17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
benützen.
Eben hatte ich zwei gleichzeitige Czakanhiebe mit einem Kreisschlag abgewehrt, da erhob Sandar den Fuß, um mich gegen den Leib zu treten, während sein Bruder zum nächsten Hieb ausholte. Sofort sauste mein Czakan auf sein Knie nieder, und schnell glitt ich zur Seite, um Bybars Beil zu entgehen, welches zu parieren ich keine Zeit hatte. Sandar fiel zu Boden und heulte vor Schmerz; das Beil entglitt seiner Hand.
„Hund!“ brüllte Bybar. „Das ist dein Tod!“
Er holte so weit aus, daß ihm die Axt beinahe nach hinten fiel. Ich brauchte seinen Bruder nicht mehr zu fürchten, und es war nicht mehr nötig, rückenfrei zu sein, darum veränderte ich meinen Platz, indem ich einen Sprung machte, um mich von dem Felsen zu entfernen. Bybar konnte nicht schlagen, weil ich ihm nicht standhielt. Ich umkreiste ihn, indem ich die Augen starr auf das seinige richtete, so daß ich den Czakan in die Linke und den Säbel in die Rechte bekam. Er drehte sich, um mir stets das Gesicht zu zeigen, um seine eigene Achse. Als er meine Manipulation bemerkte, rief er, höhnisch lachend:
„Willst du mir mit dem Säbel zu Leibe? Das soll dir vergehen, du Wurm!“
„Schlag zu!“ schrie der andere, welcher auf der Erde saß und seine Knie mit beiden Händen hielt. „Er hat mir das Bein zerschmettert. Schlag zu!“
„Gleich, gleich! Da, da soll er es haben!“
Ich war stehengeblieben, um ihm Zeit zum Hieb zu geben. Sein Czakan sauste nieder, der meinige, von der Linken geführt, sauste empor; beide prallten zusammen. Natürlich hatte sein Hieb mehr Wucht gehabt, als der meinige; das hatte ich vorher gewußt, und das wollte ich. Ich ließ mein Beil fahren, als ob er es mir aus der Hand geschlagen hätte.
„So ist's recht!“ brüllte er. „Jetzt gilt's!“
Er holte zum zweitenmal aus.
„Ja, jetzt!“ antwortete ich.
Der Damaszener blitzte auf – ein Sprung von mir nach seinem erhobenen Arm empor, ein schneller Streich – die Axt fiel mit der daran hängenden Hand herab; sie war von der ausgezeichneten Klinge hart hinter dem Gelenk abgetrennt worden.
Bybar ließ den Arm sinken, starrte einige Augenblicke den Stummel an, aus welchem das Blut hervorschoß, und richtete dann den Blick auf mich. Sein Gesicht wurde fast blau. Seine Augen wollten aus den Höhlen treten; ein unartikuliertes Brüllen entfuhr seinem Mund, wie wenn ein unter das Wasser Sinkender den letzten Hilferuf ausstößt, welcher durch das Gurgeln der Flut verschlungen wird. Er erhob die gesunde Faust zum Schlag, schlug aber nicht; sein Arm sank kraftlos nieder. Er drehte sich langsam im Halbkreis und fiel dann schwer zu Boden.
Sandar schien starr vor Entsetzen zu sein. Als er die Hand seines Bruders fallen sah, war er aufgesprungen. Er stand noch jetzt aufrecht da, trotz des verletzten Beines. Seine auf mich gerichteten Augen waren ganz ausdruckslos, der Blick war leer, wie derjenige einer Leiche. Ein Zischen drang zwischen seinen blutleer gewordenen Lippen hervor, ein quirlendes Stöhnen, wie das angstvolle Lallen eines vom Schlag Gerührten, dann plötzlich ein lauter, gräßlicher Fluch, bei welchem er sich auf mich werfen wollte; aber als er das unverletzte Bein erhob, knickte das andere zusammen. Er stürzte nieder.
Jetzt war ich frei und schaute nach den andern. Mir gegenüber lehnte der Hadschi an den Felsen und wehrte mit dem Kolben zwei Gegner von sich ab. Ein dritter lag vor ihm auf den Boden. Weiter nach mir zu lag wieder einer unserer Feinde, sich hin und her wälzend. Rechts davon lag Osco, welcher einen Gegner umschlungen hatte, und dieser ihn. Jeder von ihnen hielt die mit dem Messer bewaffnete Hand des andern mit der Linken von sich ab, während er ihn mit der Rechten umkrallt hatte. Und gar nicht weit davon kniete Omar auf einem den er mit der Linken bei der Gurgel hatte, während er mit der Rechten zum Messerstoß ausholte.
„Omar, nicht töten, nicht töten!“ rief ich ihm zu.
Da warf er das Messer weg und legte dem Gegner nun auch die Rechte um den Hals. Ich sprang zu Halef hinüber, welchem Hilfe am nötigsten war, und versetzte dem einen seiner Widersacher einen Säbelhieb in die Schulter und dem andern einen Hieb in den Oberschenkel. Töten wollte ich sie nicht. Sie ließen heulend von ihm ab, worauf ich auch Osco von seinem Bedränger befreite, indem ich eins der daliegenden Gewehre aufhob und ihm den Kolben desselben an den Kopf schlug.
„O Allah!“ rief Halef, tief atmend. „Das war Hilfe in der höchsten Not,
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