17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
Fingern über die Oberseite des Balkens und hielt keuchend inne, als ich eine schüsselartige Vertiefung im Balken ertastete. Der Zimmermann, der das hölzerne Grundgerüst des Cottages errichtet hatte, hatte den kleinen Makel des Balkens vor scharfsichtigen Blicken verborgen, indem er ihn so einsetzte, dass die Seite mit der Delle nach oben zeigte. Aber wenn der Pfarrer hier nach dem perfekten Versteck Ausschau gehalten hatte, hätte er sie gewiss entdeckt.
Mit zitternden Fingern ertastete ich ein Stück Pergament, das über dreihundert Jahre lang nicht mehr berührt worden war.
19
»Ich habe es gefunden«, sagte ich flüsternd. Ich stopfte die Attrappenrolle achtlos in meine Jackentasche und hob die echte Rolle so vorsichtig aus ihrer schüsselartigen Vertiefung, als handelte es sich um hauchdünnes Glas. Wie die Rolle, die wir im Glockenturm gefunden hatten, war auch diese mit einem schwarzen Band versehen, aber sie war dicker und straffer gerollt, was vermuten ließ, dass dieser dritte Teil von Gamaliels Geschichte länger war als die ersten beiden Seiten. Einen Moment lang konnte ich nichts anderes tun, als die Rolle ehrfurchtsvoll anzustarren. Dann legte ich den Kopf in den Nacken und brüllte: » Ich habe sie gefunden! Ich habe die dritte Seite gefunden!«
Im selben Moment, als ich vom Bett sprang, stürzte Bree ins Zimmer.
» Wo war sie?«, fragte sie.
» In einem Dachbalken.« Ich deutete zur Decke.
Bevor ich dazu kam, Elspeths Gästezimmer wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, erschien diese in der Türöffnung. Sie sah von meinen Füßen zu dem Bücherstapel und zu der zerwühlten Überdecke und schien die richtigen Schlüsse zu ziehen. Aber statt zu schimpfen, lächelte sie.
» Danke, Lori, dass du die Schuhe ausgezogen hast«, sagte sie liebenswürdig. » Haben deine Gymnastikübungen das gewünschte Ergebnis hervorgebracht?«
» Ja.« Ich reichte ihr die Pergamentrolle. » Dir gebührt die Ehre, sie Amelia zu überreichen. Ohne dich hätte ich sie nie gefunden.«
» Lori?«, rief Grant die Treppe hinauf. » Habe ich dich richtig verstanden? Du hast die Seite gefunden?«
» Ja«, rief ich. » Wartet unten im Wohnzimmer, ich bin gleich da.«
Ich strich die Überdecke glatt, stellte die Bücher wieder ins Regal zurück, streifte mir die Schuhe über, nahm meine Werkzeugtasche, die sich als völlig überflüssig erwiesen hatte, und folgte Bree und Elspeth die Treppe hinab.
Charles, Grant, Lilian und Amelia hatten sich im Wohnzimmer versammelt, aber sie waren nicht die Einzigen, die gespannt auf neue Entwicklungen warteten. Die zurückgewiesenen freiwilligen Helfer– Opal Taylor, Millicent Scroggins, Selena Buxton, Dick Peacock, Henry Cook und George Wetherhead– standen draußen vor dem großen Wohnzimmerfenster und spähten herein.
Elspeth bedachte die Zuschauer mit einem finsteren Blick, als nähme sie es dem Pöbel übel, dass er ihr nicht gestattete, ihren Triumph mit einer Handvoll Auserlesenen auszukosten.
» Also wirklich…«, sagte sie schmallippig. » So eine Frechheit…«
» Es ist ein Teil der Dorfgeschichte«, sagte Amelia sanft, » und somit auch ihrer Geschichte. Da ist es verständlich, dass sie sich dafür interessieren.«
» Außerdem: Geteilte Freude ist doppelte Freude«, fügte Lilian hinzu.
» Sie werden es sowieso erfahren«, murmelte Charles.
» Was haltet ihr davon, wenn wir Lilian ausreichend Zeit geben, den Text zu übersetzen«, schlug ich vor, » und ihn hinterher allen, die Interesse haben, laut vorlesen?«
» Das wäre in der Tat eine großzügige, integrative Geste«, bemerkte Grant.
» Und erzieherisch obendrein«, sagte Bree schlau.
Das Wort » erzieherisch« musste bei Elspeth Widerhall gefunden haben, denn sie atmete tief durch und schluckte ihre Enttäuschung hinunter.
» Mein Wohnzimmer ist zu klein für so viele Menschen«, sagte sie. » Lasst uns lieber ins Schulhaus gehen. Wir müssen nicht einmal Stühle aufstellen, weil Mr Barlow es versäumt hat, sie nach dem Treffen des Guy-Fawkes-Day-Komitees zu entfernen.«
» Mr Barlow ist Mesner und nicht dafür zuständig, nach Sitzungen im Schulhaus die Stühle wieder aufzustapeln«, wandte Lilian ein.
» Wie auch immer«, sagte Amelia, » das Schulhaus scheint jedenfalls der ideale Ort für unsere Zwecke zu sein. Sollen wir uns in einer Stunde dort treffen? Oder in zwei Stunden?« Sie sah Lilian fragend an.
» Eine Stunde reicht mir. Ich habe inzwischen meine Lateinkenntnisse
Weitere Kostenlose Bücher