17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Richtigstellung.“
„Well, sollte Euch auch nicht gut bekommen! Hoffe, Euch beweisen zu können, daß ich keiner fremden Haut bedarf, um den nötigen Mut zu zeigen, wenn sich eine Veranlassung dazu ergeben sollte. Könnt Euch darauf verlassen!“
Dieser Bemerkung bedurfte es gar nicht; er hatte ja mehr als zur Genüge bewiesen, daß er Mut besaß; nur hatte er leider dabei die Eigentümlichkeit, alles am verkehrten Ende anzufassen. Das Bild vom Esel in der Löwenhaut war von mir berichtigt worden, weil ich wissen wollte, ob ich noch in der früher zwischen uns gebräuchlichen Weise mit ihm verkehren könne.
Wir benutzten ganz genau denselben Weg, welchen ich damals von den Weideplätzen der Haddedihn nach Damaskus eingeschlagen hatte, und gingen also in der Gegend von Deir auf Kellekflößen über den Euphrat. Wir hatten bisher nichts erlebt, was besondere Erwähnung verdiente; in Deir aber erfuhren wir, daß wir von jetzt an vorsichtig sein müßten, weil die Abu-Ferhanaraber, deren Herden jetzt hier und am Ghabur weideten, sich mit den Haddedihn entzweit hatten und uns, die wir mit den letzteren befreundet waren, jedenfalls feindlich behandeln würden. Wir hielten uns also lieber südlich und gingen bei Abu Serai über den Ghabur. Dort liegen die Ruinen des alten Circesium oder Karchemisch, wo 605 v. Chr. Nebukadnezar den ägyptischen König Necho besiegte. Einen Tag später hatten wir das Gebiet der Abu-Ferhan hinter uns, ohne einem von ihnen begegnet zu sein, und durften darauf rechnen, morgen oder spätestens übermorgen die Haddedihn zu sehen.
Am nächsten Abend machten wir auf der weiten Ebene, welche jetzt einer blumigen Wiese glich, Halt. Lindsay hätte gern ein Feuer gebrannt, doch gab ich das nicht zu. Wir lagerten also im Dunkeln. Gegen Mitternacht hörte ich den schnellen Hufschlag von Pferden, konnte aber die Reiter nicht sehen. Dem Schall nach zu urteilen, ritten sie ostwärts, also in der Richtung, in welcher wir die Haddedihn suchten. Hätten wir ein Feuer gemacht, so wären wir von diesen Leuten bemerkt und aufgesucht worden.
Als der Tag graute, brachen wir auf. Nachdem wir vielleicht eine Stunde lang geritten waren, erblickten wir zwei Reitertrupps, welche aus Osten kamen; der erste von ihnen, der aus sechs bis acht Personen bestand, hielt sich nördlich, mußte also für uns schnell wieder verschwinden: der zweite zählte nur zwei Personen, welche grad auf uns zukamen. Ich glaubte annehmen zu dürfen, daß diese beiden Trupps zusammengehörten und sich erst vor wenigen Minuten getrennt hatten.
Zunächst konnten wir etwas Deutliches nicht sehen, weil die Leute noch zu fern von uns waren; doch kamen die beiden uns rasch näher, und da erkannten wir, daß der eine auf einem Schimmel und der andere auf einem Schwarzen saß. Sie sahen uns natürlich ebenso wie wir sie, veränderten aber ihre Richtung nicht, schwangen die Arme, wie um uns ein Zeichen zu geben, und ließen frohe Ausrufe hören, welche aus der Ferne wie „Negah, negah, nefad!“ klangen. Wenn ich nicht falsch hörte, so hieß dies soviel wie: „Es ist gelungen, gelungen!“ Sie schienen uns für ihresgleichen zu halten.
Dann aber mußten sie die graukarierte Gestalt des Englishman deutlicher sehen; sie stutzten, kamen aber doch dann auf uns zu. Jetzt waren sie ungefähr noch zweihundert Pferdelängen von uns entfernt; da konnte ich einen Ausruf des Erstaunens nicht unterdrücken; ich erkannte die beiden Pferde. Bei dem Engländer war dasselbe der Fall, denn er sagte zu gleicher Zeit:
„Alle Donner, das ist ja unser Rih! Sind diese Leute Haddedihn?“
„Nein, Pferdediebe“, antwortete ich leise. „Macht sie mir nicht scheu! Jedenfalls sind es Abu-Ferhans, dieselben, welche gestern abend an uns vorüberritten. Sie haben die beiden besten Pferde der Haddedihn gestohlen. Haltet an und steigt ab, Sir! Die Pferde müssen wir haben. Bleibt hier halten, bis ich wiederkomme!“
Wir ließen unsere Kamele niederknien und stiegen ab. Den Bärentöter und den Stutzen ließ ich im Sattel hängen und ging den beiden Reitern mit leeren Händen entgegen. Sie waren auch halten geblieben. Ein Blick nach rückwärts sagte mir, daß Lindsay sein Gewehr in der Hand hielt. Als ich noch ungefähr sechzig Schritte von ihnen entfernt war, rief mir derjenige, welcher auf dem Rapphengst saß, zu:
„Halt, bleib stehen! Wer bist du?“
„Ich bin der Besitzer des Rappen, auf welchem du sitzt“, antwortete ich. „Steig ab!“
„Allah verbrenne
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