17 - Das Konzil der Verdammten
es noch andere Dinge gab, die in Betracht zu ziehen waren. Genau genommen handelte es sich um drei Dinge, die mehr oder weniger miteinander verwoben waren.«
»Majestät, ich bitte um Gehör«, rief Gräfin Beretrude, die zu ihrer Selbstsicherheit zurückgefunden hatte, laut dazwischen. »Ich bin hierhergekommen, weil man mir zugetragen hat, dass diese Frau womöglich die braven Schwestern unserer Abtei und weitere Personen – sogar mich – beschuldigen würde, Verbrechen begangen zu haben. Ich spreche für die Burgunden in unserem Gebiet. Ich vertrete mit meiner Person das Gesetz unseres Volkes. Die Frau da ist keine der Unseren. Ihr steht es nicht zu, über uns zu Gericht zu sitzen. Man muss ihr verbieten, Urteile zu fällen, die den einen oder anderen von uns schuldig sprechen. Sie ist eine Fremdländische hier ohne Rang und Verfügungsgewalt.«
Chlothar sah sie bedauernd an.
»Soviel ich weiß, Beretrude von Burgund, ist dein Sohn Guntram, der neben mir steht, der Gebietsherr hier; er regiert in meinem Auftrag und nach dem Recht der Franken. Wessen Recht glaubst du vertreten zu dürfen?«
Verstört trat Guntram neben dem König von einem Fuß auf den anderen. »Gib Ruhe, Mutter«, sagte er peinlich berührt. »Schwester Fidelma spricht im Auftrag des Königs und … und mit meiner gnäigen Erlaubnis als Gaugraf von Burgund.«
»Damit ist dein Einwand beantwortet, Gräfin«, fügte Chlothar kalt hinzu. »Beuge dich deinem Gaugrafen und deinem König.«
Gräfin Beretrudes Mund verkrampfte sich zu einem dünnen Strich, ihr Gesicht war hochrot vor Scham und Wut.
Fidelma wartete erneut, bis sich die Unruhe in der Kapelle gelegt hatte.
»Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich lediglich darstellen kann, wie die Dinge liegen. Zu sagen, ob der Tatbestand eure Gesetze verletzt oder nicht, steht mir nicht zu. Ich weiß nur, dass er gegen die Gesetze in unserem Land verstoßen würde, aber schließlich hat jedes Volk seine eigenen Gesetze und seine eigenen Sitten. Das, was ich sage, zu beurteilen, muss ich denen überlassen, die für die Rechtsprechung in diesem Land zuständig sind. Sie werden Gerechtigkeit üben, wie sie hier Brauch ist.«
Aus den Reihen der Mönche kam zustimmendes Gemurmel.
»Wir nehmen das sehr wohl zur Kenntnis, Fidelma von Cashel«, bestätigte ihr der König. »Fahre also fort. Du sagtest gerade, es gäbe drei Dinge, die der Offenlegung bedürften.«
»Ich möchte mit einer Sache beginnen, bei der es an Beweisen nicht mangelt und für die ich mehrere Zeugen habe, die bestätigen können, dass ich die Wahrheit sage. Es geht um Vorgänge, die den Sklavenhandel berühren.«
Bischof Leodegar beugte sich vor. »Es gibt kein Gesetz, welches das Halten, Kaufen oder Verkaufen von Sklaven in unserem Land verbietet«, beeilte er sich zu sagen.
Fidelma drehte sich zu ihm um. »Das habe ich selbst zu spüren bekommen. In meinen Augen ist Sklavenhandel eine zutiefst verabscheuungswürdige Sache, und mein Volk sieht das
ebenso. Aber ich muss akzeptieren, dass er nach eurem Recht
und Brauch legal ist. Doch Freigeborene zu entführen und sie
in die Sklaverei zu verkaufen, scheint mir sogar unter der hiesigen Gesetzgebung ein fragwürdiges Unterfangen. Ich selbst
wurde vor zwei Tagen entführt und wäre um ein Haar auf einem Sklavenmarkt verkauft worden …«
Diesmal war es Äbtissin Audofleda, die sich einmischte. »Eine Freigeborene magst du sein, aber du bist eine Fremdländische, und als solche fällst du nicht unter unser Gesetz.
Wenn dich Sklavenhalter entführt haben, dann musst du die
uns schon hierher beordern.«
»Mit dem Unterschied zwischen Freigeborenen und Fremdländischen hast du recht«, erwiderte Fidelma in aller Ruhe.
»Nur sind leider auch viele frei geborene Burgunden und Franken, Mitglieder deiner eigenen Gemeinschaft, deiner Fürsorge
entzogen und entführt worden und sollten in die Sklaverei verkauft werden. Du verlangst, die Sklavenhändler hier zu sehen.
Sie sind anwesend.«
»Eine Lüge! Eine Lüge!«, schrie Schwester Radegund, die
sich jetzt neben die Äbtissin drängte und mit ihrer Stimme
den Tumult, der ausgebrochen war, übertönte.
»Es ist keine Lüge. Dort steht Schwester Valretrade, eine
der frei geborenen Frauen dieser Stadt, die in deiner Gemeinschaft lebte. Sie wurde verraten und entführt. Auf unserer
Flucht aus Beretrudes Villa haben wir beide um unser Leben
gebangt.«
Grimmig schaute Chlothar die Äbtissin an.
»Ehe du auch das eine Lüge nennst, Äbtissin
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