17 - Das Konzil der Verdammten
deutest du das Verschwinden von Valretrade und all den ehemals verheirateten Nonnen mit ihren Kindern aus dem domus feminarum ?«
»Die hat man entführt, um sie als Sklaven zu verkaufen.«
Einen ähnlichen Verdacht hatte Eadulf auch schon gehabt, ihn aber von sich geschoben. »Mit dem Einverständnis der Äbtissin und der anderen?« Im Unterton schwang Entrüstung mit. Als Fidelma schwieg, fuhr er fort: »Aber was soll das mit dem Mord an Abt Dabhóc zu tun haben?«
»Mir fehlt es an Beweisen, um meinen Verdacht zu erhärten.«
»Du glaubst zu wissen, wer der Schuldige ist?«
»Ich habe einen Verdacht. Das ist noch lange nicht dasselbe, wie etwas zu wissen. Ich brauche den Beweis.«
»Uns bleibt aber kaum Zeit.«
Sie gingen nebeneinander, und Fidelma lenkte ihre Schritte zurück zu den Toren der Abtei. Unterwegs erklärte sie ihm: »Da wir mit logischen Schlussfolgerungen nicht weiterkommen, müssen wir uns eine Katharsis einfallen lassen – eine Vorgehensweise, die den Feind aus dem Hinterhalt lockt und ihn zwingt, sich zu erkennen zu geben.«
Eadulf blieb stehen. »Was hast du vor? Es klingt gefährlich.«
»Ich bin mir selbst noch nicht ganz sicher. Auf alle Fälle darf mich niemand erkennen. Deshalb werde ich in einfache Kleidung schlüpfen und mir, so getarnt, Beretrudes Villa etwas nä
her ansehen. Meiner Meinung nach liegt dort die Antwort,
vielleicht in dem Kellergemäuer, wohin, wie du selbst Zeuge
wurdest, Verbas von Peqini die Gefangenen geschafft hat.« Eadulf war entsetzt. »Das kommt nicht in Frage! Ich … ich
verbiete das! Wo Verbas dort ist! Wo du glaubst, die Geschichte mit der Giftschlange ist vorsätzlich geschehen! Wenn
einer von uns dahin geht, um sich ein genaueres Bild von der
Villa zu machen, dann bin ich es!«
»Ich habe einen Plan, und der besagt, du wirst hier gebraucht.«
»Darf ich wissen, wie dein Plan aussieht?«
»Du erinnerst dich doch gewiss an das kleine Geschäft der
Näherin, das uns Bruder Budnouen gezeigt hat, nicht weit von
Beretrudes Villa. Dort werde ich mir geeignete Kleidungsstücke
beschaffen. So verkleidet begebe ich mich auf einen Erkundungsgang oder cúartugad , wie das bei uns heißt.« »In eben die Nähstube ist aber auch Schwester Radegund
gegangen, wir haben das mit eigenen Augen gesehen«, erinnerte er sie. »Ich halte das für gefährlich. Was versprichst
du dir eigentlich von alldem?«
»Das ist schwer zu beantworten. Ich werde mich auf verschiedene Möglichkeiten einstellen müssen – deshalb muss
ich selbst hin und kann es nicht dir überlassen. Zuallererst
geht es mir um den Ort, wohin Verbas von Peqini die gefesselten Frauen und das Kind hat schleppen lassen. Könnte sein,
dass die dort gefangen gehalten werden. Wenn nicht, muss ich
herausfinden, wo sich Verbas aufhält. Er ist kein harmloser
Kaufmann. Ich fürchte, er betreibt Sklavenhandel, und Beretrude macht da mit.«
»Ich sehe darin immer noch keinen Zusammenhang zu Abt
Dabhócs Ermordung.«
»Den hat uns der arme Bruder Gillucán geliefert. Denk mal nach. Aber erst das Nächstliegende. Uns bleibt wenig Zeit.«
»Zeit? Wir haben nur zwei Tage. Zwei Tage, und Leodegar verkündet seine Entscheidung«, bemerkte Eadulf schlecht gelaunt.
»Um so wichtiger ist es, dass wir zügig handeln.«
»Du darfst nicht allein gehen«, beschwor Eadulf sie.
»Eine Person kommt besser durch als zwei. Eine Frau, gekleidet nach Landesart, die in der Nähe der Villa durch die Straßen schlendert, fällt nicht weiter auf, ein Mann zusammen mit einer Frau schon eher. Angesehen davon musst du hier bleiben, falls etwas schiefgeht und ich nicht zurückkomme. Sollte das passieren, suche Ségdae auf und weihe ihn ein, soweit du kannst. Es ist dann an ihm, weitere Schritte zu unternehmen. Außerdem würde ich dich bitten, Ségdae noch eine andere Frage zu stellen, die mir auf der Seele brennt. Leider bleibt mir keine Zeit, mit ihm selbst zu sprechen.«
»Und die Frage wäre?«
»Benén mac Sesenén von Midhe, der Nachfolger des heiligen Patrick, dessen Name auf dem verschwundenen Reliquienbehältnis steht – ich bin sicher, auch er hatte einen lateinischen Namen angenommen, aber er ist mir entfallen. Du musst ihn herausfinden. Ich bin überzeugt, das hilft uns ein großes Stück weiter.«
»Wird gemacht«, versicherte ihr Eadulf. »Trotzdem, dein tollkühner Versuch bereitet mir Sorge. Wenn ich mir vorstelle, was dir alles zustoßen könnte, allein in der Dunkelheit und …«
»Ich habe ja nicht die Absicht, im Dunklen
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