17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
bemerkt worden zu sein, und schlich mit ihnen fort. Erst gingen wir leise und langsam, um kein Geräusch hören zu lassen; als wir aber die Hörweite hinter uns hatten, brauchten wir uns nicht mehr so in acht zu nehmen.
Halef war neugierig auf das, was ich erfahren hatte. Ich sagte es ihm. Er fragte dann:
„Denkst du, daß sie schon während der Nacht angreifen werden?“
„Ich denke es. Nur machen mich die Worte des Anführers irre, daß es darauf ankomme, ob der Bote schnell genug gewesen ist. Was für ein Bote mag gemeint sein?“
„Wer weiß es!“
„Es wäre aber wohl sehr nötig, es zu wissen. In einer Lage, wie die unserige ist, kann man nicht umsichtig genug sein. Ich zählte elf Personen, mit dem Kundschafter zwölf. Ob der Anführer einen Boten fortgeschickt hat, noch mehr Leute zu holen?“
„Da müßten doch noch mehr Bebbeh in der Nähe sein!“
„Warum nicht? Wenn dies der Fall wäre, bekämen wir gewiß einen sehr harten Stand.“
„Ich fürchte mich nicht, Sihdi!“
„Das; weiß ich, lieber Halef; aber mir liegt das Vorgefühl in den Gliedern, daß es auch dieses Mal hier kein gutes Ende nehmen werde.“
„Mach dir doch keine solche Sorgen! Wie oft sind wir in noch größerer Gefahr gewesen und stets gut daraus hervorgegangen. So wird es auch heute und morgen werden. Was gedenkst du zu tun? Werden wir den Überfall abwarten oder die Bebbeh lieber selbst angreifen?“
„Darüber kann ich nicht bestimmen. Du weißt ja, daß Amad el Ghandur jetzt das Kommando führt!“
„Allah sei es geklagt! Hoffentlich aber ist er inzwischen zur Einsicht gekommen!“
„Das bezweifle ich. Ich kenne das Fieber der Blutrache. Wer ihm einmal verfällt, dem ist nicht zu helfen, bis es seinen natürlichen Lauf genommen und entweder den einen oder den anderen in den Tod gebracht hat. Du wirst sehen, daß er jetzt noch grad so denkt wie vorhin, als wir ihn verließen.“
Wir hatten inzwischen das untere Tal erreicht und stiegen nun zum Grabmal empor. Schon bereits von weitem, als wir durch die schon erwähnte Felsenenge gelangt waren, leuchtete uns der Schein eines riesigen Feuers entgegen.
„Welch ein Fehler, solche Flammen lodern zu lassen!“ entfuhr es mir, obgleich ich mir vorgenommen hatte, jetzt nichts zu tun, als ruhig zuzuwarten.
„Werde ihnen gleich meine Meinung sagen“, meine Halef.
Das stets flinke Kerlchen sprang die Höhe vollends empor und rief den um das Feuer sitzenden und schmausenden Haddedihn zu:
„Allah akbar, Gott ist groß, aber eure Unvorsichtigkeit ist doch noch größer! Was fällt euch ein, ein solches Feuer zu brennen!“
„Was geht es dich an!“ antwortete Amad el Ghandur.
„Sehr viel. Mein Leben kann davon abhängen.“
„An deinem Leben ist nicht viel gelegen!“
„So! Wenn du nicht im Rächerwahne sprächest, würde ich dir anders antworten, als ich jetzt tue. Die Bebbeh sind da, um uns zu überfallen, und ihr brennt für sie ein Feuer an, damit ihre Kugeln uns ja recht sicher treffen mögen!“
„Die Bebbeh? Das lügst du!“
„Wahre deine Zunge! Ich bin Hadschi Halef Omar und habe noch nie gelogen. Die zwei Kundschafter der Bebbeh haben euch weisgemacht, daß sie Sorankurden seien, und von euch alles erfahren, was sie wissen wollten. Nun sind sie zurückgekehrt, um den Bluträcher Ahmed Azad, den Sohn Gasahl Gaboyas, herbeizuholen. Er hält gar nicht weit von hier und will uns überfallen.“
Das brachte die Haddedihn denn doch aus ihrer Fassung. Sie forderten Halef auf, alles zu erzählen; er antwortete:
„Eigentlich seid ihr keines Wortes wert. Ihr habt euch von meinem Effendi losgesagt, und so sollten wir eigentlich fortreiten und uns nicht weiter um euch bekümmern; aber ich weiß, was ich meiner Bekehrung zur wahren Liebe schuldig bin, und werde euch also eure Bitte erfüllen. Der Emir Kara Ben Nemsi, ich, der Hadschi Halef Omar und mein Sohn Kara Ben Halef, wir sind am Lager der Bebbeh gewesen und haben ihre Gespräche belauscht. Hätten wir das nicht getan, so würdet ihr heute nacht abgeschlachtet wie Schafe, welche keinen Hirten und Beschützer haben.“
Er erzählte nun das, was wir getan, gesehen und gehört hatten, in seiner farbenreichen Weise und schloß die besten Ermahnungen daran. Schon glaubte ich, daß diese seine Vorstellungen nicht ohne Erfolg sein würden, da fuhr ihn Amad el Ghandur an:
„Schweig! Wir brauchen deine Ermahnungen nicht; wir wissen selbst, was wir zu tun haben. Also zwölf Bebbeh habt ihr
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