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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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erzählte Suúna während des Rittes durch den Wald. »Ich nahm Quartier in einen Gasthof, dessen Wirtsleute mich gut genug kannten, um mir einen großzügigen Kredit einzuräumen. Mein Ausflug in die Katakomben des Tausendjährigen Tempels war zwar erfolgreich gewesen, doch als ich das Haus meines Auftraggebers aufsuchte, um die bestellte Beute abzuliefern, erwies sich, dass er während meiner Abwesenheit in einem Duell den Kürzeren gezogen hatte. Sein Sohn und Erbe, ein verschlagener Geizhals, fühlte sich weder an das Wort seines Erzeugers gebunden, noch hatte er ein Interesse an antiken Folianten. Da er nur bereit war, mich für meinen Aufwand zu entschädigen, wenn ich ihm für gewisse abseitige Praktiken zur Verfügung stand, trat ich ihm ins Gemächt, schlug ihm den Folianten links und rechts um die Ohren und machte mich vom Acker. Da ich nun mehr oder weniger mittellos war, kam es mir gut zupass, dass ich am gleichen Abend in meinem Gasthof die Söhne des Räuberhauptmanns Abdul Nadjibullah kennen lernte, die betrunken in der Gaststube saßen und von Dingen schwafelten, die mein Interesse weckten. Es war nicht schwer, ihre Aufmerksamkeit zu erringen, denn der Wein hatte sie nicht nur red-, sondern auch leutselig gemacht. In dem Land, aus dem sie stammen, ist eine Frau weniger wert als ein Moolee. Deswegen brauchte ich, um ihre ohnehin niedrige Intelligenz in die Nähe des Schwachsinns zu bringen, meine Kampfkleidung nur gegen eins jener fadenscheinigen Gewänder zu tauschen, in dem die Tempelhuren in Kellqu-Tuah ihre Geschäfte betreiben. In meinem Aufzug war ich für Abduls Söhne nur ein angemaltes Stück Fleisch, mit dem man sich verlustierte. Ich wackelte mit dem Po und saß Sekunden später an ihrem Tisch. Man bewirtete mich mit Wein und Braten, betatschte mich von allen Seiten und kam nicht mal auf die Idee, dass ich nur zwischen ihnen saß, um sie zu bespitzeln. Das Ding, das sie planten, drehte sich um einen Edelstein, der so groß sein sollte wie ein Weinfass und seinen Besitzer zum Herrn über ein Königreich machen konnte. Woher sie von der Existenz des Steins wussten? Ein Fischer aus Yangonn hatte das Juwel am vorvorigen Abend zufällig auf der Ladefläche eines von vier Moolees gezogenen Planwagens gesehen, den vermummte Gestalten bewachten. Der Wagen gehörte zu einem Konvoi. Ein vermummter Reiter hatte den Verkaufsstand am Wegesrand gesehen und dem Fischer mit Gesten zu verstehen gegeben, er wolle seinen ganzen Fang kaufen. Der Fischer hatte seine Körbe ans Heck des ersten Planwagens getragen, wo andere Gestalten sie entgegen nahmen. Im Inneren des Wagens war ihm ein großer liegender, verhüllter Gegenstand aufgefallen. Dann hatte ein Insekt eins der Zugtiere gestochen. Es war erschreckt losgesprengt und hatte seine Gefährten mitgerissen. Der Wagen war davongerast, so sehr sich der Kutscher auch bemühte, ihn anzuhalten. Dabei war das Tuch von dem Gegenstand gerutscht, und der Fischer hatte für einen kurzen Moment den riesigen grünen Edelstein gesehen. Die Wagenbegleiter hatten ihren Moolees die Sporen gegeben und waren aufgeregt schreiend hinter dem durchgehenden Gefährt her geritten, bis sie aus der Sicht des Fischers verschwunden waren. Da die Fremden nicht nur vergessen hatten, seine Ware zu bezahlen, sondern er zudem seiner Körbe verlustig gegangen war, eilte der Fischer wütend ins nächste Gasthaus und erzählte, während er sich betrank, von diesem unglaublichen Erlebnis. Natürlich glaubte ihm niemand. Schließlich weiß jeder, dass es Edelsteine dieser Größe nicht gibt. Lediglich ein Dieb stellte sich zu dem Fischer und horchte ihn aus. Tags zuvor hatte ihm nämlich eine zweibeinige Hafenratze von einem Segler aus dem Süden erzählt, der in der Nacht in Yangonn eingelaufen war: Mehrere Dutzend von Kopf bis Fuß vermummte Gestalten waren mit Moolees und mehreren Planwagen an Land gegangen. Der Dieb hatte ein krankes Bein und konnte nicht reiten, deswegen konnte er den geheimnisvollen Fremden nicht folgen. Also verkaufte er sein Wissen an Taniz Nadjibullah. Ich wusste, wohin die Straße führte, über die der Fischer die Planwagen hatte fahren sehen: Wer sie benutzte, war auf Tage festgelegt, denn vorher hatte ein Konvoi keine Möglichkeit zum Abbiegen. Ich wollte dem Konvoi noch in der gleichen Nacht folgen. Taniz und seine Brüder waren einerseits zu betrunken, um es mir gleichzutun; andererseits warteten sie auf ihren Vater und den Rest ihrer räudigen Verwandtschaft, zu

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