1704 - Teuflische Abrechnung
mein Freund meinte, dass Shao noch eine in Reserve hätte. Die könnte ich dann mal ausleihen.
»Oder du bekommst eine zu Weihnachten geschenkt. Es ist ja nicht mehr lange.«
Da hatte er recht. Es war auch zu sehen. Nicht wenige Fenster zeigten einen Lichterschmuck, der auch jetzt leuchtete, weil es bis zum normalen Hellwerden noch dauern würde.
Die Idee, mit der Tube zu fahren, hatten nicht nur Suko und ich allein. An normalen Tagen waren die Wagen schon voll, aber bei diesen Witterungsverhältnissen waren sie übervoll. Da kam mir der Vergleich mit den Sardinen in der Büchse wieder in den Sinn, so dicht gedrängt standen die Fahrgäste in den Wagen. Umschwebt von einem Geruchsgemisch, der einem sensiblen Menschen zur Übelkeit verhalf.
Da mischte sich Schweißgeruch mit dem Aroma von Parfüms. Hinzu kamen die feuchten Ausdünstungen mancher Kleidungsstücke.
Suko und ich standen zusammen. Wir verteidigten unsere Plätze auch, was nicht immer einfach war, denn es gab genügend Leute, die drängelten und schoben.
Meine Haare waren auf dem kurzen Fußweg nass geworden. Da sickerte Wasser am Hals entlang in meinen Nacken.
Die Fahrt dauerte nicht lange. Ich hatte mir beim Aussteigen eine gelesene Zeitung mitgenommen, die draußen über meinem Kopf ein schützendes Dach gegen den Schnee bildete, der aus einer Mischung aus Regentropfen und Flocken bestand.
Besch-eidener konnte das Wetter nicht sein. Ich hatte am Morgen schon Nachrichten gehört und erfahren, dass außerhalb Londons dichter Schnee fiel.
Wir erreichten unsere Dienststelle. Die aufgeweichte Zeitung landete im Papierkorb, der neben einem Schirmständer stand. In der Halle war es nie leer. Ich trocknete meine Haare mit einem frischen Taschentuch, was auch nicht viel brachte. Im Büro war es warm. Da würden sie schon trocken werden.
Bevor wir das Vorzimmer betraten, hielt Suko mich zurück. »Ist Glenda schon da oder noch nicht?«
Ich zog ein Nussknackergesicht. »Sie ist da. Und wenn sie sich hergebeamt hat, sie ist gekommen.«
»Meine ich auch.«
Beide hatten wir recht. Zwar sahen wir Glenda beim Öffnen der Tür nicht, aber der Duft des frisch gekochten Kaffees sagte uns genug.
Bisher hatten noch keine Geister Kaffee gekocht.
»Aha, die Herren sind auch schon eingetroffen.« Glenda nickte. »Ist ja stark.«
»Wieso?«, fragte ich. »Hast du gedacht, dass wir bei dem Wetter zu Hause bleiben?«
»Das nicht. Aber die Verspätung hätte größer sein können.«
»Wir haben uns fahren lassen.«
»Sehr gut.«
Auch Glenda war erst kurz vor uns eingetroffen, denn sie saß auf ihrem Schreibtischstuhl und war dabei, das Schuhwerk zu wechseln. Raus aus den gefütterten Stiefeln und rein in die bequemen flachen Treter.
Sie zog auch ihren schwarzen Pullover aus. Die hellblaue Bluse bestand aus einem etwas dickeren Stoff wie auch die stramm sitzende rehbraune Cordhose.
»Alles klar?«, fragte ich.
Glenda stellte sich hin. »Wie meinst du das?«
»Hat schon jemand angerufen?«
»Nein.«
»Auch nicht Sir James?«
»Ich weiß gar nicht, ob er schon eingetroffen ist. Der quetscht sich nicht in eine U-Bahn. Sein Fahrer wird Probleme haben, durch den Verkehr zu kommen.«
»Umso besser.« Ich rieb meine Hände. »Dann können wir es uns ja bis zum Mittag gemütlich machen.«
»Aha, und dann?«, fragte Glenda.
»Gehen wir essen.«
»Toll.«
Ihre Stimme hatte nicht eben begeistert geklungen und ich erkundigte mich nach dem Grund.
»Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.«
Au, das hörte sich nicht gut an. »Hast du etwa bestimmte Neuigkeiten für uns?«
»Nein, habe ich nicht. Aber ich habe Erfahrungen sammeln können. Und da habe ich nicht vergessen, dass wir uns schon öfter vorgenommen haben, bei Luigi zu essen. Wie oft ist daraus nichts geworden!«
Ich winkte ab. »Aber nicht heute, nicht bei diesem Wetter, da bleiben selbst unsere Freunde lieber in der Hölle.«
»Es gibt ja auch noch andere.« Glenda ließ sich einfach nicht davon abbringen.
Für mich war das Thema gestorben. Ich ging zur Kaffeemaschine, nahm meine Tasse, füllte sie und ging als Erster in unser gemeinsames Büro.
Suko, der sich in den Dialog zwischen Glenda und mir nicht eingemischt hatte, folgte. Auf seinen Lippen lag ein schwaches Grinsen.
»Was amüsiert dich so?«
Er setzte sich und winkte ab. »Ich bin mal gespannt, wer von euch beiden recht hat.«
Die Antwort gab ich ihm nach den ersten beiden Schlucken, die mir wirklich gut taten.
»Ich
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