1708 - Angst um Johnny C.
Brauen konnte man als Mandelaugen bezeichnen. Volle, weiche Lippen. Vielleicht war die kleine Nase eine Idee zu dick, aber das störte ganz und gar nicht.
Die Unbekannte schaute Johnny an. Recht lange sogar, als wollte sie ihm die Chance geben, eine Frage zu stellen, was Johnny allerdings nicht schaffte. Er lag noch immer bewegungslos da und konnte nicht mal einen Finger rühren.
Bisher hatte sich nichts im Gesicht der Unbekannten bewegt. Das änderte sich jetzt. Es begann mit einem Zucken der Mundwinkel, bevor sich die Lippen zu einem Lächeln verzogen.
Es war ein wunderbar weiches Lächeln. Ohne Falschheit, einfach nur sympathisch, aber es schaffte es nicht, Johnnys Misstrauen zu vertreiben. Er traute dieser Frau nicht, denn nach wie vor sah er, dass diese Person nicht atmete. Das war nicht normal, und das deutete auf etwas Bestimmtes hin.
Johnny versuchte immer wieder, seine Starre zu lösen. Er schaffte es nicht und kam sich mittlerweile wie hypnotisiert vor. Und wieder dachte er daran, was Elton Marlowe ihm gesagt hatte.
Das musste dieser Spuk sein.
Aber er war real. Man konnte ihn anfassen. Johnny hätte es gern versucht, wäre er dazu in der Lage gewesen.
Er war es nicht, und so musste er alles Weitere der Frau mit den Mandelaugen überlassen.
Sie beugte sich vor. Dabei bewegte sich ihr Kopf immer weiter auf Johnny zu. Noch blieben die Lippen geschlossen, obwohl der Mund lächelte. Aber das änderte sich, als ihr Gesicht nur noch eine Handbreit von seinem entfernt war. Ihre Lippen öffneten sich, sodass Johnny die helle Zahnreihe erkannte, obwohl das Licht nicht mehr voll in das Gesicht schien.
Johnny überkam so etwas wie eine Ahnung. Er hatte seine Erfahrungen sammeln können, und dieses Lächeln sah er in einer Situation wie dieser nicht als freundlich an.
Er sollte sich nicht getäuscht haben.
Sekunden später waren fast alle Zähne der oberen Reihe zu sehen, auch die beiden, die rechts und links der Schneidezähne spitz hervorstachen.
Johnny wusste Bescheid.
Seine Besucherin war ein weiblicher Vampir!
***
Die Erkenntnis durchtoste ihn wie ein Sturm. Er war ja schon vorgewarnt worden, aber dass er den Besuch einer Blutsaugerin bekommen würde, das überraschte ihn schon.
Das Lächeln war durch die Verzerrung der Lippen zu einem Grinsen geworden. Die beiden Zähne schienen ihm entgegen zu leuchten, deutlich sah er die Spitzen, und er wusste auch, was der Besuch dieser Schönen bedeutete.
Sie war hungrig. Sie wollte Blut. Und sein Blut kam ihr gerade recht.
Noch gab es keinen Kontakt zwischen ihnen. Sie brauchte jedoch nur den Kopf zu senken, dann konnte sie Johnny berühren. Noch tat sie das nicht und verharrte in ihrer gebückten Haltung.
Und dann hörte er die Stimme. Nicht die Besucherin sprach, sondern ein Mann. Er stand hinter ihr und nicht weit von der Tür entfernt. Johnny sah ihn nicht, weil die Gestalt der Frau ihm die Sicht versperrte.
»Na, habe ich dir zu viel versprochen?«
Er kam näher. Johnny hörte die leisen Schritte. »Er ist genau dein Fall – oder?«
»Ja, das ist er.«
Zum ersten Mal hörte Johnny die Vampirin sprechen. Ihre Stimme klang weich und zugleich ein wenig rau. Ihr Blick ließ Johnny nicht los, und ihm war klar, dass sich die Blutsaugerin bald über ihn hermachen würde.
Und er lag noch immer bewegungslos auf der Schlafcouch, irgendwie immer noch nicht richtig wach und erst recht nicht agil. Er befand sich in einer Art Dämmerzustand.
»Es ist einer, den ich mir gewünscht habe«, flüsterte sie. »Du hast mich gut geleitet.«
»Ja. Dann nimm ihn dir vor. Trinke sein Blut. Sauge ihn aus bis zum letzten Tropfen, denn nur so kannst du dich stärken. Ich – ich – warte darauf.«
Auch Johnny hatte die Sätze gehört. Ihm war kein Wort entgangen, und er wusste genau, was auf ihn zukam. Er wurde abgelenkt, weil eine Zungenspitze aus der Mundöffnung der Vampirin glitt und mit schnellen Bewegungen die Lippen nachzeichnete.
War das der Anfang vom Ende?
Zwei Hände näherten sich seinem Kopf. Sie legten sich um die Wangen, zuerst noch weich, kaum fordernd. Dann aber verstärkte sich der Druck und sorgte dafür, dass er den Kopf nach rechts drehen musste, sodass sich die Haut an seiner linken Halsseite straffte. Die perfekte Haltung für den klassischen Biss.
Das nahm Johnny alles wahr, und die Gefahr hatte sich für ihn immer mehr verdichtet.
»Du musst keine Angst haben, Johnny. Ich werde dich nicht leer saugen, nicht sofort, ich werde es erst mit
Weitere Kostenlose Bücher