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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verlassen. Finde ich die Verhältnisse nicht so, wie du mir gesagt hast, so dürft ihr auf Gnade keinen Anspruch machen.“
    „O Herr, ich bin überzeugt, du findest sie so, daß ihr mir die Strafe vielleicht gar erlassen werdet.“
    Das klang so ehrlich und treuherzig! Diese Frau konnte sich außerordentlich verstellen. Vielleicht war sie mir an Schlauheit überlegen.
    Als ich hinabkam, standen die andern noch im Flur. Der Schut warf einen besorgt forschenden Blick auf mich, ohne jedoch aus meinem Gesicht etwa lesen zu können. Ich sagte, daß wir uns hinüber nach dem Hof begeben wollten. Draußen saßen die Skipetaren noch auf ihren Pferden. Man hatte sich nicht feindselig gegen sie verhalten. Als wir bei dem Hoftor anlangten und an dasselbe klopften, wurde wieder nicht geöffnet. Ich gebot dem Schut, aufmachen zu lassen; aber er weigerte sich abermals. Da fiel mir das Stichwort ein, welches ich von dem Fährmann in Ostromdscha gehört hatte. Ich klopfte abermals und rief:
    „Atschyniz, bir Syrdasch – öffnet, ein Vertrauter!“
    „Bir azdan – sogleich!“ antwortete es hinter dem Tor. Der Innenriegel wurde weggeschoben und das Tor geöffnet. Ein Knecht stand da, welcher uns, als er uns erblickte, erschrocken anstarrte.
    „Budala – Dummkopf!“ raunte ihm der Schut zornig zu.
    Wir drangen ein, mit uns aber auch ein großer Teil des Volkes. Ich gebot den Leuten, draußen zu bleiben; vergeblich. Sie drängten herein, so breit das Tor war. Das konnte uns gefährlich werden; darum gab ich den sechs Skipetaren einen Wink, welche nun ihre Pferde zwischen die Leute hineintrieben und die bereits im Hof befindlichen von den noch draußen stehenden abschlossen.
    Laute Rufe des Unmutes erschallten von draußen und von innen; wir verriegelten aber das Tor, und dann sagte ich den Leuten, daß sie hier, wo sie sich befanden, stehen zu bleiben hätten. Damit es ihnen nicht einfiel, das Tor zu öffnen, mußten die Skipetaren an demselben bleiben. Wir andern gingen weiter. Die Seiten des Hofes bestanden aus einem langen, niedrigen Gebäude, welches die ganze vordere Linie des Quadrates einnahm; dann aus einem ebensolchen Gebäude als zweite Linie; die dritte und vierte Linie wurde aus hohen Mauern gebildet. Von der dritten Linie, uns gegenüber, gingen sechs Bauwerke – lang, schmal und niedrig – parallel zueinander wie die Zähne eines Kammes aus. Es schienen Stallungen zu sein. Sie standen mit den Giebeln nach uns zu, während sie die andern Giebelseiten an die Mauer lehnten. An einem dieser Giebel las ich das Wort ‚Jazlyk‘, und über demselben stand ein türkisches Dal. Was dieser Buchstabe zu bedeuten habe, wußte ich nicht. Jazlyk war Comptoir. In demselben sollte sich der erwähnte Kassenschrank befinden.
    Zunächst schickte ich Halef, Omar und Osco aus, das Innere all dieser Gebäude zu untersuchen. Ich blieb bei den ‚Vätern des Ortes‘ und bei dem Schut zurück; denn diesen durfte ich nicht aus den Augen lassen.
    Nach einer halben Stunde kehrten die Gefährten zurück und Halef meldete:
    „Sihdi, es ist alles sicher, kein einziger Mensch ist vorhanden.“
    „Was befindet sich in den Häusern?“
    „Häuser sind keine da. Diese beiden Gebäude“ – er deutete dabei auf die erste und zweite Seite des Hofvierecks – „sind Vorratsräume, welche nur nach dem Hof hin offen sind. Die sechs niedrigen Bauwerke, uns gegenüber, sind Stallungen, worin viele Pferde stehen.“
    „Und niemand ist dort? – Kein einziger Knecht?“
    „Keiner.“
    „Sind alle diese Ställe gleich gebaut?“
    „Nein. Derjenige, über welchem das Wort Jazlyk steht, hat vorn, nach uns zu, ein Stübchen, in welchem ein Tisch und einige Stühle sind. Auf dem Tisch lagen allerhand Schreibereien.“
    „Gut, so wollen wir uns zunächst dieses Stübchen einmal ansehen. Der Perser geht mit mir, und der Lord und Monsieur Galingré begleitet uns.“
    „Ich nicht?“ fragte Halef.
    „Nein. Du mußt hier bleiben, um an meiner Stelle zu kommandieren. Dulde vor allen Dingen nicht, daß das Tor geöffnet werde, und verlaß diese Stelle unter keinem Umstand. Ihr steht hier mit dem Rücken gegen das Vorratsgebäude und habt prächtige Deckung, wobei ihr den ganzen Hof übersehen könnt. Kommt ihr während meiner Abwesenheit in irgendeine Gefahr, so gebraucht ihr eure Waffen. Ich bin sehr bald wieder da.“
    Wir drei – Galingré, Lindsay und ich – führten den Schut nach dem erwähnten Stall. Die Tür desselben befand sich in

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