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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Begleitern. Er sprang auf und rief erstaunt:
    „Allah! Da kommt der Deutsche!“
    Er ließ vor Überraschung die Peitsche fallen, welche er in der Hand gehalten hatte. Auch der Köhler sprang empor und starrte mich so erschrocken an, als sähe er ein Gespenst. Die andern blieben sitzen. Suef und der Konakdschy schienen sich vor Schreck gar nicht bewegen zu können. Alle hatten die Augen auf mich gerichtet, weshalb sie die im Schatten stehenden drei gar nicht bemerkten.
    „Ja, der Deutsche“, antwortete ich. „Habe ich es dir gestern nicht gesagt, Scharka, daß ich sicher wiederkommen werde, sobald es nötig sei?“
    „Ja, du hast es gesagt“, antwortete der Köhler. „Aber welche Notwendigkeit sollte dich schon heute zurückführen?“
    „Ein kleines Geschäft, welches ich mit deinem Freund, dem Alim, machen will.“
    „Mit mir?“ fragte der Genannte.
    „Ja, mit dir. Weißt du nicht, was ich meine?“
    „Ich habe keine Ahnung.“
    „So setze dich, damit ich dir die Angelegenheit in aller Bequemlichkeit vortragen kann.“
    Der Eindruck, welcher mein plötzliches Erscheinen machte, war so groß, daß der Alim sich wirklich sogleich niedersetzte. Ich gab dem Köhler einen kurzen, gebieterischen Wink, und auch er ließ sich nieder. Die Kerle waren eben ganz verblüfft, mich so plötzlich in ihrer Mitte zu sehen.
    „Zunächst habe ich dir zu melden, daß ich mich noch nicht im Karaul befinde“, wendete ich mich an den ‚Gelehrten‘. „Du hast dich also sehr verrechnet.“
    „Im Karaul?“ fragte er betroffen. „Ich weiß nicht, was du meinst.“
    „So bist du sehr vergeßlich!“
    „Wieso?“
    „Du hast ja gesagt, daß ich mich bereits ganz gewiß im Karaul zu Rugova befände.“
    „Herr, ich kenne weder einen Karaul, noch habe ich so etwas gesagt.“
    „So bist du wohl auch nicht der Meinung, daß ich dort zu Tode gepeitscht werden soll?“
    „Nein. Ich begreife dich ja überhaupt gar nicht.“
    „Ja, wenn du mich überhaupt gar nicht begreifst, so glaube ich freilich sehr gern, daß du es für unmöglich hältst, ich vermöge die Spur des Engländers zu finden.“
    Er antwortete nicht – die Stimme versagte ihm – er schnappte nach Luft. Darum fuhr ich fort:
    „Es weiß freilich außer dir und dem Schut kein Mensch, wie der Lord in eure Hand geraten ist; aber er hat dir versichert, ich würde ihn dennoch finden. Es war sehr dumm von dir, das nicht zu glauben. Ein Mann, welcher studiert hat, sollte doch gescheiter sein.“
    „Was für einen Engländer meinst du denn?“
    „Den, welchem du nachher hundert Hiebe geben wolltest.“
    Das war ihm doch zu viel. Er schluckte und schluckte und brachte kein Wort hervor.
    „Herr“, rief da der Köhler, „welches Recht hast du, hierher zu kommen und uns Dinge zu sagen, welche kein Mensch verstehen kann?“
    Er wollte sich erheben, aber ich drückte ihn nieder und antwortete:
    „Beruhige dich, Scharka! Mit dir habe ich zunächst nichts zu tun. Dieser Alim wird mir schon selbst zu antworten wissen. Ich suche nämlich den Engländer, welchen er hierher gebracht hat.“
    „Aber ich habe ja in meinem ganzen Leben noch keinen Engländer gesehen!“ rief der Alim.
    „Höre, das ist eine gewaltige Lüge. Du bist ja gestern nur zu dem Zweck hier gewesen, ihm hier bei Scharka Wohnung zu verschaffen.“
    „Nein, nein, das ist nicht wahr!“
    „Nun, wir werden ja sehen. Ich bin gekommen, das Lösegeld für ihn zu bezahlen.“
    „Ah!“ stieß er hervor. „Wer hat dich dazu beauftragt?“
    „Ich selbst. Ich allein habe mir die Erlaubnis gegeben, es dir zu bringen.“
    Es war ein gradezu stupider Blick, welchen er auf mir ruhen ließ. Der Köhler war klüger als er. Er erriet, daß ich in feindlicher Absicht gekommen sei, denn er schnellte in die Höhe und rief:
    „Lüge, nichts als Lüge! Hier weiß niemand von einem Engländer etwas. Wenn du glaubst, uns beleidigen zu können, so hast du dich sehr verrechnet! Du hast schon gestern –“
    „Schweig!“ donnerte ich ihn an. „Dein Verdienst ist es freilich nicht, daß ich jetzt lebendig und gesund vor dir stehe. Du wolltest uns an dem Teich, welcher an der Felswand liegt, ermorden. Glücklicherweise aber war ich nicht so albern, wie du dachtest. Setze dich nieder!“
    „Mann“, schrie er mich an, „wage nicht noch einmal, mich in dieser Weise zu verdächtigen! Es könnte dir schlecht bekommen.“
    „Setze dich!“ wiederholte ich. „Ich dulde nicht, daß man mir hier widerspricht. Wer von

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