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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kaukasus.“
    „Kaukasus? Weshalb?“
    „Sprachstudien.“
    „Unsinn! Ihr schwatzt genug in fremden Zungen. Was habt Ihr davon, Euch mit den Tscherkessen herumzubalgen. Geht mit mir! Soll Euch kein Geld kosten.“
    „Wohin?“
    „Zu den Haddedihn.“
    „Was?“ fragte ich, nun meinerseits erstaunt. „Ihr wollt zu den Haddedihn?“
    „Yes“, nickte er, und seine Nase nickte auf ihre eigene Rechnung gar dreimal. „Warum nicht? Habt Ihr etwas dagegen?“
    „Nicht das Geringste. Aber wie kommt Ihr auf diesen Gedanken? Wollt Ihr etwa wieder nach ‚Fliegenden Stieren‘ graben?“
    „Haltet den Mund! Braucht mich nicht zu foppen, Sir; bin von diesem Gedanken längst zurückgekommen. Aber Ihr wißt, daß ich Mitglied vom Traveler-Klub, London, Near-Street 47, bin. Habe mich da anheischig gemacht, eine Reise von achttausend Meilen zu machen, ganz egal, wohin. Überlegte mir die Sache. Dachte an unsere früheren Ritte und entschloß mich, die bekannten Orte aufzusuchen und dann von Bagdad nach Indien und China zu gehen. Wollt Ihr mit?“
    „Danke! Habe nicht so lange Zeit.“
    „Dann wenigstens mit zu den Haddedihn. Wollte mir hier einige Führer nehmen; habe sie sogar engagiert; können aber dableiben, wenn ihr mitgeht.“
    Der Gedanke, die Haddedihn und namentlich Halef zu besuchen, war mir höchst sympathisch; aber ich hatte nun einmal anders über meine Zeit verfügt und machte Einwendungen. Er hörte dieselben jedoch gar nicht an, schüttelte den Kopf, wobei seine Nase in ein bedenkliches Schlingern kam, wedelte mit den Armen, so daß ich mich durch einige Schritte nach rückwärts in Sicherheit bringen mußte, und ließ eine solche Flut von Einwendungen, Vorwürfen und Ermahnungen über mich los, daß ich schließlich bat:
    „Nehmt Eure Stimmwerkzeuge in acht, Sir! Vielleicht habt Ihr sie später auch noch einmal nötig.“
    „Pshaw! Ich werde so lange reden, bis Ihr sagt, daß Ihr mitmachen wollt.“
    „Wenn das der Fall ist, so muß ich mich nun freilich mehr über Euch erbarmen als Ihr selbst. Ich reite mit. Doch sage ich Euch, daß ich nicht mehr als einen Monat für Euch haben kann.“
    „Schön, schön, herrlich, prächtig, Sir! Wenn Ihr nur erst einen Monat sagt, so bin ich ganz zufrieden, denn ich weiß, daß bei Euch sehr leicht ein ganzes Jahr daraus wird.“
    Er umarmte mich wieder und versuchte, einen zweiten Kuß an den Mann zu bringen, dem ich aber durch eine schlaue Kopfbewegung entging, so daß die drohend zugespitzten Lippen in der Luft laut auseinanderplatzten. Darauf erkundigte ich mich, wo er in Damaskus wohnte.
    „Beim englischen Konsul, der ein entfernter Verwandter von mir ist“, antwortete er. „Und Ihr?“
    „Bei Jakub Afarah natürlich. Ich habe dadurch große Freude angerichtet. Warum habt Ihr ihn nicht besucht?“
    „Woher wißt Ihr, daß ich nicht bei ihm gewesen bin?“
    „Weil er es mir gesagt hätte.“
    „Well. Dachte, daß er mich gleich dort behalten würde, und Ihr wißt ja, daß ich gern mein eigener Herr bin. Ein Gast ist immer ein gebundener Mann. Doch da ich Euch gefunden habe, will ich Euch zu ihm begleiten. Ich möchte gern das famose Klavier sehen, auf welchem Ihr damals bei ihm ein Konzert gegeben habt.“
    Kain und Abels Erinnerungsstätte erregte jetzt weniger unsere Aufmerksamkeit; wir ritten bald nach der Stadt zurück. Das war wieder einmal so ein unerwartetes Zusammentreffen, wie ich sie so oft erlebt hatte! Die Folge davon war anstatt der geplanten Reise nach Norden ein Ausflug zu den lieben Haddedihn vom Stamme der Schammar. Zwei Tage später waren wir schon unterwegs, ganz allein, denn Führer konnten uns nur lästig fallen. Was die Vorbereitung zu diesem Ritt betrifft, so kosteten sie mich keinen Pfennig. Lindsay kaufte drei gute Kamele, eins davon zum Tragen der Vorräte, welche wir mitnahmen. Auch für Geschenke hatte er in höchst anständiger Weise gesorgt. Leider war es mir nicht möglich gewesen, ihn zu bestimmen, seinen schauderhaften, graukarierten Anzug abzulegen. Auf alle meine darauf bezüglichen Vorstellungen gab er immer nur die eine Antwort:
    „Laßt mich mit Euren fremden Kleidern in Ruh! Habe einmal in einem kurdischen Anzug gesteckt, einmal und nicht wieder! Bin mir vorgekommen wie ein Löwe in der Eselshaut!“
    „Wirklich? Sonderbar!“
    „Was, sonderbar?“
    „Diese Umkehrung. Die bekannte Fabel spricht doch wohl von einem Esel in der Löwenhaut.“
    „Sir! Soll das eine Anzüglichkeit bedeuten?“
    „Nein, nur eine

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