17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
nötig.
» Alles geht schief, Reg«, flüsterte ich in sein rosa Flanellohr. » Alles!«
Als ich ihn in seine Nische zurücksetzte, schienen mir seine schimmernden schwarzen Knopfaugen zu sagen, dass ich womöglich ein wenig übertrieb, ich war mir aber nicht ganz sicher. Das Problem beim Sich-Verlieben war, sinnierte ich, dass man Gefahr lief, auf die Nase zu fallen. Und in der Tat: Willis senior war so ramponiert und angeschlagen, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
Ich trug das blaue Notizbuch zu einem der beiden Armsessel vor dem Kamin, setzte mich, schlug die Beine unter und legte das Buch in den Schoß. Mit einem schmerzlichen Seufzer öffnete ich es. Doch noch bevor ich etwas sagen konnte, huschte Tante Dimitys Handschrift auch schon eilig über die leere Seite.
Ich habe mir einen Plan ausgedacht, um Myron Brocklehurst ein für alle Mal loszuwerden! Wie oft hat man es schon erlebt, dass einer dieser selbst ernannten spirituellen Führer wegen illegaler finanzieller Machenschaften zur Rechenschaft gezogen wurde? Hört man nicht immer wieder, dass sie von ihren Mitgliedern ein Zehntel von deren Einkommen, außerdem Geschenke oder Schenkungen einsammeln, um das Geld dann in die eigene Tasche zu stecken? Mir fallen aus dem Stegreif mindestens zehn solche Fälle ein, und ich bin mir sicher, dass es dir genauso geht.
» Dimity?« Ich ahnte, worauf sie hinauswollte, war aber nicht in Stimmung, ihr dorthin zu folgen, doch bevor ich etwas sagen konnte, huschte ihre Handschrift unbeirrt weiter.
Es würde mich keinen Deut wundern, wenn sich herausstellte, dass unser Prophet wie viele andere vor ihm Profit aus der Sache zieht. Stell dir vor, wie schnell die Gläubigen von ihm abfallen werden, wenn sie erfahren, dass ihr Priester nichts weiter ist als ein geldgieriger Scharlatan, der sich auf ihre Kosten bereichert! Ich weiß, dass du, was Computer angeht, ein hoffnungsloser Fall bist, aber ich bin sicher, dass Bill, wenn du ihn lieb bittest, einen Blick in Mr Brocklehursts Finanzen werfen wird. Und sollte sich die Geschichte wiederholen – denn das tut sie häufiger, als die Menschen glauben –, wird Bill unweigerlich etwas finden, was uns das nötige Druckmittel an die Hand gibt, um Mr Brocklehurst und seine verblendeten Jünger ein für alle Mal aus Amelias Leben zu katapultieren.
Die Handschrift hielt inne.
» Bist du fertig?«
Fürs Erste ja. Eine gute Idee, findest du nicht auch?
» Durchaus, zumal ich gestern Nacht genau die gleiche hatte.«
Hast du schon mit Bill darüber gesprochen?
» Ja, aber das wäre gar nicht nötig gewesen, weil er eben diese Idee auch bereits gestern hatte.« Ich rang mir ein Lächeln ab. » Du kannst dich entspannen, Dimity. Die Recherche in Bezug auf Mr Brocklehursts möglicherweise schmutziges Vermögen ist bereits im Gange.«
Ach so. Dann lass uns weitermachen.
» Ja, das sollten wir in der Tat, ich habe dir nämlich einiges zu erzählen. Es war bislang ein recht denkwürdiger Tag, Dimity.«
Und ich dachte, du wolltest dich der Hausarbeit widmen.
» Das hatte ich auch vor, aber die Dinge entwickeln sich manchmal anders, als man denkt.«
Ich dachte wehmütig an Willis seniors zerplatzte Hoffnung und gab mir dann innerlich einen Ruck, um Tante Dimity auf den neuesten Stand zu bringen. Ich erzählte ihr, was passiert war, seit mich Amelias Anruf beim Wäschezusammenlegen im Schlafzimmer ereilt hatte. Wie die wackeren Dorfbewohner die ins Dorf eingefallenen Bowenisten in die Flucht geschlagen hatten, von den Broschüren, die Peggy Taxman und die anderen dazu bewogen hatten, Pussywillows aufzusuchen, und wie sie Amelia nach deren Beichte ihre Unterstützung zugesagt hatten.
» Alles lief zunächst ganz gut«, fuhr ich fort, » bis Peggy sich anheischig machte, auf die vier klaffenden Löcher in Amelias Rüstung hinzuweisen.«
Die emsigen Mägde?
» Ganz genau. Als Peggy das Thema anschnitt, schien es William wie Schuppen von den Augen zu fallen. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass jeder im Dorf mit Argusaugen verfolgt hatte, wie er Amelia hofierte, und welchen Schaden ein Quartett aus eifersüchtigen, klatschsüchtigen ortsansässigen Damen ihr zufügen könnte. Er überließ es Peggy und den anderen, ihr die Situation in aller Ausführlichkeit zu erklären– was sie glücklicherweise taten–, und fuhr nach Hause. Um sich selbst zu geißeln, weil er so dumm, so selbstsüchtig und blind gewesen war, wie er meint. Nachdem ich Pussywillows verlassen hatte, habe ich bei ihm
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