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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Mitte des Gebäudes. Als wir eintraten, sah ich zwei Reihen von Pferden. Im hintern Giebel befand sich eine Tür, und vorn führte auch eine nach dem sogenannten Comptoir. Eine Decke gab es nicht; das Dach war aus Stroh hergestellt. Es gab also hier im Stall kein Plätzchen, welches einem Feind als Versteck hätte dienen können. Der Schut war waffenlos und an den Händen gebunden. Wir brauchten also wohl keine Sorge zu haben.
    Trotzdem, und um keine Vorsichtsmaßregel zu versäumen, ging ich nach der hintern Tür, welche von innen verriegelt war. Ich öffnete sie und blickte hinaus. Da gab es hinter der Mauer, an welche die sechs Ställe im rechten Winkel stießen, noch eine zweite Außenmauer. Zwischen beiden zog sich ein schmaler Raum hin, welcher als Düngerstelle benutzt wurde. Da ich auch da niemanden erblickte, fühlte ich mich vollständig beruhigt, zumal ich ja die Tür von innen verriegeln konnte. Dies tat ich und kehrte zu den dreien zurück.
    Jetzt traten wir in das Comptoir. Es wurde nur von einer sehr kleinen Fensteröffnung erhellt. Dem Eingang gegenüber sah ich ein Schränkchen hängen – etwas über eine Elle breit und gegen zwei Ellen hoch. Da auch hier sich kein Mensch außer uns befand, so war jede Besorgnis wohl überflüssig. Dennoch war das gelbe Gesicht des Schut um einen Ton bleicher geworden. Sein Blick irrte ruhelos hin und her. Er mußte sich in einem Zustand der größten Aufregung befinden.
    Ich schob ihn an die Wand, unseligerweise so, daß er nach der Tür sehen konnte, während wir derselben die Rücken zukehrten, und sagte:
    „So bleibst du stehen und beantwortest mir meine Fragen! Wo pflegst du das Geld aufzuheben, welches du geraubt hast?“
    Er ließ ein höhnisches Lachen hören und antwortete:
    „Das möchtest du wohl gern wissen?“
    „Allerdings.“
    „Wirst es aber doch nicht erfahren!“
    „Vielleicht weiß ich es bereits.“
    „Dann müßte es dir der Scheïtan verraten haben!“
    „Wenn der Teufel es war, so hatte er wenigstens eine Gestalt, welche nicht zum Erschrecken war. Er sah deiner Frau sehr ähnlich.“
    „Was?“ fuhr er auf. „Sollte sie es dir gesagt haben?“
    „Ja, wenigstens gab der Teufel sich für deine Frau aus, als ich ihn oben auf dem Boden traf. Sie sagte mir, das geraubte Geld befinde sich da hinter dem Schrank.“
    „Diese alberne, ver –“
    Er hielt inne; seine Augen leuchteten, neben mir hinwegblickend, und er schrie:
    „Weg mit den Messern! Tötet die Hunde nicht! Ich will sie lebendig haben.“
    Zugleich versetzte er mir einen Tritt an den Unterleib, welcher mich taumeln machte, und ich wurde, bevor ich mich umdrehen konnte, von hinten gepackt. Es waren vier oder sechs Arme, die mich umschlangen.
    Zum Glück hing mir der Stutzen am Riemen von der Schulter. Sie hatten das Gewehr mit umschlungen und vermochten also nicht, mir den rechten Arm so fest wie den linken an den Leib zu drücken.
    Jetzt galt es. Ein Glück, daß die Angreifer die Waffen nicht gebrauchen sollten! Der Lord schrie auf, Galingré ebenfalls. Auch sie waren ergriffen worden.
    Ich gab mir einen Schwung, um mit dem Gesicht gegen meine Bedränger zu kommen; es gelang. Da standen in der kleinen Stube wohl zwölf bis vierzehn Menschen, genug, um uns zu erdrücken. Und draußen im Stall standen ihrer noch mehrere. Hier wäre Schonung nur unser eigenes Verderben gewesen. Ich wollte die drei, welche mich gefaßt hielten, abschütteln; es wäre mir wohl auch gelungen, wenn ich Spielraum dazu gehabt hätte.
    Einige von den Bedrängern rissen den Schut durch das Gedränge hinaus, um ihn dort von seinen Fesseln zu befreien. Da griff ich mit der rechten Hand in den Gürtel und zog den Revolver. Ich konnte aber den Arm nicht emporheben und hielt die Waffe gegen die Leiber der Feinde. Drei Schüsse, und ich war frei. Was ich nun tat, kann ich nicht bis ins Einzelne beschreiben, denn es ist mir unmöglich, mich darauf zu besinnen. Mit den drei noch übrigen Schüssen machte ich dem Lord und Galingré Luft, gab mir aber Mühe, die Betreffenden nicht zu töten, sondern nur kampfunfähig zu machen.
    Sobald der Lord sich frei fühlte, stieß er ein Brüllen aus wie ein Löwe, der sich auf seine Beute stürzt. Er erfaßte einen schweren Hammer, welcher auf dem Tisch lag und warf sich mit demselben, ohne daran zu denken, daß er Waffen bei sich trug, auf die Feinde. Galingré entriß einem der Verwundeten das Messer und stürzte vorwärts. Ich hatte den Revolver wieder

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