziehen, es denen mitteilen, mit denen sie früher ehelich verbunden waren«, erklärte Äbtissin Audofleda gereizt.
Eadulf dachte einen Moment nach. »Wie viele Frauen leben zurzeit hier?«
Die Frage beantworte wieder Schwester Radegund. »Fünfzig leben im domus feminarum .«
»Und wie viele waren es vorher?«
»Vielleicht an die siebzig.«
»Ein betrüblicher Schwund«, bemerkte er.
»Mitunter muss man die Spreu vom Weizen trennen«, erklärte Äbtissin Audofleda salbungsvoll.
»Das ist wohl wahr«, stimmte ihr Eadulf zu und mühte sich, versöhnlich zu klingen. »Diejenigen, die geblieben sind, zeigen doch wohl die rechte Hingabe, wie es die Regula verlangt?«
»Ich bin überzeugt, dass dem so ist.«
»Das klingt gut. Du musst stolz sein auf das gute Werk, das du hier getan hast. Sagtest du nicht, Bischof Leodegar hätte dich gerade aus diesem Grunde an dieses Haus berufen?«
»Das stimmt.«
»Aus Divio stammst du, glaube ich, hast du gesagt.«
»Dergleichen habe ich nicht gesagt.«
»Dann muss ich es von jemand anderem gehört haben. Doch von Divio bist du hierhergekommen, nicht wahr?«, fuhr Eadulf beharrlich fort. »Du musst schon dort erfolgreich gewirkt haben, wenn der Bischof dich hierherholte.«
»Über mein Werk hier hat Bischof Leodegar nicht klagen können«, äußerte sich die abbatissa abweisend.
»Gewiss, gewiss«, sagte Eadulf leichthin und wechselte das Thema. »Unterhält das Haus hier gute Beziehungen zu Gräfin Beretrude?«
Die Äbtissin blickte rasch zu Schwester Radegund und dann wieder zu ihm. »Gräfin Beretrude? Sie ist die Mutter von Graf Guntram, unserem Gaugrafen, und eine Wohltäterin unseres Hauses.«
»Man hat mir berichtet, ihr Burgunden haltet sie für eine großherzige Gönnerin.«
Äbtissin Audofleda reagierte verstimmt. »Ich gehöre zu den Franken. Aber wahr ist, wir haben Grund, ihr dankbar zu sein.«
»Ich bitte um Verzeihung … eine Fränkin aus Divio? Ich meine, das ist doch eine burgundische Stadt.«
»Ich habe damit nicht gesagt, dass ich dort geboren wurde oder aufgewachsen bin, doch ich hatte die Leitung eines …«
»Eines anderen domus feminarum . Nun verstehe ich. Aber mit Gräfin Beretrude bist du doch in gutem Einvernehmen, oder? Billigt sie die Veränderungen, die in der Abtei vor sich gegangen sind?«
»Natürlich«, beeilte sich die Äbtissin zu bestätigen.
»Du triffst dich wohl häufig mit ihr, um verschiedene Dinge zu besprechen?«
»Häufig gerade nicht. Bei gewissen Vorgängen vertritt mich mitunter meine Verwalterin.«
»Bei gewissen Vorgängen?« Eadulf blickte Schwester Radegund an, doch die Verwalterin schaute zu Boden. »Meine Verwalterin und ich erörtern die Dinge mit dem Bischof, und falls sich etwas sehr Wesentliches ergibt, das Gräfin Beretrude oder Graf Guntram sofort zur Kenntnis gebracht werden muss, dann unternimmt das meine Verwalterin in meinem Auftrag.«
»Außer Schwester Radegund hätte also niemand aus deiner Gemeinschaft Anlass, sich zu Gräfin Beretrudes Villa zu begeben?«
»Es muss sich schon um einen außergewöhnlichen Anlass handeln, wenn sich jemand vom domus
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