1710 - Im Bann der schönen Keltin
müsste reichen.«
»Wie sieht es mit der Helligkeit aus?«
»Das Licht brennt. Ich habe es allerdings gedimmt. Das wollte Birgitta auch so.« Purdy hob die Schultern an. »Sie hat gesagt, dass es immer der Fall ist.«
Purdy hatte mich überzeugt. Ich nickte ihr zu und deutete zur Tür. »Dann lass uns gehen.«
Wir bewegten uns auf leisen Sohlen durch den Flur. Hier war es dunkel, aber der schwache Schimmer erreichte ihn an einer bestimmten Stelle, denn dort hatte Purdy die Tür zum Schlafzimmer spaltbreit offen gelassen.
Ich ließ Purdy vorgehen, die die Tür behutsam aufstieß.
Eine Nachttischleuchte gab die gedämpfte Helligkeit ab. Es war ein breites Bett, über das sie floss, auch das Gesicht der Frau wurde von dem Schein gestreift.
Birgitta Quayle lag entspannt auf dem Rücken. Den rechten Arm hatte sie erhoben und zugleich etwas angewinkelt, ihr Gesicht bildete den Mittelpunkt einer roten Haarflut.
Die Augen waren geschlossen, aber nicht zusammengekniffen. Der Mund stand etwas auf. Durch den Lippenspalt hörten wir den Atem fließen.
Nichts an dieser Haltung wies darauf hin, dass sie einen Albtraum erlebte.
»Was meinst du, John?«
»Sieht alles normal aus.«
»Das ist auch meine Meinung. Obwohl sich das ändern kann. Davon bin ich sogar überzeugt.«
»Warten wir es ab.«
Das Schlafzimmer war recht geräumig, und ich suchte es nach einer Sitzgelegenheit ab. Es gab einen Stuhl, der vor einem Spiegel stand. Das Möbelstück bestand aus Kunststoff, der giftgrün eingefärbt war. »Setz dich, Purdy, denn ich denke, dass es noch was dauern wird, bis sie in eine Traumphase gerät.«
Purdy nahm auf dem Stuhl Platz. So konnte sie vom Bettende über das Bett schauen und dabei in das Gesicht der Schlafenden, das noch immer bewegungslos war.
Ich hatte erst vorgehabt, mich am unteren Rand auf das Bett zu setzen, verwarf den Gedanken dann wieder und blieb daneben stehen. So konnte ich die Schlafende noch besser im Auge behalten, deren ruhige Schlafphase sich nicht verändert hatte.
Wenn ich ehrlich sein sollte, hatte ich mir den späten Abend anders vorgestellt und nicht am Bett einer mir fremden Person stehend. Aber was tat man nicht alles für seine Freunde, und so hielt ich weiterhin Wache. Zudem interessierte es mich stark, was hinter dieser Träumerei steckte. Meiner Ansicht nach musste sie eng mit dem Schicksal der rothaarigen Frau verbunden sein.
»Ich hoffe, wir haben Glück, John.«
»Was meinst du damit?«
»Dass sie auch wirklich träumt. Ich habe sie nämlich nicht danach gefragt, ob sich der Traum Nacht für Nacht wiederholt.«
»Wenn nicht, dann haben wir Pech gehabt.«
Die Staatsanwältin hob nur die Schultern.
Und so warteten wir ab. Nach wie vor flossen die ruhigen Atemzüge aus dem halb offenen Mund der Schlafenden. Aber wir sahen die erste Veränderung.
Die Augendeckel bewegten sich. Es war ein Zucken, das uns sofort auffiel. Wir rechneten damit, dass Birgitta die Augen öffnen würde, doch das geschah nicht. Sie hielt die Augen weiterhin geschlossen, aber es passierte noch etwas, denn sie bewegte jetzt ihre Lippen, als wollte sie anfangen zu sprechen, doch es blieb bei dieser Lautlosigkeit. Zugleich verstärkte sich ihre Unruhe, denn es war mit ihrer Bewegungslosigkeit vorbei. Birgitta Quayle warf sich von einer Seite auf die andere. Aus ihrer Kehle drang dabei ein tiefes Röcheln, und so mancher Atemzug fuhr pfeifend aus ihrem Mund.
Purdy Prentiss blieb nicht mehr länger sitzen. Sie drückte sich von ihrem Stuhl hoch.
»Nein …!«
Beide waren wir überrascht, als wir das hastig hervorgestoßene Wort hörten. Wir hielten uns allerdings mit irgendwelchen Fragen zurück und warteten ab, was noch passieren würde.
In den nächsten Sekunden geschah nichts, sodass wir schon leicht enttäuscht waren. Und doch hatte es eine Veränderung bei der Schlafenden gegeben. Sie lag jetzt steifer im Bett, als hätte sie vor einem Ereignis Angst bekommen.
»John, die hat etwas gesehen!«
»Das denke ich auch.«
Jetzt warteten wir darauf, dass sie im Schlaf etwas sagte, was zunächst nicht geschah. Sie focht weiterhin einen innerlichen Kampf aus. Sie atmete heftig, und dabei blieb es nicht, denn jetzt drangen leise Schreie aus ihrer Kehle.
Wir ließen Birgitta nicht aus dem Blick. Uns war klar, dass sie jetzt davor stand, in die Traumphase einzudringen.
Schweiß glänzte auf ihrer Stirn. In den Mundwinkeln schimmerte heller Speichel, der sich dort zu kleinen Bläschen zusammengefunden
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