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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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warten.“
    „Vielleicht ist es die Tochter einer Bärenmutter und selbst Mutter und Großmutter von vielen Enkeln. Hier, wo sie sich wälzte, hat sie auch den Sand aufgekratzt. Die Krallen sind sehr stumpf und abgestoßen. Sie ist eine sehr alte Tante. Sei froh, ihr nicht unerwartet begegnet zu sein.“
    „Und doch wollte ich, sie käme jetzt herbei, um uns die Verbeugung des Grußes zu machen. Kann ein Bär gegessen werden?“
    „Ja, aber nicht so, wie man einen Apfel mit Fleisch und Schale verspeist. Schinken und Tatzen sind, wenn gut zubereitet, wahre Leckerbissen. Auch die Zunge ist vorzüglich. Vor der Leber muß man sich hüten. Es gibt Völker, welche sie für giftig halten.“
    „Schinken und Tatzen!“ rief der Kleine aus. „Sihdi, können wir ihn nicht aufsuchen, um uns diese Leckerbissen von ihm geben zu lassen?“
    „Halef, Halef! Denke an andere Leckerbissen, welche dir nicht sehr gut –“
    „Schweig!“ fiel er mir schnell in die Rede. „Meinst du, daß der Prophet verboten hat, den Schinken und die Tatzen des Bären zu verspeisen?“
    „Er hat es nicht verboten. Die Sprache des Propheten hat zwar ein Wort für Bär, nämlich ‚Dibb‘, aber mit diesem Wort wird zuweilen auch die Hyäne bezeichnet, und ich glaube nicht, daß Mohammed jemals einen wirklichen Bären gesehen hat.“
    „Hätte er es verboten, so würde ich um keinen Preis ein Gelüste nach Bärenschinken hegen; da dem aber nicht so ist, so sehe ich nicht ein, warum wir uns diesen Hochgenuß versagen wollen. Wir gehen in den Wald und schießen das Tier nieder.“
    „Meinst du, daß es da nur so auf uns wartet?“
    „Es muß doch ein bestimmtes Lager haben!“
    „Das ist nicht nötig. Aber wäre dies auch der Fall, so würden wir das Lager nicht finden. Wir haben keine Fährte, und es beginnt bereits zu dunkeln. Wir müssen also auf die Jagd verzichten.“
    „Effendi, mach' es doch möglich!“ bat er. „Bedenke, daß dein treuer Halef seiner Hanneh, der Perle der Frauen, erzählen will, daß er einen Bären erlegt habe. Sie würde entzückt und stolz auf mich sein.“
    „Sollte dein Wunsch erfüllt werden, so müßten wir einen oder gar zwei Tage hier verweilen, und dazu haben wir keine Zeit. In einer Viertelstunde wird es Nacht. Wir wollen uns sputen, das Haus Junaks zu erreichen!“
    „Zum Scheïtan mit diesem Haus! Lieber würde ich heute in der Höhle des Bären schlafen und mich dabei in das Fell wickeln, welches ich ihm abgezogen hätte. Aber ich muß gehorchen. Allah gewährt, und Allah versagt. Ich will nicht gegen ihn murren.“
    Also stiegen wir auf und ritten weiter.
    Nach einiger Zeit traten die steilen, mit dunklem Nadelwald bewachsenen Höhen noch weiter zurück, so daß sie eine fast kreisflächenähnliche Lichtung einschlossen, auf welcher wir ein Haus sahen, an das sich zwei Schuppen oder stallähnliche Gebäude lehnten. Nur rechts drüben schob die Höhe einen schmalen, zungenförmigen Ausläufer herein, welcher aus felsigem Boden bestand und mit Büschen, Laub- und Nadelbäumen besetzt war.
    Dort, an der Spitze dieser Zunge, sahen wir eine Person stehen, deren Kleidung nicht entscheiden ließ, ob sie männlichen oder weiblichen Geschlechtes sei.
    „Das ist Guszka, Herr“, sagte der Konakdschy. „Soll ich sie rufen?“
    „Wer ist Guszka?“
    „Das Weib Junaks, des Ruß- und Kohlenhändlers.“
    „Du brauchst sie nicht zu rufen, denn ich sehe, daß sie uns jetzt bemerkt.“
    War dies der Vorname oder nur ein Schmeichelname, welcher auf die Seelen-Eigentümlichkeiten seiner Trägerin schließen ließ? Guszka ist nämlich auch serbisch und bedeutet ‚Gans‘. Aber nach dem, was mir unser letzter Wirt, der Schäfer, über sie mitgeteilt hatte, stand nicht zu erwarten, daß sie die bekannte Eigenschaft des gleichnamigen Schwimmvogels besäße. Ich war neugierig, wie sie uns aufnehmen würde.
    Schon jetzt verstellte sie sich. Sie tat, als hätte sie uns noch nicht gesehen, und schritt langsam und gesenkten Kopfes dem Hause zu. Der Ausdruck ‚Haus‘ war eigentlich hier eine großartige Schmeichelei. Die Mauern bestanden aus Steinen, die ohne bindenden Mörtel übereinandergelegt und deren Zwischenräume mit Erde und Moos verstopft waren. Die Bedeckung war ein primitives Knüppeldach, mit Wassermoos und getrocknetem Farnkraut bekleidet. Die Tür war so eng und niedrig, als sei sie nur für Kinder gemacht gewesen, und die Fensteröffnungen hatten grad die nötige Größe, um die Nase hinausstecken zu

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