1703 - So grausam, schön und tödlich
Anfang, Rachel!«
Die Blondhaarige war angesprochen worden. Sie zögerte noch und wischte mit ihren Händen am Körper entlang, als wollte sie Schweiß von der Haut entfernen.
»Was ist los? Warum zögerst du, Rachel?«
»Ich weiß nicht, ob es gut ist. Das war so nicht abgemacht. Wir sollten erst mit Justine reden.«
»Unsinn. Sie ist nicht da.«
»Aber sie kommt zurück.«
»Und?«
»Ich will nicht, dass wir bei ihr in einem schlechten Licht stehen, verstehst du?«
»Ja, ich weiß. Aber keiner weiß, wann sie wieder bei uns ist. Sie will den Keller durchsuchen und …«
»Ich will Blut!«
Es war der entscheidende Satz, der beide Blutsaugerinnen zu einer Kehrtwende zwang. Es war die dunkelhaarige Fiona, die den Anfang machte. Sie blieb nicht mehr stehen und ging einen ersten Schritt auf Jane Collins zu.
Die Detektivin wusste, dass es jetzt ernst wurde. Und sie dachte nicht daran, kampflos aufzugeben. Bisher hatte sie die andere Seite gut täuschen können.
Jane riss sich zusammen. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte sich schon jetzt gewehrt. Doch das wäre kein günstiger Zeitpunkt gewesen.
Fiona hielt an.
Da ihr Opfer auf dem Boden lag, musste sie sich bücken. Jane hielt die Augen nur noch spaltbreit offen. Wer sie anschaute, musste den Eindruck haben, dass sie geschlossen waren.
Sie sah das hübsche Gesicht der Blutsaugerin und fragte sich, wie es möglich war, dass eine derartige Person in diesen Kreislauf geraten war. Wenn allerdings die Cavallo ihr Netz gewoben hatte, war das erklärbar.
An den Haaren wollte Fiona Jane in die Höhe ziehen. Genau das ließ sie nicht zu. Jane bewegte sich so schnell wie möglich, und sie hatte sich auch ein Ziel ausgesucht. Mit beiden Händen bekam sie die Waden der Gestalt zu fassen, umklammerte sie, zerrte sie nach vorn und sorgte so dafür, dass Fiona nach hinten kippte.
Selbst ein Vampir war fähig, einen Schrei der Überraschung auszustoßen. Der wehte aus dem Mund, als Fiona noch in der Luft lag. Nichts fing sie ab. Sie landete auf dem Rücken und es gab einen harten Klatschlaut, als der Hinterkopf aufprallte.
Es war auch für die Blutsaugerinnen überraschend gekommen, denn beide taten in den nächsten Sekunden nichts. So hatte Jane die Chance, wieder auf die Füße zu gelangen.
Wäre sie in einer normalen Form gewesen, hätte sie kein Problem damit gehabt. So aber hatte sie den Eindruck, auf schwankenden Schiffsplanken zu stehen, als sie aus der gebückten Haltung hoch kam und sich das Verlies plötzlich um sie drehte.
Sie hörte einen wütenden Schrei. Ihr Blick klärte sich zum Glück, und dann tauchte die blonde Rachel vor ihr auf. Ihr Gesicht war verzerrt, und das lag nicht nur an Janes schlechter Sicht. Sie wollte der Detektivin an den Kragen, in diesem Fall war es der Hals, und Jane schaffte es nicht mehr, den Ausgang zu erreichen.
Rachel Fleming hatte damit gerechnet und schneller reagiert. Sie packte zu und erwischte Jane an der rechten Schulter. Dort krallte sie sich fest und zerrte die Detektivin mit ihrer großen Kraft herum, um sie dann in eine andere Richtung zu schleudern.
Nichts konnte Jane auf diesem Weg stoppen. Abgesehen von der Wand, und dagegen prallte sie. Aber nicht nur die Wand befand sich in ihrer Nähe. Als sie ein Bein anhob, trat sie dorthin, wo sich die Kisten stapelten.
Unter dem Gewicht brachen sie zusammen, denn sie waren nur aus dünnen Hölzern zusammengenagelt. Jane trat in sie hinein, spürte den Druck der Wand im Rücken, der dafür sorgte, dass sie nicht zu Boden fiel. Auch wenn es ihr nicht leichtfiel, sie wehrte sich, und sie bückte sich im gleichen Augenblick, als ihr ein bestimmter Gedanke kam.
Sie packte mit beiden Händen zwei dieser dünnen Holzscheite, um etwas in den Händen zu halten, womit sie sich wehren konnte. Damit würde sie zwar keinen Vampir vernichten können, sich aber einen vom Hals halten.
Ein Brett nahm sie in die rechte, das andere in die linke Hand. Sie ließ die beiden erst gar nicht angreifen. Jane ging als Erste zum Angriff über.
Die blonde Rachel tauchte vor ihr auf. Sie schrie Jane Collins an, und die schlug zu.
Da Rachel nicht auf eine Deckung geachtet hatte, drosch ihr Jane die Latte um die Ohren. Das Holz zersplitterte, aber Jane hatte freie Bahn, weil die Blutsaugerin zur Seite getaumelt war.
Blieb die Braunhaarige.
Sie war da. Plötzlich sprang sie Jane an. Sie schrie dabei. Ihre Hände waren zu Krallen geworden. So hätte sie gut in ein böses Märchen
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