Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
der Perser als unschuldig zu gelten, und ich verlange, daß er von seinen Fesseln befreit wird.“
    „Wann und vor wem das Zeugnis abgelegt werden muß, das ist mir ganz gleichgültig. Ich bin von seiner Schuld überzeugt. Übrigens bist du als Muchtahr für alles, was auf deinem Gebiet geschieht, verantwortlich. Wenn du nicht weißt, wen die Schuld trifft, so werde ich dich selbst binden, und zu dem Mutessarif nach Prisrendi schaffen lassen.“
    „Herr!“ rief er erschrocken.
    „Ja, das werde ich tun! Ich will Sühne für die begangenen Verbrechen haben, und wenn du dich weigerst, dich des Schuldigen zu bemächtigen, so bist du mit ihm einverstanden und wirst als sein Genosse und Hehler behandelt werden. Du wirst bereits bemerkt haben, daß wir nicht mit uns spaßen lassen. Hüte dich also, meinen Verdacht zu erwecken!“
    Er war verlegen geworden, denn ich hatte wohl das Richtige getroffen. Aber wenn er auch nicht ein Verbündeter des Schut war, so mußte er doch wohl der Ansicht sein, daß es ihm mehr Nutzen bringen werde, wenn er sich auf die Seite des reichen Persers lege. Von mir als Fremden hatte er gar nichts zu erwarten. Meine Drohung hatte aber doch ihre Wirkung nicht verfehlt, denn er fragte ziemlich kleinlaut:
    „Nun, was forderst du denn, was geschehen soll?“
    „Ich fordere, daß sofort ein Bote nach Prisrendi abgeschickt werde, um zu melden, der Schut sei gefangen. Dort befinden sich die Dragoner des Großherrn. Der Mutessarif mag schleunigst einen Offizier mit der nötigen Mannschaft senden, um den Gefangenen und dessen hiesige Mitschuldigen abholen zu lassen. Die Untersuchung muß in Prisrendi stattfinden.“
    „Wie kommst du auf den Gedanken, daß der Schut hier Mitschuldige hat?“
    „Ich vermute es mit großer Bestimmtheit; ich vermute sogar, daß du auch zu ihnen gehörst, und ich werde mich dir gegenüber danach verhalten.“
    „Herr, diese Beleidigung muß ich mir auf das Strengste verbitten! Wie sollen überhaupt diese Mitschuldigen entdeckt werden?“
    „Das mußt du wissen als Vertreter der obersten Polizeigewalt in Rugova. Daß du eine solche Frage aussprechen kannst, ist ein sicherer Beweis, daß dir die Fähigkeiten abgehen, dein Amt richtig und gerecht zu verwalten. Auch das werde ich dem Mutessarif melden. Wenn der Muchtahr dieses Ortes seinen Pflichten nicht gewachsen ist, wenn er noch dazu, anstatt nach der Anklage zu handeln, den Beschuldigten verteidigt und beschützt, so darf er sich nicht wundern, daß ich nicht gewillt bin, ihm zu gehorchen. Ich verlange also einen zuverlässigen Boten. Wenn er jetzt fortreitet, so ist er in fünf oder sechs Stunden in Prisrendi. Während der Nacht können die Dragoner hier eintreffen.“
    „Das geht nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Einen Boten zu senden, ist verboten. Ich werde unter den hiesigen Bürgern einige Begleiter auswählen, welche Kara Nirwan und meinen Bericht nach Prisrendi schaffen werden.“
    „So! Das ist allerliebst. Sie werden dir den Bericht sehr bald zurückbringen?“
    „Wieso? – Warum?“
    „Weil ihnen der Schut entsprungen ist, oder vielmehr weil sie ihn freigelassen haben. Nein, mein Lieber, so habe ich es nicht gemeint. Ich lese dir deine Gedanken von deinem Gesicht ab. Es geht ein Bote fort, und bis die Dragoner kommen, wird der Schut sich in sehr guter Verwahrung befinden.“
    „Wer soll ihn bewachen? Doch ich und mein Khawaß?“
    „Nein. Dieser Mühe sollt ihr überhoben sein. Wir selbst werden die Bewachung übernehmen. Du kannst ruhig heimkehren und deinen Kef halten. Ich werde sehr bald einen Ort finden, an welchem der Gefangene sicher unterzubringen ist.“
    „Das dulde ich nicht!“ sagte er trotzig.
    „Oho! Sprich höflicher, sonst lasse ich dir die Bastonade geben! Vergiß nicht, daß ich selbst mit dem Mutessarif sprechen und ihm erzählen werde, wie sehr du dich geweigert hast, der Gerechtigkeit zu dienen. Wir werden jetzt aufbrechen, um nach dem Khan des Kara Nirwan zu gehen. Sorge dafür, daß wir von dem draußen stehenden Volk nicht belästigt werden. Sollten mir diese Leute nicht die Hochachtung erweisen, welche ich zu fordern habe, so lasse ich dich in dein eigenes Gefängnis sperren und dir dabei die Fußsohlen peitschen, daß du monatelang nicht zu stehen vermagst!“
    Ich sprach diese Drohung aus, um mich in Respekt zu setzen. Die Bevölkerung war dem Perser hold. Gaben wir nur ein kleines Zeichen von Schwäche, so konnte dies die schwersten Folgen nach sich ziehen. Aber meine

Weitere Kostenlose Bücher