1708 - Angst um Johnny C.
normale Familie waren. Auch er hatte Bedenken gehabt, seinen Sohn ausziehen zu lassen. Aber Johnny war erwachsen, da musste man die Kinder ziehen lassen, selbst wenn auf der Familie ein Fluch lag, wenn man es mal pessimistisch sehen wollte.
Sheila kehrte zurück. Das Glas hatte sie bereits geleert. Der Durst war wohl gelöscht, aber nicht die Furcht, die sie aus dem Schlaf geholt hatte.
»Und?«, fragte Bill.
Sheila gab keine Antwort. Sie setzte sich auf die Bettkante und drehte Bill den Rücken zu. Mit leiser Stimme fing sie erst jetzt an zu sprechen.
»Ich habe keine Erklärung dafür, aber ich glaube daran, dass etwas passiert ist.«
»Was denn?«
Sie hob die Schultern.
Bill glitt in ihre direkte Nähe. »Aber du hast auch nichts Konkretes gesehen …«
»Das stimmt.«
»Was ist es dann gewesen?«
»Eine Furcht, Bill. Eine tiefe Angst um unseren Sohn. Ich habe keine konkreten Bilder gesehen, aber ich weiß, dass es ihm nicht gut geht. Du kannst mich auch nicht vom Gegenteil überzeugen, und ich weiß auch selbst, dass ich keine konkreten Beweise habe, aber dieser Traum hat mich irgendwie fertiggemacht.«
»Gut, Sheila, das akzeptiere ich. Hast du dir denn auch darüber Gedanken gemacht, wie es unter Umständen weitergehen soll?«
Sie nickte recht heftig. »Wir müssen eingreifen, Bill. Ja, genau das müssen wir.«
Bill zögerte, bevor er die Frage stellte. »Und was hast du dir so gedacht?«
»Dass wir zu ihm müssen!«
Völlig überrascht war Bill von dieser Antwort nicht. Er hatte sich schon gedacht, dass es darauf hinauslaufen würde, aber er hielt den Mund, weil er nichts Falsches sagen wollte.
»Hast du mich nicht verstanden?«
»Doch«, erwiderte der Reporter, »das habe ich.«
»Und was sagst du dazu?«
Er räusperte sich, bevor er sprach. »Ich kann dich verstehen, Sheila, aber ich denke nicht, dass es ein guter Vorschlag ist. Johnny hat sein eigenes Leben. Wie sieht es aus, wenn wir mitten in der Nacht zu ihm fahren und ihm erklären, dass du einen Traum gehabt hast, in dem er eine Rolle spielt?«
Sheila drehte sich zu ihm um. »Und zwar eine sehr schlechte.« Sie hob ihre Stimme an, und Bill sah auch die Sorge in ihren Augen. »Und zwar so schlecht, dass ich Angst um ihn bekommen habe.«
Bill hatte alles gehört, er wusste nur nicht, wie er sich verhalten sollte. Aus Erfahrung wusste er, dass es auf bestimmten Wegen gewisse Hinweise gab, die auf etwas schließen ließen, das entweder schon geschehen war oder noch passieren würde. Das alles war ihm klar, aber seinen Sohn in der ersten Nacht außerhalb des Elternhauses zu besuchen, das schien ihm doch übertrieben.
»Bitte, Sheila, deinen Traum in allen Ehren, aber jetzt zu Johnny zu fahren und ihn zu wecken …«
»Ist das denn so schlimm?«, fuhr sie ihn an. »Er ist schließlich unser Sohn.«
»Ja, das weiß ich. Aber ich weiß auch, dass er kein Kind mehr ist!«
Sheila schluckte. Sie focht einen inneren Kampf aus, das war ihr anzusehen, und dann flüsterte sie mit scharfer Stimme: »Wenn du es nicht tust, fahre ich eben allein.«
Bill schwieg. Er schluckte und musste zugeben, dass er Sheila diese Reaktion nicht zugetraut hätte, aber er kannte sie auch über lange Jahre hinweg. Sie war eine Frau mit viel Geduld. War dieser Faden einmal gerissen, dann gab es kein Halten mehr für sie. Da ging sie entschlossen ihren Weg, auch wenn dieser mehr als steinig war.
»Hast du es gehört?«
»Habe ich.«
»Und?«
Bill war noch immer nicht überzeugt. »Wie wäre es, wenn wir uns auf einen Kompromiss einigen?«
Sheila stutzte. »Und wie, bitte, soll der aussehen?«
»Dass wir ihn anrufen!«
Sheila sagte nichts, aber Bill sah, dass sie sich schon entspannte. Sie schien damit einverstanden zu sein, sank zurück auf das Bett und blieb sitzen.
»Ja, wir werden ihn anrufen.«
»Wunderbar. Willst du es machen?«
»Nein, Bill, übernimm du das.«
»Okay.«
Auch im Schlafzimmer der Conollys gab es eine Station mit einem Telefon.
Die Handynummer seines Sohnes war gespeichert.
Bill betätigte die entsprechende Taste und wartete darauf, dass sich sein Sohn meldete. Sheila saß in seiner Nähe, sie schaute ihn gespannt an, und auch sie sah, dass die Hand ihres Mannes zusammen mit dem Telefon leicht zitterte.
Der Ruf ging durch. Aber er ging auch weiterhin durch. Kein Johnny meldete sich.
Bill ließ seinen rechten Arm sinken. »Er hat sein Handy wohl abgestellt«, sagte er leise, ohne von seinen eigenen Worten richtig überzeugt zu
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