17 - Das Konzil der Verdammten
große Kapelle und mehrere kleinere Häuser mit bescheidenen Höfen und Gärten. Vom anticum im Hauptgebäude traten sie in einen großen Hof, von dem aus man auf der gegenüberliegenden Seite in die imposante Kapelle gelangte. An der Südseite des Hofes stand ein separates Gebäude, in dem sich die Gemächer von Bischof Leodegar befanden. Darum herum gruppierten sich Obstbäume – Äpfel, Birnen, Pflaumen und Quitten. Daneben stand das Arzthaus, zu dem auch eine Krankenstube gehörte sowie ein Gärtchen mit Kräutern und Heilpflanzen.
Das Hauptgebäude beherbergte alle Werkstätten der Gemeinschaft – Bäckerei, Brauerei und gleich neben dem Refektorium den Küchenbereich. Außerdem befanden sich zu ebener Erde die Latrinen. Auch gab es dort einen Gemeinschaftsraum für die Mönche, das sogenannte calefactorium , das im Winter durch Warmluftabzüge beheizt wurde, die von den Feuerstellen der Küche unter dem Fußboden entlangführten, und daneben lag das scriptorium , die Bibliothek. Auch an eine Kleiderkammer, an ein vestiarium war gedacht, denn die Wärme des calefactoriums hielt die Sachen gut instand. Nicht weniger wichtig war die gleichbleibende Temperatur für die Handschriften in der Bibliothek.
Im Stockwerk darüber lagen die dormitoria der Klosterbrüder. Für die Mönche höheren Ranges gab es Einzelzellen. Noch eine Ebene höher befanden sich weitere Kammern und die hospitia , die Herberge, deren Räume etwas großzügiger ausgestattet und für Gäste von Rang und Namen gedacht waren.
Im geräumigen Innenhof war Bruder Chilperic stehengeblieben, um auf ein paar entscheidende Punkte in der Klosteranlage hinzuweisen. Er war eifrig und nicht ohne Stolz bei der Sache.
»Wir befinden uns in einer Ecke der Altstadt und haben an zwei Seiten die alten Stadtmauern als Begrenzung. Die Mauer im Westen verläuft hinter der Kapelle und die im Süden hinter dem Haus des Bischofs. Jenseits des Südwalls, unter dem wir durch einen Tunnel nach draußen gelangen, haben wir unser Gehöft mit Ställen für Kühe, Ziegen, Schweine und Schafe, Gehege für Hühner und Enten. Auch Gemüse ziehen wir dort – Knoblauch, Zwiebeln, Kohl, Salat oder Sellerie, zum Beispiel.«
»Wechseln sich die Mönche in der Bewirtschaftung ab?«, fragte Fidelma.
Er schüttelte den Kopf. »Die Arbeit auf dem Feld und in den Ställen wird von Sklaven verrichtet; die Mönche beaufsichtigen sie nur.«
»Sklaven?«, wiederholte Fidelma ungläubig.
»Sklaven dürfen nicht in die Abtei«, fuhr er gleichmütig fort, als hätte er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck nicht bemerkt. »Die arbeiten nur dort draußen. Zwanzig Feldarbeiter, allesamt Sklaven, gehören zum Kloster.«
Mit warnendem Blick versuchte Eadulf, Fidelma von dem Thema abzubringen. »Die Kapelle ist ein Glanzstück«, lobte er.
Voller Stolz erläuterte Bruder Chilperic: »Sie war ehemals ein Tempel der Römer und dient nun dem Gebet des wahren Glaubens.«
Bei der Abendandacht am Vortag war ihnen bereits das überwältigende Innere aufgefallen. Die Kapelle war ein hochemporragender Bau, am südlichen Ende mit einer halbkreisförmigen Apsis, in der ein Hochaltar stand. Diese Art Kirchen war für Fidelma und Eadulf ungewohnt. Auf der Westseite des Altars war ein kleinerer dem Apostel Petrus gewidmet und ein ebensolcher auf der anderen Seite dem Apostel Paulus. Wenn der Priester den Gottesdienst feierte, stand die Gemeinde vor dem Altar. Getrennt von den Männern saßen hinter den neuerdings aufgestellten Trennwänden die Frauen. Sie betraten die Kapelle, vom domus feminarum kommend, durch einen unterirdischen Gang in den Gruftgewölben und nahmen hinter den Holzwänden Platz, so dass sie den Blicken der Männer verborgen blieben.
Von Bruder Chilperic erfuhren Fidelma und Eadulf weiterhin, dass das domus feminarum auf der Ostseite der Abtei jenseits eines großen Hofes und einer Fahrstraße stand. Auf eben dieser Straße waren sie am Tag zuvor mit Bruder Budnouen angekommen, der dort seine Waren abgeladen hatte. Einst hatte das Wohnhaus der Nonnen unmittelbar zum Abteikomplex gehört, jetzt aber waren alle Zugänge gesperrt, so dass es, abgesehen von dem unterirdischen Gang zur Kapelle, keinerlei Berührung mit der Abtei und den Klosterbrüdern mehr gab.
Fidelma und Eadulf waren von den Ausmaßen des Geländes beeindruckt. Die Abtei glich einer in sich abgeschlossenen kleinen Stadt und konnte sich praktisch selbst versorgen. In den zahlreichen Hallen, Räumen und Gängen konnte man sich
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