1705 - Mein Job in der Horror-Höhle
so trinken können wie echte Blutsauger. Und genau das ist euer Problem.«
»Du musst es ja wissen.«
»Ja, das weiß ich auch. Ich habe über Jahre hinweg meine Erfahrungen sammeln können, und ich bin auch derjenige gewesen, der Dracula II zur Hölle geschickt hat. Das mal nebenbei als Information.«
Ellen Wells sagte nichts. Sie stierte mich weiterhin an, dachte nach und kam schließlich zu einem Ergebnis.
»Hau ab. Du hast hier nichts zu suchen.«
»Das bestimme ich. Sie sind es gewesen, die einen Mann angegriffen haben, um sein Blut zu trinken. Sie glauben doch nicht, dass wir dies so einfach hinnehmen?«
»Das ist mir egal.«
»Woher kommen Sie?« Ich hatte das Thema blitzschnell gewechselt und hoffte auf eine Antwort.
»Ich bin nicht von hier.«
»Hatte ich mir schon gedacht. Aber warum sind Sie nach London gekommen?«
»Das geht dich einen Dreck an!«, fauchte sie. »Hau endlich ab! Ich will dich nicht mehr sehen!«
So einfach war das nicht. Ich durfte diese Person nicht laufen lassen, denn jetzt wusste ich wirklich, um wen es sich bei ihr handelte. Vor meinem Besuch hatte ich das nur angenommen, doch nun hatte ich den Beweis.
Bei Ellen Wells war eine Veränderung eingetreten. Sie gab sich nicht mehr so selbstsicher. Ich konnte mir vorstellen, dass sie so etwas wie Angst empfand.
Hatte ich dafür gesorgt? Allein durch meine Anwesenheit? Das war nicht ungewöhnlich, denn diese Halbvampire fürchteten sich auch vor den Waffen, vor denen ein richtiger Vampir Angst hatte. Zudem trug ich das Kreuz bei mir. Es war zwar unter meiner Kleidung verborgen, aber sensible Personen wie diese Ellen Wells spürten sicherlich die Ausstrahlung.
Zudem wollte ich wissen, was sie hierher nach London verschlagen hatte. Man hatte sie im Zug aufgegriffen. Sie musste von irgendwo gekommen sein, um hier in London etwas zu erledigen, und das wollte ich herausfinden.
»Es tut mir leid, aber ich kann Sie unmöglich in Ruhe lassen. Es sei denn, Sie sagen mir, weshalb Sie hergekommen sind. Und wo Sie in den Zug eingestiegen sind.«
»Es geht dich nichts an.«
»Doch, Ellen. Alles, was mit Will Mallmann zusammenhängt, geht mich was an. Besonders sein Erbe, da er selbst nicht mehr existiert und eingreifen kann …«
Sie hatte mich gehört, sogar jedes Wort verstanden, denn ihre Erwiderung bezog sich auf Mallmann.
»Sprich nicht über ihn!«, flüsterte sie. »Hör auf damit. Er ist nicht tot. Er ist nicht weg …«
»Wer sagt das?«
»Wir finden den Weg zu ihm!«
Ich verzog den Mund. »Zu einer Gestalt, die von Handgranaten zerfetzt wurde?«
»Das ist nicht wichtig.«
Ich war zwar nicht irritiert, aber schon etwas verwundert. Sie sprach über Dracula II, als wäre er noch existent, und als würde sie fest an ihn glauben.
»Warum ist das nicht wichtig?«
Sie senkte den Kopf. »Wir glauben an ihn!«
Wieder hatte sie einen Satz gesprochen, der mich überraschte. Inzwischen war ich froh, sie besucht und das Thema Mallmann angesprochen zu haben.
Sie kam mir nicht vor wie eine Frau, die von einer Idee besessen war. Ich glaubte auch nicht daran, dass sie allein auf den Gedanken gekommen war, dass dieser Supervampir noch lebte.
»Sie wissen mehr über Mallmann?«
Zum ersten Mal lachte sie, aber es hörte sich alles andere als fröhlich an. Dann schüttelte sie den Kopf. »Und wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen. Es ist ein Geheimnis und das wird es auch bleiben.«
»Wo sind Sie eingestiegen?«
»Ich habe meinen Fahrschein weggeworfen.«
»Wo?«
Sie sah aus, als wollte sie von ihrem Bett springen. Im Ansatz war es schon zu erkennen. Plötzlich schrie sie mich an: »Hör auf zu fragen, du Idiot! Hau ab!«
»Nein!«
»Was willst du dann?«
»Die Wahrheit hören.«
»Ich habe gesagt, was ich sagen kann.«
»Das reicht nicht. Wenn Sie von Mallmann so überzeugt sind, dann müssen Sie doch eine Verbindung zu ihm haben. Aber bestimmt nicht zu einer zerfetzten Leiche.«
Ellen Wells schloss den Mund. Und diese Geste sah endgültig aus. Sie wollte und würde nicht mehr sprechen. Das konnte ich nicht akzeptieren und schüttelte den Kopf. »Es wird nicht so geschehen, wie Sie es sich vorgestellt haben. Ich werde Sie mitnehmen.«
»Ach. Und wohin?«
»An einen sicheren Ort.«
Sie sagte nichts, und auch ich hielt mich zurück. In der Tat wusste ich nicht genau, wie es mit ihr weitergehen sollte. Es war erst mal wichtig, dass ich diese Person aus dem Verkehr zog. Wenn sie freikam, würde sie sich
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