1705 - Mein Job in der Horror-Höhle
Platz nahm, wusste ich, dass diesmal kein Besuch kommen würde. Also nicht Freund Tanner, der uns vor einigen Tagen besucht und uns einen Fall beschert hatte, den wir so leicht nicht vergessen würden, weil nicht Suko und ich im Mittelpunkt gestanden hatten, sondern der Chiefinspektor. Wir hatten alles überstanden. Es war nicht zu dieser schrecklichen Rache an Tanner gekommen, und der Chiefinspektor war mit seiner Frau für eine Woche in Urlaub gefahren. Etwas, das für beide äußerst selten war.
Im Moment gab es für mich nichts zu tun und ich hoffte, dass es auch so bleiben würde. Es tat gut, mal einen Tag ohne viel Arbeit einzulegen. Ob das jedoch tatsächlich der Fall sein würde, wusste ich noch nicht.
Zudem war ich allein.
Glenda Perkins hatte zwar keinen Urlaub, sie war auf einem Kursus. Er würde drei Tage dauern. Es ging da um neue Computerprogramme, in die sie sich einarbeiten musste.
Und so hatte ich mir selbst einen Kaffee gekocht, den ich in kleinen Schlucken genoss. Ob er so gut war wie der von Glenda, konnte ich nicht sagen. Wäre sie bei mir gewesen, hätte ich ihr gesagt, dass er längst nicht so gut schmeckte.
Ärgerlich war nur das Wetter. In diesem Jahr war der Winter schon früh gekommen. Und nicht nur London hielt er im Griff, im gesamten Land gab es Probleme, besonders im Norden, wo viele Autofahrer im Schnee stecken geblieben waren, und ein vorläufiges Ende war noch nicht abzusehen.
Ich überlegte, wie ich die Stunden herumkriegen sollte, denn auch Suko war nicht da. Es hatte ihn mal wieder gedrängt, einige Trainingsstunden zu nehmen. Nicht, weil er seine Form aufbessern wollte, es machte ihm einfach Spaß.
Ich saß also allein im Büro, blieb es aber nicht lange, denn es trudelte jemand ein.
Wahrscheinlich wollte sich auch mein Chef Sir James etwas bewegen, sonst hätte er mich zu sich gerufen.
Er nickte mir zu. »Guten Morgen, John. Ruhig hier, nicht?«
Ich hob die Schultern an. »Ja, aber einer muss ja die Stellung halten.«
»Machen Sie sich nichts draus. In zwei Tagen ist Glenda ja wieder im Dienst.«
»Nein, dann haben wir Wochenende.«
»Warten Sie etwa darauf? Das ist doch bei dem Wetter nur langweilig.«
»Ach, ich kann mir die Zeit schon vertreiben.«
»Glaube ich Ihnen gern.« Sir James legte eine Plastikhülle auf meinen Schreibtisch. Sie enthielt ein Blatt Papier, wahrscheinlich ein Fax oder eine ausgedruckte Mail. Ich hatte die Hülle schon vorher gesehen und konnte mir gut vorstellen, dass mein Chef nicht nur gekommen war, um mir einen netten Tag zu wünschen.
»Wird Suko heute zur Dienstzeit noch hier erscheinen?«
»Keine Ahnung, Sir. Wahrscheinlich nicht. Er zieht das Training immer bis zum Nachmittag durch, wenn es aber dringende Aufgaben gibt, reicht ein Anruf, und er ist hier.«
Der Superintendent dachte kurz nach. Dann winkte er ab. »Das wird wohl nicht nötig sein. Um diese Sache können Sie sich auch allein kümmern, wobei ich nicht weiß, wie weit der Vorfall uns überhaupt etwas angeht.«
Er hatte mich neugierig gemacht. »Worum geht es denn?«
Sir James klopfte auf die Hülle. »Im Regionalzug ist der Schaffner oder Kontrolleur von einer Frau angefallen worden, die sein Blut trinken wollte, was sie auch geschafft hat.«
Ich runzelte die Stirn. »Hört sich nach einem weiblichen Vampir an.«
»Könnte man so sehen. Das ist aber nicht so. Es gab keine Zähne, die sich in den Hals des Mannes bohren wollten. Die Angreiferin hat ihn mit einem Messer verletzt und das aus den Wunden tretende Blut getrunken. Beim nächsten Halt konnte sie festgenommen werden. Jetzt sitzt sie bei den Kollegen in der Zelle. Sie sind leicht überfordert, denn sie wissen nicht, was sie mit ihr anstellen sollen. Wahrscheinlich werden sie sie wieder freilassen. Vorher aber haben sie sich mit mir in Verbindung gesetzt und angefragt, ob wir uns darum kümmern wollen oder zumindest mit der Person reden.«
»Dann soll ich zu ihnen fahren?«
Sir James zeigte eine Mischung aus Lächeln und Grinsen. »Daran hatte ich gedacht.«
Ich hielt den Wisch vor meine Augen und las den Text. Schlauer wurde ich dabei nicht. Sir James hatte mir eigentlich schon alles gesagt.
Es war nicht weit bis zu den Kollegen. Nur das Wetter würde mir Probleme machen. Da ich genug Zeit hatte, würde ich den Rover nehmen, der mit Winterreifen ausgerüstet war.
»Okay, Sir, ich mache mich auf den Weg.«
»Moment noch.« Er schob die Brille mit den dicken Gläsern hoch. »Haben Sie keinen Verdacht?
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