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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit dem Wirt Deselim in Ismilan bekannt?“
    „Sogar verwandt bin ich mit ihm“, rief sie mir wütend entgegen. „Er war mein Bruder, und du hast ihn ermordet. Allah verfluche dich!“
    Ich setzte mich gemächlich auf die Ecke der Kiste und betrachtete mir die drei. Die Schuta war noch immer eine schöne Frau. Sie besaß wohl einen sehr leidenschaftlichen Charakter und war jedenfalls mehr oder weniger die Vertraute ihres Mannes. Die beiden andern waren alte Frauen, wie man eben dort tausend alte Weiber findet, durch nichts als durch ihre Häßlichkeit ausgezeichnet. Als ich fragte, wer sie seien, antwortete die Wirtin:
    „Es ist meine Mutter und deren Schwester. Sie haben dich außerordentlich lieb, weil du der Mörder meines Bruders bist!“
    „Ich verzichte auf ihre Liebe, und ihr Haß ist mir gleichgültig. Ich habe Deselim nicht ermordet. Er stahl mir mein Pferd. Er war ein schlechter Reiter, wurde abgeworfen und brach den Hals dabei. Habe ich ihn also ermordet?“
    „Ja, denn du verfolgtest ihn. Hättest du das nicht getan, so wäre er nicht gezwungen gewesen, über das Wasser zu setzen und dabei vom Pferd zu stürzen!“
    „Höre, du entwickelst da eine merkwürdig spaßhafte Ansicht. Wenn mir ein Dieb ein kostbares Pferd stiehlt, so wirst du mir wohl gütigst den Versuch erlauben, es wiederzubekommen. Daß du gar wünschest, Allah möge mich dafür verfluchen, klingt nicht gut aus dem Mund eines zarten Weibes und ist außerdem eine große Unvorsichtigkeit von dir. Wie die Sachen stehen, solltest du dich sehr hüten, mich zu beleidigen. Ich habe die Macht, dich dafür zu bestrafen.“
    „Und wir haben die Macht, uns dann zu rächen!“ drohte sie in energischem Ton.
    „So? Du scheinst über eure Kräfte sehr genau unterrichtet zu sein. Wahrscheinlich hat dein Mann dir kein geringes Vertrauen geschenkt.“
    Ich sagte das, um sie zu einer Unvorsichtigkeit zu verleiten, in sehr spöttischem Ton, und wirklich fuhr sie auf:
    „Ja, ich besitze sein volles Vertrauen. Er sagt mir alles, und so weiß ich auch ganz genau, daß du verloren bist!“
    „Ja, ich konnte mir freilich denken, daß die Schuta alles wissen werde und –“
    „Die Schuta?“ unterbrach sie mich. „Die bin ich nicht!“
    „Pah! Leugne nicht! Kara Nirwan hat gestanden, daß er der Schut ist.“
    „Das ist nicht wahr!“ fuhr sie angstvoll auf.
    „Ich lüge nicht. Er hat es in der Versammlung der Ältesten zugegeben, als ich ihm sagte, daß er zu feig sei, es einzugestehen.“
    „O Allah! Ja, so ist er! Den Vorwurf der Feigheit läßt er nicht auf sich liegen. Lieber bringt er sich und uns in das Verderben!“
    „Mit diesen Worten schließest du dich seinem Geständnis an. Eigentlich habe ich mit euch Frauen nichts zu schaffen; aber du bist seine Vertraute und also seine Mitschuldige und wirst sein Schicksal teilen müssen, wenn du uns nicht Veranlassung gibst, dich mit Milde zu behandeln.“
    „Herr, ich habe nichts mit dieser Sache zu schaffen!“
    „Sehr viel sogar! Du warst jahrelang die Genossin des Verbrechers und mußt auch die Strafe erleiden. Der Schut wird jedenfalls hingerichtet werden.“
    „O Allah! Ich auch?“
    „Ganz sicher!“
    Die drei Weiber schrien laut auf vor Angst.
    „Jetzt könnt ihr heulen“, fuhr ich fort. „Hättet ihr doch früher über euch selbst geschrien! Oder habt ihr wirklich geglaubt, daß Allah eure Missetaten nicht an das Licht des Tages bringen würde? Ich sage euch, daß alle eure Verbündeten verloren sind, und daß mancher von ihnen das Leben lassen wird.“
    Die beiden Alten rangen die Hände. Die Schuta starrte eine Weile vor sich hin und fragte dann:
    „Du sprachst vorhin von Milde. Wie meintest du das?“
    „Ich meinte, daß man dich nachsichtiger beurteilen werde, wenn du die Veranlassung dazu gibst.“
    „Und worin soll diese Veranlassung bestehen?“
    „In einem offenen Geständnis.“
    „Das hat mein Mann bereits abgelegt. Ihr braucht also nur ihn zu fragen, wenn ihr noch mehr wissen wollt.“
    „Ganz recht. Ich habe auch gar nicht die Absicht, ein Verhör mit euch anzustellen und euch irgendwelche Geständnisse zu erpressen. Die Untersuchung wird in Prisrendi geführt werden, und ich bin dabei nur als Zeuge beteiligt. Aber auf meine Aussage wird sehr viel ankommen, und du kannst es dahin bringen, daß ich ein gutes Wort für dich einlege.“
    „So sage mir, was ich tun soll!“
    „Nun, ich will aufrichtig mit dir sein. Ich und meine Gefährten, wir sind aus fremden

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