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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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lautete meine Antwort.
    „Dabei konntest du sitzen bleiben. Wir haben keine Zeit, uns mit dir abzugeben.“
    „Ich sehe doch nicht, daß ihr mit einer Arbeit beschäftigt seid?“
    „Das geht dich nichts an! Frage, und wir werden antworten; dann aber trolle dich von dannen!“
    Sie hatten ihre Gewehre liegen lassen. Die Messer und Pistolen trugen sie griffgerecht in den Gürteln. Ich mußte so schnell verfahren, daß sie keine Zeit fanden, zu den Waffen zu greifen. Da ich, um nicht ihr Mißtrauen zu erregen, meine Gewehre am Sattelknopf hatte hängen lassen, so kam es darauf an, eines der ihrigen zu erwischen, weil ich sie mit dem Kolben niederschlagen wollte. Ich gab mir eine recht harmlose Miene und sagte:
    „Ihr scheint bei so übler Laune zu sein, daß ich freilich am liebsten sogleich davonreiten möchte; aber da ich den Weg nicht kenne, so bin ich gezwungen, euch um Auskunft zu bitten.“
    „Hast du denn nicht im Dorf gefragt?“
    „Ja, aber das, was ich dort erfuhr, befriedigt mich nicht.“
    „So hast du wohl den Dialekt dieser Leute nicht verstanden. Man hört es deiner Sprache an, daß du ein Fremder bist. Wo kommst du denn her?“
    „Von Ibali.“
    „Und wohin willst du?“
    „Nach Rugova, wohin diese Straße wohl führen wird.“
    „Sie führt dorthin. Du brauchst ihr nur zu folgen und kannst gar nicht irren, weil nicht ein einziger Seitenweg abzweigt. Zu wem willst du in Rugova?“
    „Zum Pferdehändler Kara Nirwan, um mit ihm ein größeres Geschäft abzuschließen.“
    „So! Wer bist du denn?“
    „Ich bin ein –“
    Ich wurde unterbrochen. Der andere, welcher bisher geschwiegen hatte, stieß einen lauten Ruf aus und trat einige Schritte vor, so daß er sich von den Gewehren entfernte. Er blickte nach dem Dorf hin.
    „Was gibt's?“ fragte sein Genosse, indem er ihm folgte, während ich stehen blieb.
    „Dort kommen Reiter. Ob sie es sind?“
    „Es sind vier. Das stimmt. Wir müssen sofort –“
    Er kam nicht weiter in der Rede. Ich hatte mich hinter ihnen in das Gras gebückt und eine der Flinten ergriffen. Er brach unter dem ersten Kolbenschlag zusammen, und der zweite Hieb traf seinen Kameraden, bevor sich dieser umwenden konnte. Dann schnitt ich den Pferden die Zügel, Sattelgurte und Bügelriemen ab, um mit denselben die beiden Burschen zu binden. Ich war mit dieser Arbeit just fertig, als meine Gefährten ankamen.
    „Zwei für einen?“ meinte der Lord. „Das heißt gute Arbeit!“
    Da die Waffen der Freibeuter für uns gar keinen Wert besaßen, so zerschlugen wir die Flinten und Pistolen und warfen die Trümmer derselben in eine nahe Wasserpfütze.
    Jetzt handelte es sich um Vorsicht. Ich bestieg den Rappen wieder, und dann ritten wir langsam vorwärts, wobei wir die Gewehre in Händen hielten. Hätte es links von uns ebenen Waldboden gegeben, so wäre es leicht gewesen, uns unter dem Schutz der Bäume unbemerkt anzuschleichen; aber gleich mit Beginn des Waldes stieg auch der mit Tannen bewachsene Fels sehr steil empor.
    Rechts sahen wir den erwähnten Sumpf. Trügerische, mit Moos bewachsene oder mit großblätterigen Moorpflanzen bedeckte Stellen wechselten darin mit öligen Lachen, die ein sehr heimtückisches Aussehen hatten.
    Um unsere Zahl zu verdecken, ritten wir einzeln dicht hintereinander. Leider war der Weg so steinig, daß bei der ringsum herrschenden Stille der Hufschlag unserer Pferde ziemlich weithin vernommen werden konnte. Nach ungefähr einer Viertelstunde erblickten wir zur rechten Seite das Ende des Sumpfes und diejenige Stelle, an welcher sich das Gestein aus demselben erhob. Zur linken Hand senkte sich die Höhe nieder, um die Bucht zu bilden, von welcher der Steinbrecher gesprochen hatte. Wir hatten gar nicht mehr weit bis dorthin. Nun ritten wir noch langsamer und vorsichtiger als bisher. Ich ritt an der Spitze und eben wollte ich mich umwenden, um die Gefährten aufzufordern, in Galopp zu fallen, als ein lauter Ruf erscholl. Ein Schuß krachte – die Kugel pfiff an mir vorüber, und zugleich erhielt ich einen Stein an den Kopf, daß ich fast die Besinnung verlor und mir alle Farben des Regenbogens vor den Augen funkelten. Der Stein hatte mich glücklicherweise nur gestreift. Das war mit der Schleuder geschehen. Wen ein solcher Wurf getroffen hat, der glaubt es sehr gern, daß David einst Goliath mit Stein und Schleuder tötete.
    Aber zu solchen Betrachtungen gab es keine Zeit. Ein Stein hatte den Goldfuchs getroffen, und dieser ging in die Luft,

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