17 - Das Konzil der Verdammten
blond, hatte blaue Augen und war ungefähr in ihrem Alter.
»Das ist Bruder Chilperic, er steht Bischof Leodegar als Verwalter zur Seite.« Der Abt stellte die Gäste vor. Kaum hatte Bruder Chilperic vernommen, mit wem er es zu tun hatte, war er die Höflichkeit in Person.
»Verzeih mein Erstaunen, Schwester, aber der Abt hat gewiss erklärt, dass bei uns bestimmte Regeln gelten, wonach Frauen hier nicht geduldet sind. In deinem Falle jedoch wird das Verbot außer Kraft gesetzt, wie mir bedeutet wurde. Der Bischof hat eure Ankunft voller Ungeduld erwartet. In der hospitia sind Räume für euch hergerichtet, und sollte es an irgendetwas fehlen, lass es mich bitte wissen.« Er wandte sich Abt Ségdae zu. »Bischof Leodegar wünscht sicher von der Ankunft deiner Landsleute zu erfahren. Setzt du ihn in Kenntnis, während ich die Gäste zu ihrer Unterkunft geleite?« Der Abt erklärte sich einverstanden, und Bruder Chilperic forderte Fidelma und Eadulf auf, mit ihm zu gehen.
Sie vereinbarten mit dem Abt, wo und wann man sich nach einer Ruhepause treffen würde, und folgten dem Mönch. Er führte sie über verschiedene Treppenfluchten. Im Inneren wirkte die Abtei ebenso kalt und grau, wie sie die gesamte Anlage von außen empfunden hatten. Hin und wieder erhaschten sie im Vorübergehen durch die Fenster einen Blick auf sonnenbeschienene grüne Felder und Waldungen und den sich dahinschlängelnden blauen Fluss. Offensichtlich befanden sie sich oberhalb der Stadtmauer im Süden, während die Stadt selbst sich nordwärts ausbreitete. Der Verwalter bestätigte Fidelmas Vermutung, dass die Räumlichkeiten für die Gäste auf der dritten Ebene der Abtei lagen. Er führte sie in ein großzügig ausgestattetes Gemach, dessen Wände mit Eiben- und Birkenholz getäfelt waren. Es war äußerst geräumig, und ein Nebengelass für die nötige Körperpflege gab es auch.
Voller Wohlgefallen und Erstaunen schaute sich Fidelma um, und Bruder Chilperic bemerkte es sehr wohl.
»Eigentlich ist es ein Gästezimmer für adlige Herrschaften«, sagte er. »Hier haben schon Könige genächtigt, zum Beispiel der ehrenwerte Dagobert und Judicael von Domnonia.«
Fidelma neigte den Kopf. »Wir fühlen uns wahrhaft geehrt, Bruder Chilperic. Derartige Annehmlichkeiten haben wir nicht erwartet.«
»Wenn jemand unsere Abtei beehrt, dann bist du es, heißt es doch, du seiest die Schwester des Königs von eurem Land. Ich werde veranlassen, dass Wasser heiß gemacht und etwas zu essen gebracht wird, und sollte es sonst an irgendetwas fehlen …«
»… dann werden wir uns bemerkbar machen«, vollendete Fidelma seinen Satz.
Als sich die Tür hinter dem Verwalter geschlossen hatte, drehte sie sich zu Eadulf um und lachte. »Das sieht schon etwas besser aus.«
»Für mein Empfinden gehen sie übertrieben großzügig mit uns um«, meinte er. »Ändern die für die Abtei geltenden Regeln, bieten uns ein Gemach und ihre Dienste an, wie sie einem König zukommen … Könnte es sein, dass hinter dem Tod des Abts Dabhóc noch etwas anderes steckt, das sie uns verheimlichen?«
»Es ist nicht sinnvoll, sich jetzt schon den Kopf zu zerbrechen. Wir müssen erst noch einmal mit Ségdae reden und danach mit Bischof Leodegar«, mahnte Fidelma. »Wer von uns beiden badet zuerst?«, hänselte sie ihn, wusste sie doch, dass er sich immer noch nicht mit der irischen Sitte hatte anfreunden können, täglich eine Ganzwaschung vorzunehmen.
Etliche Zeit später, der Himmel wurde schon dunkel, saßen Fidelma und Eadulf bei Abt Ségdae, dessen Zimmer nicht weit weg von dem ihrigen auf dem gleichen Gang lag. Es war einer der Räume, die für die Gesandten zum Konzil zur Verfügung gestellt worden waren, und hatte bei weitem nicht die Annehmlichkeiten, über die ihr Gemach verfügte. Nur spärlich eingerichtet und mit dem Notdürftigsten versehen, ließ es ahnen, dass man von den frommen Besuchern der Abtei erwartete, nicht höhere Ansprüche zu stellen als die dort lebenden Mönche. Im Vergleich dazu wurden sie als fürstliche Gäste behandelt, und Fidelma vermutete, dass Abt Ségdae mit Nachdruck auf ihren Status als Schwester des Königs von Cashel hingewiesen hatte. Normalerweise wehrte sie sich dagegen, aber in diesem Falle hielt sie es für angebracht, die Situation hinzunehmen, wie sie war, und erst einmal abzuwarten, ob sich die Betonung ihres Ranges als Vor- oder Nachteil erwies.
»Vielleicht solltest du uns mit dem Hintergrund des Mordgeschehens vertraut machen«, forderte
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