17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
der Folter und schließlich vor der Hinrichtung zu bewahren?«
Ich wusste genau, was ich tun würde, aber einige der Dorfbewohner schienen gewillt zu sein, die Angelegenheit voller Enthusiasmus bis zum Einbruch der Nacht zu diskutieren. Doch bevor die Köpfe zu rauchen begannen, ergriff Amelia das Wort.
» Und die Geschichte ist wirklich zu Ende?«, fragte sie und sah Lilian besorgt an. » Sind die Aufzeichnungen hiermit abgeschlossen? Haben wir auch wirklich die letzte Seite gefunden?«
» Ich fürchte, nein«, antwortete Lilian.
Während die Dorfbewohner Lilians Worte verdauten, wurde es still im Raum.
» Es gibt also noch mehr Teile?«, rief Mr Barlow aus der letzten Reihe. » Aber warum sollte es noch weitergehen, Mrs Bunting? Jenna Penner hat ihre wohlverdiente Strafe bekommen, und Mistress Meg konnte vergnügt bis an ihr seliges Ende leben, sollte man doch meinen. Die Geschichte sollte hier eigentlich aufhören.«
» Vielleicht sollte sie das, Mr Barlow«, sagte Lilian, » aber das tut sie nicht. Am Ende dieser Seite gibt es ein weiteres Symbol. Also muss innerhalb der Grenzen der Pfarrgemeinde von St. George’s noch eine weitere Pergamentrolle versteckt sein.«
Zweifelsohne inspiriert von dem Gedanken, sich Willis seniors ewige Dankbarkeit zu verdienen, bot Selena sogleich ihr Haus, das Wren Cottage, zur Durchsuchung an, während Millicent beinahe darauf bestand, dass wir ihr Heim, das Larch Cottage, auseinandernahmen, um die fünfte Seite zu finden, doch beide Angebote wurden höflich abgelehnt.
» Tut mir leid, meine Damen«, sagte Lilian. » Aber das Symbol hat keinerlei Ähnlichkeit mit einem Vogel oder einer Lärche, nach denen Ihre beiden Cottages benannt sind. Mir ist nicht ganz klar, was es darstellt. Ich habe versucht, es zu kopieren, aber ich fürchte, meine Entwürfe sind ziemlich jämmerlich.« Sie sah Amelia an. » Mrs Thistle? Bestimmt bekommen Sie es besser hin.«
Amelia kehrte aufs Podium zurück, um die Skizze auf dem Pergament zu studieren, während Lilian das Dokument an beiden Enden flach auf den Tisch drückte, damit es sich nicht aufrollte. Dann fischte Amelia einen Bleistift aus ihrer voluminösen Tasche und blätterte Lilians Notizblock zu einer leeren Seite um, ehe sie mit flinken, sicheren Strichen eine größere Kopie des geheimnisvollen Zeichens anfertigte. Lilian reichte das Blatt weiter an George Wetherhead, um es herumgehen zu lassen.
Ich war die Letzte, die die Zeichnung zu sehen bekam, aber obwohl ich sie in alle Richtungen drehte und wendete, sagte mir das Symbol rein gar nichts. Es erinnerte mich allenfalls an das Gesicht eines gähnenden Affen, aber was das bizarre Bild bedeuten sollte, war mir ein Rätsel. Soweit ich wusste, gab es kein Cottage » Zum gähnenden Affen« in Finch.
Das Symbol ließ alle anderen Teilnehmer der Versammlung genauso ratlos zurück wie mich, aber der Gedanke, dass irgendwo eine weitere Seite schlummerte, regte ihre Fantasie anscheinend mächtig an. Während die Menschen aus dem Schulhaus strömten, entspann sich eine lebhafte Diskussion darüber, was die fünfte Seite wohl enthalten mochte. Verschiedene Vermutungen für mögliche Kapitelüberschriften wurden laut, darunter » Jennas Rache«, » Die Beichte des Pfarrers« und » Die Rückkehr des Hexenfinders«.
» Ich weiß eigentlich nicht, warum wir uns noch die Mühe machen sollten, die fünfte Seite zu finden«, murmelte ich, nachdem Amelia und Lilian vom Podium herabgestiegen und zu mir getreten waren. » Sie unterhalten sich prächtig auch ohne zu wissen, wie es weitergeht.«
» Wobei die Tragödie die Komödie bei weitem schlägt«, bemerkte Amelia.
» Sie können nichts dafür«, sagte Lilian. » Das Melodramatische liegt ihnen nun mal im Blut.«
» Amelia«, sagte ich, » würdest du eine weitere Skizze des Zeichens machen, damit ich sie Bill zeigen kann? Ich würde es ja selbst gern tun, aber für mich sind selbst Strichmännchen eine Herausforderung.«
Amelia kam meiner Bitte gern nach und hatte in null Komma nichts eine weitere Kopie der Zeichnung auf ein Blatt Papier gebracht. Ich steckte es in meine Handtasche. Sie brauchte ja nicht zu wissen, dass sie außer meinem Mann noch jemand anders zu sehen bekommen sollte.
Ich beabsichtigte nämlich, den Meisterrätsellöser Willis senior zum Miträtseln zu verdonnern.
22
Aber eine Absicht sollte es dann auch bleiben.
So groß meine Hoffnungen waren, als ich nach Fairworth House fuhr, so groß war mein Groll, als Deirdre
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