Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
ihr. So starrte sie in die Augen der Marionette…
    und wurde Zeuge, wie diese brachen!
    Der Säbel entfiel Suúnas Hand und schepperte auf den Boden. Sie selbst sank mit einem Seufzer zur Seite.
    Hinter ihr tauchte Abdul Nadjibullah auf, der seine blutige Klinge schwenkte.
    »Diese Weiber sind alle völlig wahnsinnig«, fluchte er und schaute sich um. »He, Hakaan! Mourat! Hoosni! Wo steckt ihr blöden Kamshaae, wenn man euch braucht?«
    Im gleichen Moment, in dem Suúna starb, ließ der Druck in Aruulas Hirn nach. Es reichte aus, sich zur Seite zu rollen.
    Schwer prallte sie zu Boden und versuchte gleichzeitig in Panik die geistige Sperre gegen die Daa'murin zu errichten. Es gelang ihr nur unzureichend. Bald würde der übermächtige Geist wieder durchbrechen, und dann war sie rettungslos verloren!
    »Was ist mit dir? Bist du verletzt?« Abdul reichte Aruula die Hand und zog sie auf die Beine.
    Warum eigentlich griff die Daa'murin nicht nach seinem Geist? Es wäre ihr doch ein Leichtes…
    Dann begriff Aruula: Abdul war ein Techno gewesen. Tief in einem Bunker verborgen, war sein Hirn nicht von der Daa'muren-Strahlung verdummt und empfänglich gemacht worden.
    Aruula nahm sich einige Sekunden Zeit, um Worte zu artikulieren: »Hilf mir… die Kiste … zu tragen! Der Wahnsinn … ist dort drin!«
    Abdul stellte keine Fragen; ein Blick in Aruulas Augen ließ ihn erschaudern und machte ihm klar, dass jede Sekunde zählte.
    Gemeinsam schleppten sie das Behältnis aus dem Raum und die Treppe hinauf, bis sie ganz oben waren.
    Dort stieß Aruula die Tür zum obersten Säulengang auf. »In… den Abgrund!«, keuchte sie. Ihr Hirn war eine einzige feurige Wunde; kaum konnte sie noch einen klaren Gedanken fassen.
    Wie durch Watte bekam sie mit, wie Abdul die Kiste anhob und sie mitsamt ihrem Inhalt in Tiefe warf.
    Das Klirren, mit dem der Kristall auf die Felsen prallte und in Millionen Fragmente zersprang, war bis hier oben zu hören.
    Gleichzeitig endete abrupt der Druck auf Aruulas Gehirn.
    Die Zuflucht der Daa'murin war zerstört, die Hirnpest besiegt.
    Zumindest hier, an diesem Ort…
    ***
    Eine umfassende Stille schien sich über die Welt zu senken.
    Das Kampfgeschrei im Dorf war erstorben; man hörte auch kein Waffengeklirr mehr. Hatten die Kämpfer beider Fraktionen die Sinnlosigkeit ihres Handelns eingesehen?
    Abdul Nadjibullah spähte in die Tiefe. »Ich habe ihn zerstört! Ich muss wahnsinnig geworden sein!«
    Aruula rang sich ein Lächeln ab. »Im Gegenteil – du hast den Wahnsinn beendet«, sagte sie. »Es war kein echter Edelstein, sonst wäre er nicht zersprungen. Richtig?«
    Der ehemalige Techno nickte. »Aber was war er dann?«
    »Ein Hort des Bösen. Es ist gut, dass er zerstört ist.«
    Mehr sagte Aruula nicht, und Abdul stellte auch keine Fragen mehr. Er hatte wohl begriffen, dass die Geschehnisse der letzten Stunden auf den Kristall zurückgingen.
    Sie sprachen kein Wort, als sie die Treppe hinunter gingen.
    In der Kammer, in der Suúna gestorben war, trafen sie auf Abduls Stiefsöhne. Sie standen mit gezückten Waffen da und bemühten sich, den wenig appetitlich aussehenden Leichnam zu ihren Füßen zu übersehen.
    Hakaan blickte auf, als die beiden den Raum betraten. »Wo ist der Edelstein abgeblieben?«, fragte er. »Wir haben ihn nirgends finden können!«
    »Es war alles umsonst, Männer«, sagte Abdul Nadjibullah traurig. »Ich fürchte, wir müssen der Wahrheit ins Gesicht sehen: Wenn es hier jemals ein Riesenjuwel gegeben hat, ist uns jemand zuvorgekommen!« Er seufzte. »Ich werde allmählich zu alt für dieses Gewerbe. Ich glaube, ich gehe nach Yangonn, grabe mein Erspartes aus und eröffne eine Taverne.«
    Er musterte seine Kumpane. »Mein Nachfolger wird Mourat, weil er der Älteste ist.« Er hob die Hände und machte das merkwürdige Zeichen, das die Kristianer immer machten, wenn sie jemanden segneten. »Ich wünsche euch alles Gute. Grüßt mir die Heimat, falls ihr sie je wieder seht.«
    »Danke, Stiefvater.« Mourat nickte seinem Bruder und seinem Vetter zu. »Los, Männer. Lasst uns die Moolees holen und ein neues Ding austüfteln.« Die drei Männer nickten Abdul und Aruula zu und verließen den Raum. Ihr Geplapper verlor sich in der Ferne.
    »Wir sollten auch lieber verschwinden, bevor die schwarzen Frauen zurückkommen« , sagte Abdul. »Ich möchte ihnen ungern erklären müssen, wo ihr Juwel abgeblieben ist.«
    Aruula war anderer Meinung: »Ich glaube, sie werden uns dankbar sein,

Weitere Kostenlose Bücher